Politik als Neuanfang - Vortrag von Winfried Kretschmann

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Winfried Kretschmann sprach an der Hochschule für Kunsttherapie über das Verhältnis von Kunst, Religion und Politik. (Foto: hfwu/renner)

- Ministerpräsident Winfried Kretschmann sprach über „Staat und Religion“ an der Hochschule für Kunsttherapie Nürtingen; gemeinsame Vortragsreihe von HfWU, HKT und Hochschulgemeinde -

NÜRTINGEN. (hfwu) Der Staat muss sich religiöser Urteile enthalten. Zugleich ist es seine Pflicht, Religionsgemeinschaften zu fördern. In dieser verfassungsrechtlichen Konstruktion könne man durchaus ein Kunstwerk sehen, sagt Winfried Kretschmann. Der baden-württembergische Ministerpräsident sprach jetzt an der Hochschule für Kunsttherapie in Nürtingen (HKT) im Rahmen der Reihe „Kunst – Religion – Politik“.

„Das oberste Ziel der Politik ist die Freiheit“, so der Landeschef mit Verweis auf die Philosophin Hannah Arendt. Um Sinn und Aufgabe von Politik grundsätzlich ging es am Mittwochabend in der Aula der HKT in Nürtingen. Unter dem Titel „Staat und Religion – ein Kunstwerk“ erläuterte Kretschmann das Verhältnis zwischen Staat und Religionsgemeinschaften. Der Staat selbst müsse sich weltanschaulich und in religiösen Fragen enthalten, gleichzeitig aber die Freiheit einer pluralen Gesellschaft gewähren. „Ein Land braucht Menschen, die diese Freiheit ausfüllen, die von etwas überzeugt sind, an etwas glauben“, so Kretschmann. Diese wichtige Form der Sinnstiftung gelinge vor allem auch in Religionsgemeinschaften. Daher sei der selbst weltanschaulich neutrale Staat dazu verpflichtet, die Präsenz von Religionsgemeinschaften im öffentlichen Raum zu fördern.

„Ich sehe in dieser vom Grundgesetz vorgesehenen ‚kooperativen Trennung‘ eine große Chance“, so Kretschmann. Es handele sich hier um eine „kluge Konstruktion, die man durchaus als Kunstwerk bezeichnen kann“. Die Gratwanderung, dass sich der Staat einerseits religiöser Urteile enthalten muss, andererseits aber etwa Religionslehrer an die Verfassung gebunden sind, sei eine „sehr kunstvolle Konstruktion“, so Kretschmann anerkennend. An die Adresse von Kirchen und Religionsgemeinschaften ging sein Appell, diese müssten in einer säkularen Gesellschaft lernen, noch offener und anschlussfähiger zu werden. Grundsätzlich sei das Selbstverständnis sowohl der Kunst und wie auch des Religiösen eng mit dem „Wunder des Neuanfangs“ verknüpft. Dies gelte auch für die Politik und stelle somit das Gemeinsame der drei Bereiche dar. Gerade wenn Freiheit als der Sinn der Politik verstanden würde, hätten die Menschen ein Recht darauf, von ihr Neuanfänge und Alternativen zu erwarten.

Kretschmann war auf Einladung der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU), der Hochschule für Kunsttherapie (HKT) und der Hochschulgemeinde nach Nürtingen gekommen. Der nächste Referent in der gemeinsamen Vortragsreihe der drei Institutionen ist am 19. Mai der Theologe Eugen Drewermann.

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