Nachhaltiger reisen: Mit dem Zug durch Italien

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Prof. Dr. Susanne Gervers traf in Rom Kolleg:innen an der Universität La Sapienza

Im Rahmen des Erasmus+-Programms und mit Unterstützung vom International Office besteht für Mitarbeitende wie Professor:innen die Möglichkeit, Berufserfahrung im Ausland zu sammeln oder bestehende Kontakte zu pflegen (Auf den Punkt berichtete mehrfach). Bei den Reisen sollte nach Möglichkeit der Zug genutzt werden. Darauf ließ sich Prof. Dr. Susanne Gervers ein, die im Studiengang Gesundheits- und Tourismusmanagement lehrt und forscht. Ein persönlicher Bericht von ihrer Bahnreise an die Sapienza Università in Rom.

Ich muss zugeben, dass ich zunächst skeptisch war, über das Erasmus+-Programm mit dem Zug nach Rom zu fahren. Als Studentin war ich oft im Zug unterwegs und erlebte nicht nur Positives, wenn ich irgendwo hängenblieb. Vor allem nachts, alleine, mehrfach auch im wunderschönen Italien. Nachts umsteigen mache ich deswegen nicht mehr, alleine reisen auch besser nicht… Dann aber kam mir die Idee, aus der Not eine Tugend zu machen und einzelne Etappen zu buchen, und dabei dank der großzügigen Unterstützung durch Erasmus+ nicht nur Rom und die Kolleg:innen an der Sapienza, sondern auch Venedig, Neapel und Mailand zu sehen.
Gesagt, getan: Früh gebucht bedeutet weniger zu zahlen – entsprechend erhöhte sich mein Budget, was dann aber vor Ort angesichts der unglaublichen Verteuerung touristischer Leistungen schnell dahinschmolz. ÖPNV und Bahn sind nach wie vor sensationell billig in Italien, und vieles funktioniert sehr viel besser als bei uns. Naja: auf dem Rückweg war ich vom Generalstreik bei Trenitalia und der U-Bahn in Rom betroffen, was ein paar Nerven kostete. Unter dem Strich lief aber alles sehr gut, auch weil ich bereit war, jeweils Stunden vorher am Bahnhof zu sein und immer persönlich nachzufragen. Das wusste ich aus guter Erfahrung und so ist es immer noch.
Überhaupt das Persönliche: das ist aus meiner Sicht das Besondere am Bahnfahren. Ich würde niemals arbeiten während der Fahrt, weil ich mich so sehr für Menschen interessiere. Für so eine Bahnfahrt versammelt sich ein buntes Völkchen und man kann Menschen kennenlernen, die man sonst nirgendwo trifft. Ein interessanter Nebeneffekt der Bahnfahrten war das Gefühl tiefer in das bereiste Land einzutauchen, weniger individualistisch unterwegs zu sein, sich vermehrt anzupassen, das gleiche zu tun wie die Einheimischen.
Und natürlich das gute Gefühl ökologischer und auch sozialer unterwegs zu sein. Ich würde sogar sagen, dass sich meine eigene Einstellung dadurch nochmal verändert hat, dass der internationale Tourismus mehr Regelungen, mehr politische Gestaltung benötigt. Denn in Rom waren derart viele, mit dem Flugzeug angereiste und motorisierte Gruppen unterwegs, dass Besichtigungen fast nicht möglich waren, und das Ende Oktober. Trotz stets frischem Wind in Rom war die Luft voller Abgase, überall lief der Dieselmotor weiter und selbst in den Kirchen ging es völlig pietätlos zu.
Nie wurde mir die Dringlichkeit für einen nachhaltigeren Tourismus deutlicher. Für diese Erfahrung bin ich, neben allem Schönen, dem intensiven fachlichen Austausch und dem herzlichen Kontakt mit den Kolleg:innen an der Sapienza, wirklich sehr dankbar.