Blended Learning und (a)synchrone Lehre
User-Story
Prof: "Vom mage-on-the-stage zum guide-on-the-side: Distance-Learning ermöglicht viele neue Möglichkeiten und Potentiale für die Lernzielerreichung. Die Gestaltung der Lehr-/Lernumgebung benötigt jedoch viel Feingefühl und Vorbereitung. Wie lässt sich hier sinnvoll zwischen Forderung und Überforderung der Studierenden abwägen?"
Studi: "In der Regel hänge ich hier den ganzen Tag in Teams ab und schaue in die Röhre. Teilweise 7-8 Blöcke am Tag. Ich weiß am Ende des Tages nicht mehr, was wo gesagt wurde. Ich bin doch keine Maschine!"
- Präsenzlehre lässt sich in Kontaktzeiten während Vorlesungen und Seminaren auf der einen Seite und Selbststudium auf der anderen Seite einteilen. In der Onlinelehre bezeichnen wir Kontaktzeiten als synchrone Lehre: Lehrende und Studierende sind zur gleichen Zeit im digitalen Raum. Die außerhalb der Kontaktzeiten stattfindenden Lernaktivitäten werden als asynchrone Lehre bezeichnet.
- Wer Erfahrungen mit synchroner Lehre sammelt stellt schnell fest, dass die Interaktion häufig weniger direkt als in der Präsenzlehre ist. Dies wird insbesondere im klassischen Vorlesungssetting in großen Gruppen spürbar. Projektarbeiten, in denen die Lehrenden kleinere Gruppen coachen, lassen sich hingegen sehr gut digital abbilden.
In Vorlesungen steigt damit die Bedeutung der asynchronen Lehre. Überlegen Sie sich, wie Sie Lernprozesse in Selbststudium verlagern und dort anreichern können. Nutzen Sie dadurch freiwerdende Ressourcen in der synchronen Lehre für die Vertiefung von Inhalten, für Coachings und zur Klärung offener Fragen.
- Digitale Tools ermöglichen zahlreiche Möglichkeiten um Lernprozesse anzureichern. Konferenztools ermöglichen das Teilen von Inhalten, sodass Lehrende direkt zu studentischen Arbeitsergebnissen Feedback geben können. Dokumente können gemeinsam in der Cloud gespeichert und geteilt werden. Breakout Rooms können für Gruppenarbeiten genutzt werden. Dadurch können Lehr-Lernprozesse transparent gestaltet werden und lernförderliches Feedback zeitnah gegeben werden.
- Asynchrone Lehre können Sie z.B. durch Lernvideos, Tests und vertonte Powerpoints anreichern.
- Im Hochschulforum Digitalisierung finden Sie weitere Anregungen zur Gestaltung digitaler Lehrsettings und Lehrszenarien.
- Synchrone Lehre eignet sich gut zum gegenseitigen Kennenlernen, für Diskussionen, Klärung von Fragen, Vertiefung von Inhalten und zum Vorstellen von (Zwischen-)Ergebnissen und Rückmeldungen. Weitere Anregungen finden Sie in diesem Dokument der Technischen Universität München
- Asynchrone Lehre ist natürlich gut für klassische Literaturarbeit und Bearbeitung von Übungs- und Transferaufgaben geeignet. Aber auch modernere Formate wie Lehrvideos und vertonte Powerpoint Folien. Hier kann die Aneignung von Grundlagenwissen stattfinden, die anschließend vertieft wird. Dies kann sowohl synchron in Diskussionen aber auch asynchron in Wikis, Diskussionsforen oder lebendigen FAQ’s stattfinden.
Interaktion im digitalen Raum
User-Story
Prof: "Ich halte meine Vorlesung und rede... mit meinem Computer. Meine Studierenden sind nur noch kleine Kreise mit Initialen. Gesehen habe ich sie dieses Semester nicht. Wenn ich etwas frage, entsteht eine unangenehme Stille. Sind sie überhaupt noch da? Ob die sich untereinander über andere Plattformen austauschen...? Bin ich überhaupt verständlich? Schließlich sehe ich keine großen Augen oder eine sich runzelnde Stirn. Über kleine aktivierende Methoden, Gruppenarbeiten etc. hatte ich immer gute Einblicke, das fällt jetzt leider auch flach..."
- Thematisieren Sie zu Beginn Ihrer Lehrveranstaltungen den Umgang mit der Kamera. Besprechen Sie mit den Studierenden, welche Netiquette in dem Kurs gelebt werden soll. Oft ist es nicht notwendig, dass alle TeilnehmerInnen durchgehend Ihre Kameras angeschaltet haben. Besprechen Sie, an welchen Stellen eine aktive Kamera notwendig ist (z.B. während Wortbeiträgen, Gruppendiskussionen, Präsentationen, Coachingtreffen etc.)
- Versuchen Sie Verständnis für die Studierenden mit deaktivierten Kameras zu entwickeln. Ein guter Start könnte dieser Artikel von Jörn Loviscach zu den Beweggründen deaktiverter Kameras sein
- Im Onlinesetting ist die natürliche Interaktion zwischen Lehrenden und Studierenden eingeschränkt. Non-verbales oder verbales Feedback aus der Präsenzlehre kommt dabei meist zu kurz. Die Bedeutung von formativen und summativen Feedbacks nimmt damit zu. Seien Sie sich darüber bewusst, dass es den Studierenden leichter fällt sich ehrlich zu äußern, wenn sie die Möglichkeit haben, anonym zu antworten.
- Vorwissen: Schaffen Sie niedrigschwellige Möglichkeiten für die Studierenden, um Ihr Vorwissen einzubringen. Sie könnten z.B. fragen, was sie sich unter dem heutigen Thema vorstellen, was sie schon dazu wissen oder welche Relevanz das Thema hat.
- Formatives Feedback: Lassen Sie sich Informationen zum Zwischenstand studentischer Lernprozesse geben. Auf individueller Ebene können unbenotete Lernzielfragen helfen. Dafür können Sie z.B. die Funktionen von MS Onenote in Teams nutzen, die im Kanal Allgemein automatisch angelegt werden. Für Gruppen- und Projektarbeiten bieten sich Coachingtermine an, bei denen Studierende ihre Zwischenergebnisse vorstellen. Adressieren Sie dabei auch Aspekte auf der Beziehungsebene: Wie kommen die Studiernden mit den Anforderungen zurecht? Wo haben Sie Schwierigkeiten und benötigen Sie Hilfestellung?
- Summatives Feedback: Sie möchten eine rückblickende Rückmeldung zu einer abgeschlossenen Lehrveranstaltung. Je nach didaktischer Zielsetzung können dafür folgende Fragen geeignete sein: Was war aus Ihrer Sicht besonders wichtig? Was war der schwammigste Punkt? Was würden Sie das nächste mal anders machen? Welche Empfehlungen haben Sie für den/die Lehrende/n?
- Darf es ein bisschen mehr sein?: Gerne führen wir für Sie formative oder summative Evaluationen durch. Nehmen Sie dafür Kontakt mit Johannes Fuchs (johannes.fuchs@hfwu.de) auf.
- Wie vielfältig kann digitale Interaktion sein? Dr. Tobias Seidl (Twitter: @drseidlt) ist Professor für Schlüssel- und Selbstkompetenzen Studierender an der Hochschule der Medien in Stuttgart. In Kooperation mit dem Hochschulforum Digitalisierung hat er eine Methodensammlung für digitale Interaktion erstellt, die Methoden für Online-Meetings, -Veranstaltungen und -Workshops beinhaltet. Die entwickelten Vertrauenskarten und Take-A-Break-Karten sind vor allem für Webinare geeignet.
- Peer Instruction ist eine Methode zur Bearbeitung von Verständnisschwierigkeiten bei Studierenden, welche sich auch für größere Auditorien eignet. Sie wurde von Eric Mazur aus Harvard entwickelt und erstmals in Physikvorlesungen eingesetzt.
Das Vorgehen ist auch für die Onlinelehre geeignet, allerdings mit einer Modifikation: Da Diskussionen mit dem Nachbarn technisch aufwendig zu gestalten sind, muss dieser Schritt ersetzt werden. Eine schnelle Lösung wäre, den Schritt zu überspringen und stattdessen nach der ersten Abstimmung aus dem Plenum Argumente für die einzelnen Antwortoptionen zu sammeln. Aternativ können Sie auch Breakout Rooms nutzen, um Studierende mit unterschiedlichen Antworten diskutieren zu lassen. Eine weitere Variante wäre, die Gruppen entsprechend des Antwortverhaltens einzuteilen und Kurzpräsentationen für die jeweilige Antwort vorzubereiten. Anschließend werden die Ergebnisse vorgestellt und neu abgestimmt.
Welche Rollen spielen Gruppenarbeiten jetzt und wie lassen sie sich umsetzen?- Die meisten Konferenztools bieten die Möglichkeit Gruppenarbeiten durchzuführen. In Zoom nutzen Sie dafür Breakoutrooms, in MS Teams finden Sie eine genaue Beschreibung in der entsprechenden Handreichung.
- Gruppenarbeiten spielen weiterhin eine wichtige Rolle in der Vertiefung und Anwendung fachlicher Inhalte. Ihre Bedeutung steigt vielleicht sogar, da sie zusätzlich für einen Medienwechsel sorgen und wichtige soziale Funktionen übernehmen, die ansonsten im digitalen Setting oft zu kurz kommen.
- Machen Sie die Rahmenbedingungen deutlich:
- Wie teilen Sie die Gruppe ein? Weiß jede/r, in welcher Gruppe er/sie ist und wie die Gruppenarbeit technisch initiiert wird?
- Was ist der genaue Arbeitsauftrag und wie viel Zeit ist dafür vorgesehen? Es kann hilfreich sein, den Auftrag sowohl auf Ihrer Präsentation zu zeigen, mündlich zu besprechen und nochmal im digitalen Gruppenarbeitsraum zu posten.
- Wie wird das Ergebnis vorgestellt? Dies beinhaltet eine technische Komponente (wer teilt den Bildschirm, welche Software wird verwendet?) und eine soziale (gibt es eine/n GruppensprecherIn? Muss jede Gruppe präsentieren?)