Vermehrung historischer Alblinsensorten und Genotypenscreening agronomischer sowie verbraucherrelevanter Eigenschaften – Wiedereinführung unter den heutigen Anbaubedingungen sinnvoll und möglich?

Projektleitung:  Prof. Dr. Carola Pekrun
Projektbearbeitung:  Dipl.-Ing. (FH) Bernd Habeck
Dipl.-Ing. (FH) Stefan Pflaum
Dipl.-Ing. (FH) Sabine Hubert
Kooperation mit: Prof. Dr. Roman Lenz
(HfWU)

Woldemar Mammel
(Öko-Erzeugergemeinschaft „Alb-Leisa“)

Prof. Dr. Jan Sneyd
(Freier Mitarbeiter des Freilichtmuseums Beuren)

Wendelin Heilig
(Landratsamt Münsingen)

Projektlaufzeit: 2008 - 2011
Förderung: Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Baden-Württemberg



Der Linsenanbau hat auf der Schwäbischen Alb eine lange Tradition, kam Mitte des 20. Jahrhunderts wie in ganz Deutschland jedoch fast zum Erliegen. In den 1980er Jahren hat die Ökoerzeugergemeinschaft „Alb-Leisa“ die Linse als traditionell angebaute Kulturpflanze wiederentdeckt und den Linsenanbau auf der Schwäbischen Alb wieder aufgenommen.

Durch die lange Unterbrechung des Linsenanbaus sind Anbautechnik und Kulturführung jedoch nicht weiterentwickelt worden und die Auswahl von Sorten ist schwierig, da die traditionellen Sorten in der landwirtschaftlichen Praxis nicht erhalten wurden. Die Landwirte hatten nach alten traditionellen Sorten gesucht und waren in der Genbank des Vavilov-Instituts in St. Petersburg fündig. Dort waren Linsensorten des Schwäbischen Züchters Fritz Späth eingelagert und erhalten worden.

Ziel des Projekts waren die wissenschaftliche Begleitung der Wiedereinführung dieser historischen Linsensorten von der Schwäbischen Alb und die Optimierung des Anbauverfahrens durch Feldversuche zu pflanzenbaulichen Maßnahmen im Linsenanbau.

Durch die Steigerung der Anbaubedeutung der Linse könnte die Biodiversität der Fruchtfolgen gefördert, die N-Versorgung (z.B. in viehlosen Betrieben) durch einen höheren Leguminosen-Anteil in der Fruchtfolge verbessert, die Produktpalette um eine Marktfrucht mit hoher Verbraucherakzeptanz erweitert und somit die ökonomischen und ökologischen Grundlagen ökologisch wirtschaftender Betriebe verbessert werden. Zudem könnte der verstärkte Anbau von Linsen die Artenvielfalt von Ackerwildkräutern fördern, da Linsen als spät schließende Sommerfrucht den Boden erst spät bedecken und Wildkräutern damit eine Entwicklungschance bieten.

Inzwischen werden die historischen Sorten von der Erzeugergemeinschaft „Alb-Leisa“ regulär angebaut und über Hofläden und die regionale Gastronomie vermarktet.

Arbeitspakete:

1.   Vermehrung historischer Alblinsensorten.

Zu Beginn des Projekts standen je Sorte nur ein paar Hundert Samen zur Verfügung. Diese wurden zunächst als Einzelpflanzen in Gefäßen mit Tropfbewässerung im Gewächshaus und im Feld geschützt durch einen Folientunnel bzw. Hagelschutznetze vermehrt. Hier wurden Vermehrungsfaktoren von bis zu 300 Linsen pro Pflanze erzielt. Nach zwei Vermehrungsjahren stand 2010 bereits genügend Saatgut zur Verfügung, so dass die weitere Vermehrung im Feld unter Praxisbedingungen durch Landwirte der Öko-Erzeugergemeinschaft erfolgen konnte.

2.   Genotypenscreening und Sortenversuche.

Nach einem ersten Genotypenscreening im Jahr 2008, in dem sowohl morphologische als auch agronomische Eigenschaften untersucht wurden, wurden die historischen Sorten in Parzellenversuchen auf dem Lehr- und Versuchsbetrieb Hofgut Tachenhausen und auf der Schwäbischen Alb geprüft. Die historischen Sorten zeigten sich als anbauwürdig und scheinen an den Standort Schwäbische Alb gut angepasst.

3.   Untersuchungen zur Ertragsbildung im Linsen-Braugerste-Gemengeanbau.

Linsen werden meist mit einer Stützfrucht angebaut. Da Braugerste im ökologischen Landbau i.d.R. eine hohe Marktleistung hat, wurde der Einsatz von Braugerste als Stützfrucht untersucht. In Exaktversuchen auf dem Lehr- und Versuchsbetrieb Tachenhausen wurde der Einfluss verschiedener Mischungsverhältnisse von Linsen und Braugerste auf die Ertragsbildung geprüft. Die Ergebnisse zeigten, dass Braugerste für den Gemengeanbau mit Linsen grundsätzlich geeignet ist. Mit zunehmenden Anteilen der Braugerste im Gemenge konnte eine Minderung des Lagerns der Linsen erzielt werden, was in der Folge zur Ernteerleichterung und tendenziell zu einer steigenden Kornqualität der Linse führte. Revers hierzu kam es bei zunehmenden Anteilen der Linse im Gemenge zu einer Abnahme der TKM und bei der Braugerste zu einem unerwünschten Anstieg des Proteingehalts. Diese Aspekte sind beim Anbau mit Braugeste zu berücksichtigen.

4.   Linsenverkostung und Verbraucherbefragung zur Untersuchung verbraucherrelevanter Eigenschaften und der Verbraucherakzeptanz.

Zur Vorbereitung der Markteinführung wurden die historischen Alblinsensorten im Rahmen einer Konsumentenbefragung einschließlich Linsenverkostung hinsichtlich verbraucherrelevanter Eigenschaften bewertet und Verbraucherwünsche und -präferenzen ermittelt.

 

Publikationen:

Pekrun, C., Mammel, W., Lenz, R. & Pflaum, S., 2013: Biodiversität fördern: alte Sorten und vernachlässigte Kulturen – interessante Ansätze für die Praxis? Ratgeber Sorten BWagrar Januar 2013, 14-15.

Pflaum, S., Fierlbeck, L., Krauth, E.,Mammel, W., Zimmermann, C., Sneyd, J., Lenz, R. & Pekrun, C., 2011: Evaluierung von Linsensorten aus Genbankmaterial – pflanzenbauliche und verbraucherrelevante Eigenschaften. Mitteilungen der Gesellschaft für Pflanzenbauwissenschaften 23, 256.

Pflaum, S., Mammel, W., Zimmermann, C., Lenz, R., Sneyd, J. & Pekrun, C., 2011: Gemengeanbau von Linsen mit Braugerste – Einfluss auf Ertrag und Qualität beider Gemengepartner. Mitteilungen der Gesellschaft für Pflanzenbauwissenschaften 23, 267.

Pflaum, S., Mammel, W., Lenz, R., Sneyd, J. & Pekrun, 2011: Ein Team mit Potenzial - Braugerste eignet sich als Stützfrucht im Linsenanbau. BWagrar 9/2011, 30-31.

Pflaum, S., Mammel, W., Krauth, E., Zimmermann, C., Lenz, R. & Pekrun, C., 2010: Konkurrenzfähig – Linsensorten von der Schwäbischen Alb. BWagrar 20/2010, 17-19.

Pflaum, S., Krauth, E., Mammel, W., Zimmermann, C., Lenz, R. & Pekrun, C., 2010: Wiederbelebung historischer Linsensorten von der Schwäbischen Alb – agronomische Eigenschaften unter heutigen Ackerbaubedingungen. Berichte Gesellschaft für Pflanzenbauwissenschaften 5, 51-54.

Gruber, S., Wang, L., Claupein, W., Pflaum, S. & Pekrun, C., 2010: Linsen – Kulturpflanze mit Perspektive. Bioland 12, 10-11.

Zimmermann, C., Pflaum, S., Habeck, B., Hubert, S., Pekrun, C. & Lenz, R., 2009: Die „Wiederbelebung“ der historischen Alblinsen – ein Beitrag zur Agrobiodiversität. Poster beim 2. Albsymposion am 06./07.11.2009 in Bad Urach.

Krauth, E., 2008: Genotypenscreening der historischen Alblinsen und ihre agronomische Eignung unter heutigen Anbaubedingungen. Bachelor-Arbeit an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen.