Von Mensch zu Mensch

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Patrick Depuhl und Judy Bailey beim Abend „Das Leben ist nicht schwarz-weiß“ an der HfWU.

- Künstlerpaar Judy Bailey und Patrick Depuhl gestalteten einen musikalischen Abend zu ihren „Alltagserfahrungen zwischen Rassismus, Heimat und Hoffnung“ an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) in Nürtingen -

NÜRTINGEN (hfwu). Mit einer Mischung aus Konzert, Erzählung und Diskussion stellte das Künstler-Ehepaar Judy Bailey und Patrick Depuhl ihre „Alltagserfahrungen zwischen Rassismus, Heimat und Hoffnung“ im Rahmen eines Studium-generale-Abends an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) in Nürtingen vor.

„Wenn wir schwarz und weiß wären, wären unsere Kinder grau. Aber sie sind bunt und voller Farbe“, so führte Judy Bailey in den Abend ein. Es folgte das passende Lied und das Motto des Abends „Life is not black and white“. Das Künstlerpaar Judy Bailey und Patrick Depuhl hat sich Gedanken gemacht über die Geschichte hinter der Geschichte, ihrer Geschichte. Über die Sklaverei in Baileys Herkunftsfamilie, die wenige überlebt haben. Über den Rassismus, der lebendig geblieben ist in Depuhls Familien- und der deutschen Geschichte. Das freischaffende Künstlerpaar – sie studierte Psychologin, er studierter Kommunikationswissenschaftler – lebt und arbeitet seit über 25 Jahren zusammen. Die Moderation des Abends übernahm Professor Johannes Junker, Studiendekan des Studiengangs Theatertherapie an der HfWU, Studierende der Awarenessgruppe der Hochschule hatten die Veranstaltung mitorganisiert.

In Abwechslung zu den Liedern seiner Frau gab Depuhl Geschichten aus der gemeinsamen Autobiografie wider. Und wie im Buch stehen an diesem Abend nicht nur die dunklen Seiten im Vordergrund, sondern vor allem auch Hoffnung, Vielfalt, die offene Begegnung und das Feiern der Lebensfreude. Bailey, berichtet Depuhl, wurde in London geboren, studierte dort später, wuchs aber in Barbados auf. Ihre Familiengeschichte geht zurück bis in 19. Jahrhundert. Seit damals kamen über 400.000 Sklaven aus Afrika auf die karibische Insel. „Damals waren wir Sklaven, heute sind wir frei“, beschreibt Bailey das Gefühl auf Barbados zu leben – was für sie nach wie vor Heimat bedeutet.

Depuhl, gebürtiger Niederrheiner, erzählt von seinen Erfahrungen mit Alltagsrassismus in Deutschland. Judy bezahlt an der Supermarktkasse und er bekommt das Wechselgeld. Judy fragt jemanden und er bekommt die Antwort. Rassismus vergleicht Depuhl mit einer Mücke, die Stich für Stich zusticht. Ein Gedankenexperiment, zu dem er die Besucher auffordert, hinterlässt Eindruck: Man solle sich vorstellen, dass schwarz die Norm sei und man selbst weiß. Nun käme jemand und sage, dass ein Weißer mal bei ihm geklaut hätte und er seitdem mit Weißen vorsichtig sei.

Nach den Musikstücken und den autobiographischen Erzählungen gab es Raum für viele Fragen von den Gästen und einen anregenden Austausch. Die Veranstaltung klang, ganz im Sinn und in der Atmosphäre des Abends, verbunden von Mensch zu Mensch, mit einem gemeinsamen Singen aus.