Konsum frisst Klimaneutralität

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Postervorträge und Diskussionsrunde an der HTWG in Konstanz.

- Studierende der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) entwickeln Nachhaltigkeitsszenaren für Konstanz -

NÜRTINGEN (hfwu). Studierende des Bachelor-Studiengangs Landschaftsplanung und Naturschutz an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) entwickeln Nachhaltigkeitsszenarien für den Landkreis Konstanz. Ein Ergebnis: Bleibt der allgemeine Konsum auf dem heutigen Niveau, ist eine Klimaneutralität nicht zu schaffen.

Im Modul Nachhaltige Raumentwicklung entwickelten die Bachelorstudent*nnen des Studiengangs Landschaftsplanung und Naturschutz unter Betreuung von Professor Dr.-Ing. Alexander Peringer im Wintersemester 2019/20 für den Landkreis Konstanz Nachhaltigkeitsszenarien. Ende Januar stellten sie diese an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung in Konstanz den Akteuren der Klimakonferenz Konstanz und des Konstanzer Ernährungsrates vor.

Die Studierenden untersuchten die aktuell drängenden Fragen der Versorgung mit regenerativen Energien, mit ökologisch erzeugten Nahrungsmitteln sowie der Produktion von ausgewählten Gütern des täglichen Bedarfs. Dabei war die Maßgabe, den Bedarf der Bevölkerung ausschließlich aus Ressourcen des Landkreises zu befriedigen. Zudem wurde die Klimaneutralität angestrebt. Und mit der Gemeinwohlökonomie sollte eine der Triebfedern für die jahrhundertealte Formulierung des Konzeptes zur nachhaltigen Ressourcenbewirtschaftung, nach der die Wirtschaft dem Menschen dient und nicht umgekehrt, aufgegriffen werden.

Aufgrund des aktuellen Lebensstils, der im Energieverbrauch und dem täglichen Konsum deutlich wird (hier insbesondere Fleisch als Nahrungsmittel), zeigten sich zunächst Überschreitungen der Produktionskapazität des Landkreises um ein Vielfaches.

Die Studierenden hatten nun die Aufgabe, produktions- und nachfrageseitig gesellschaftliche und technologische Transformationsprozesse zu berücksichtigen. Dabei nahmen sie die demographische Entwicklung, eine gesunde Ernährungsweise, den Ausbau regenerativer Energien und die Dämmung von Wohngebäuden sowie die Auswirkungen des Klimawandels auf die Nahrungsmittel- und Holzproduktion in den Blick. Durch Bilanzrechnungen zeigten sie Entwicklungspfade auf, die bis 2050 eine regionale und auskömmliche regenerative Energie- und biologisch-ökologische Nahrungsmittelversorgung möglich machen könnten. Als wesentliche Faktoren sehen die Studierenden hier eine Umstellung der Ernährungsweise, innovative Produktionsformen der Landwirtschaft, den Ausbau regenerativer Energien, die Dämmung vorhandener Wohngebäude und Neubauten aus Holz.

Ein integrativer Naturschutz würde vor allem durch die Umstellung konventioneller Landwirtschaft auf Ökolandbau vorangebracht. In die Betrachtungen zur Klimaneutralität gingen neben der Umstellung auf Elektromobilität und eines regenerativen Energiemix‘ auch Lebenszyklusanalysen für Wohnbau und Solarpanels ein – und es zeigten sich unlösbare Konflikte. Um nach Abschluss dieser hypothetischen und gewagten Transformationen für die auch 2050 noch emittierten Treibhausgase natürliche Aufnahmereservoirs bereitzustellen, müssten mehr als 90 Prozent der Landkreisfläche aufgeforstet werden. In der Folge wäre eine regionale Nahrungsmittel- und Energieversorgung unmöglich. Für die anhaltend zu hohen Treibhausgasemissionen trotz regenerativer Energieerzeugung und Elektromobilität identifizierten die Studierenden vor allem einen Grund: den allgemein zu hohen Konsum.

In der Zusammenschau ergab sich die Energieversorgung als am leichtesten mit vorhandenen Technologien aus Klimasicht neutralisierbar. In der Nahrungsmittelproduktion reduzierte die Umstellung auf Ökolandbau die Emissionen deutlich. Der allgemeine Konsum jedoch mit zum Beispiel häufigen Urlauben, dem Kauf von neuen statt gebrauchten und oft kurzlebigen Waren, überwiegt deutlich. Für eine neutrale Entwicklung fehle auf diesem Gebiet leider bislang ein gleichwertiger politischer und gesellschaftlicher Antrieb, wie er für die Energiewende besteht, so der Befund der Nachwuchswissenschaftler.

„Die Absolventinnen und Absolventen des Studiengangs Landschaftsplanung und Naturschutz brachten in beeindruckender Weise die Kernkompetenzen ihrer Ausbildung in eine konkrete Diskussion ein“, lobt HfWU-Professor Dr.-Ing. Alexander Peringer die Studierenden. Sie ergänzten die etablierten sozio-ökonomischen Nachhaltigkeitsstudien um konkrete Fragen nach Biodiversität, Ökosystemleistungen und Klima. Innovativ bei der Vorgehensweise sei im Besonderen der konkrete Raumbezug und die quantitative Analyse der Kapazitätsgrenzen regionalen Wirtschaftens. Die wertvollen Denkanstöße für eine regional-nachhaltige Entwicklung basierend auf integrativen Analysen und unter Klimawandel- und Gemeinwohlperspektiven wurden dankbar in Konstanz aufgenommen.

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