Arbeitgeberattraktivität der Automobilbranche auf Vorkrisen-Niveau

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Das Institut für Automobilwirtschaft (IfA) ermittelt die attraktivsten Arbeitgeber der Automobil- und Mobilitätsbranche. Rund 1.000 Studierende branchenbezogener Studiengänge und Professionals bewerten die Arbeitgeberattraktivität von ca. 100 Unternehmen der Branche.

- Sportwagenbauer Porsche erzielt die Bestnote und ist attraktivster Arbeitgeber der Branche. Zweitplatzierter des Branchenrankings ist Bosch.

- Einschätzungen zu den Jobchancen am Arbeitsmarkt erholen sich, Autobranche gewinnt wieder an Attraktivität.

- Gehaltsvorstellungen nahezu auf Vorkrisenniveau - Betrieb­sklima, Arbeitsplatzsicherheit und Führungskultur weiterhin wichtigste Entscheidungskriterien.

GEISLINGEN(hfwu). Nach Jahren der rückläufigen Arbeitgeberattraktivität der Branche scheint diese Entwicklung nun unterbrochen zu sein. Dies zeigen die aktuellen Ergebnisse der Umfrage unter rund 1.000 Studierenden und Young Professionals. Branchenintern leidet der Automobilhandel und die Branchendienstleister weiterhin unter einem nicht unbedeutenden Attraktivitätsgefälle gegenüber der Zulieferer- und Herstellerebene. Der Automobilhersteller Porsche gilt für die Befragten als attraktivster Arbeitgeber der Branche, den zweiten Platz im Gesamtranking belegt der Automobilzulieferer Bosch. Auch hinsichtlich der Gehaltsvorstellungen bewegen sich die Erwartungen der Berufseinsteiger zunehmend auf Vorkrisenniveau.

Im Vorfeld der Karrieremesse automotive TopCareer am 25. November in den Wagenhallen Stuttgart wurden Studierende und Young Professionals via Online-Befragung zur Bewertung der Arbeitgeberattraktivität von Unternehmen der Automobil- und Mobilitätsbranche aufgerufen. Die 1.029 Untersuchungsteilnehmenden setzen sich aus 49 Prozent männlichen und 51 Prozent weiblichen Probanden zusammen. Rund 96 Prozent der Befragungsteilnehmer sind an einer Hochschule eingeschrieben.

Attraktivität der Automobilindustrie

Porsche genießt bei den Befragungsteilnehmern die höchste Attraktivität unter den Automobilherstellern. Die Attraktivität des Stuttgarter Autobauers wird mit der Note 1,81 auf einer Notenskala von „1 = sehr attraktiv“ bis „6 = unattraktiv“ eingestuft. Der Automobilhersteller sichert sich damit nicht nur die Bestnote in der Kategorie „Automobilhersteller“, sondern erzielt die beste Bewertung unter allen betrachteten Unternehmen. Gegenüber dem Vorjahr verbessert sich der Zuffenhausener Sportwagenhersteller nochmals um 0,17 Notenpunkte. Zweitplatzierter der Gruppe – mit einem Wert von 2,00 – ist Mercedes-Benz. IfA-Chef Stefan Reindl ergänzt: „Wie die Bewertungen über alle Fabrikatskategorien hinweg zeigen, spiegelt sich das Premium-Image der Produkte offenbar auch in der Arbeitgeberattraktivität wider“.

Zuliefererseitig geht die „Pole-Position“ mit einer Note von 1,90 an den Vorjahresgesamtsieger Bosch. Auf den Plätzen folgen mit deutlichem Abstand ZF Friedrichshafen (2,56) und Continental (2,57).

Attraktivität der Automobilhandelsgruppen und Automotive Dienstleister

Der Automobilhandel leidet weiterhin unter einem deutlichen Attraktivitätsgefälle gegenüber der automobilen Zulieferer- und Herstellerindustrie. Unter den zehn absatzstärksten deutschen Handelsunternehmen erklimmt die Emil-Frey-Gruppe die Spitzenposition (2,80). Der Vorjahressieger in dieser Kategorie – die Hahn Gruppe – bleibt mit der Note 2,81 jedoch der Emil-Frey-Gruppe dicht auf den Fersen. „Die Automobilhandelsgruppen müssen das Thema Employer Branding proaktiv angehen. Gerade mittelständische Unternehmen können im Hinblick auf Gestaltungsmöglichkeiten und flachen Hierarchien punkten“, so der IfA-COO Benedikt Maier.

Auf vergleichbarem Niveau bewegen sich die Dienstleister des Automobilhandels. Die Spitzenposition bleibt mit dem TÜV Süd (3,09) in der Hand einer Prüforganisation. Der Vorjahressieger, die DEKRA Automobil GmbH, muss sich mit einer Note von 3,17 (2020: 3,24) mit dem zweiten Platz zufriedengeben. Damit wird die Arbeitgeberattraktivität des TÜV Süd um nur 0,08 Notenpunkte besser bewertet als die der DEKRA.

Finanzdienstleister und Beratungsunternehmen bilden das Mittelfeld

Zwischen dem hohen Attraktivitätsniveau der Automobilindustrie und den als deutlich unattraktiver bewerteten Unternehmen des Kfz-Gewerbes ordnen sich die Akteursgruppen der Finanzdienstleister und der Beratungsunternehmen ein.

Das Feld der Finanzdienstleister zeigt ein differenziertes Bild. Während die Captive-Unternehmen von den Abstrahleffekten ihrer Herstellermarken profitieren dürften, weisen die Non-Captive-Finanzdienstleister deutlich niedrigere Werte hinsichtlich der Arbeitgeberattraktivität auf. Auf den ersten drei Rängen positionieren sich Porsche Financial Services (2,46), die Mercedes-Benz Bank (2,57) und die BMW Bank (2,81). Als erster Non-Captive Finanzdienstleister platziert sich die Santander Consumer Bank (3,34) auf dem fünften Rang.

Die Arbeitgeberattraktivitätsbewertungen der Beratungsunternehmen liegen eng beieinander. Auf McKinsey & Company (2,33) folgen die Unternehmens- und Strategieberatung Boston Consulting Group (2,46) und die Porschetochter MHP (2,54).

Start-ups positionieren sich im Mittelfeld

In der aktuellen Ausgabe der TopCareer-Studie wird erstmals die Attraktivität von Start-ups als potenzielle Arbeitgeber in Erfahrung gebracht. Die Attraktivität dieses Branchenzweiges befindet sich auf einem ähnlichen Niveau wie die der der Dienstleister und der Automobilhandelsgruppen. Bei tiefererschürfender Analyse des vorliegenden Datenmaterials fällt jedoch eine deutliche Polarisierung der Attraktivitätseinschätzungen der Befragten auf. Projektleiter David Sosto begründet dies mit einer grundsätzlichen Haltung der Studienteilnehmer „Es scheint, als hätten wir es mit zwei Charakteren zu tun. Für die einen haben Start-ups einen besonderen Reiz und sind somit attraktive Arbeitgeber. Die andere Gruppe scheut hingegen wohl das vermeintliche Risiko des unternehmerischen Fortbestands solcher Unternehmen sowie die weniger stabilen Strukturen.“ Unter den Start-ups belegt die Online-Plattform carwow mit der Note 2,81 den ersten Platz. Weitere „Car-Broker“ folgen auf dem zweiten und dritten Rang ­- heycar mit der Note 3,0) und ViveLaCar mit 3,13.

Erwartungshaltung gegenüber Arbeitgeber und Tätigkeit

Neben der Attraktivität einzelner Unternehmen zeigen die Befragungsergebnisse auch die Anforderungen, die Studierende und Young Professionals an ihre künftigen Arbeitgeber und die ausgeübte Tätigkeit stellen.

Hinsichtlich der untersuchten Determinanten innerhalb der Arbeitgeberauswahl schreiben die Untersuchungsteilnehmer dem „Betriebsklima“ (81 Prozent) und einem „sicheren Arbeitsplatz“ (60 Prozent) mit der Ausprägung „sehr wichtig“ den höchsten Stellenwert zu. Mit geringem Abstand folgen die Kriterien „Führungskultur im Unternehmen“ (42 Prozent), „Modernes Arbeitsumfeld“ (34 Prozent) sowie „Ethische Prinzipien“ (34 Prozent). Das „Image der Produkte und Dienstleistungen“ (26 Prozent) sowie das „Image des Arbeitgebers“ (26 Prozent) haben einen etwas geringeren Einfluss auf die Unternehmensauswahl bei künftigen Arbeitnehmern.

Auch im Hinblick auf die Anforderungen an die berufliche Tätigkeit positionieren sich die sogenannten immateriellen (Soft-Factors) vor den materiellen Faktoren (Hard-Factors). Für die künftigen Berufseinsteiger und die Young Professionals stehen eine „kollegiale Arbeitsatmosphäre“ (65 Prozent) und die „beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten“ (58 Prozent) im Mittelpunkt. Ebenfalls eine hohe Bedeutung wird den „Aufstiegsmöglichkeiten“ (55 Prozent) sowie der „ausgewogenen Work-Life-Balance“ (52 Prozent) der eigenen Arbeit zugeschrieben. 

Informationsverhalten und Brancheninteresse

Wie schon im Vorjahr ist deutlich zu erkennen, dass das Internet die wichtigste Informationsquelle bei der Jobsuche für Studierende und Young Professionals darstellt. Die deutlich dominierende Online-Informationsquelle bei der Arbeitsplatzsuche stellt die Unternehmenswebseiten von potenziellen Arbeitgebern dar. Etwa 63 Prozent der Befragten geben an, dieses Medium einzubeziehen. Darauf folgen Kontakt- und Karrierenetzwerke sowie Job-Portale. Innerhalb der Offline-Informationsquellen ist die persönliche Empfehlung weiterhin von großer Bedeutung: So werden „Freunde und Bekannte“ als wichtigste Offline-Informationsquelle genannt (60 Prozent).

Gehaltsvorstellung

Ein hohes Ausbildungsniveau möchten die zukünftigen Akademiker auch bezahlt wissen. Vor Beginn der Corona-Pandemie zeigten sich Studierende in Bachelor-Programmen mit einem Einstiegsgehalt von 45.000 € noch zufrieden. Master-Studierende erachteten ein jährliches Bruttogehalt von 51.000 € als angemessen. Nach dem Ausbruch der Corona Pandemie zeigten beide Gruppen zunächst bescheidenere Vorstellungen hinsichtlich des Einstiegsgehalts (siehe TopCareer Studie 2020). Nunmehr bewegen sich die Gehaltsvorstellungen nahezu auf Vorkrisenniveau. Bachelor-Studierende bewerten ein Einstiegsgehalt von etwa 44.000 € aktuell als zufriedenstellend. Master-Absolventen begnügen sich mit rund 49.000 € jährlich. Auffällig ist, dass Studierende der Wirtschaftswissenschaften moderatere Gehaltsvorstellungen an den Tag legen als Studierende der Ingenieurswissenschaften.

Über das Institut für Automobilwirtschaft

Das Institut für Automobilwirtschaft (IfA) wurde im Jahr 1995 gegründet und ist eine wissenschaftliche Einrichtung der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU). Aufgabenschwerpunkte liegen in der branchenorientierten und praxisnahen Forschung und Lehre entlang der gesamten automobilwirtschaftlichen Wertschöpfungskette. Das IfA greift praxisrelevante Fragen auf und bearbeitet sie mit wissenschaftlichen Methoden. Damit übernimmt das Institut eine wichtige Transformations-funktion zwischen Theorie und Praxis. Mit rund 550 Studierenden in vier automobil- und mobilitätswirtschaftlichen Studienprogrammen sowie mit mehr als 30 Professorinnen, Professoren und Lehrbeauftragten aus der automobilwirtschaftlichen Praxis bildet das Institut das größte automobilwirtschaftliche Ausbildungszentrum an einer deutschen Hochschule.

Kontakt

Institut für Automobilwirtschaft (IfA)

Prof. Dr. Benedikt Maier

Parkstraße 4 | 73312 Geislingen

Mail: benedikt.maier@ifa-info.de

Tel.:  +49 7331 22442

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