Neustart in stürmischen Zeiten – Automobilgipfel in Nürtingen

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IfA-Chef Stefan Reindl im Gespräch mit der online zugeschalteten Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie, Hildegard Müller.

Prof. Dr. Christian Mohrdieck (rechts) stand Stefan Reindl Rede und Antwort in Sachen Brennstoffzelle.

Per Videoschalte erläuterte Pkw-Marken-Chef Thomas Schäfer die Krisenbewältigungsstrategien bei VW.

Zum wichtigsten Branchentreff im Jahr kamen wieder mehrere hundert Vertreterinnen und Vertreter aus der Automobilwirtschaft nach Nürtingen.

-IfA Branchenkongress; Automobilgipfel an Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) in Nürtingen -

NÜRTINGEN(hfwu). Mitten im Transformationsprozess zur E-Mobilität hat die Automobilbranche zusätzlich mit den aktuellen Krisen zu kämpfen. Wie der „Neustart der Zukunft“ gelingen kann, legten die führenden Köpfe der Branche beim diesjährigen Gipfeltreffens der Automobilbranche an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) in Nürtingen dar.  

Corona-Pandemie noch nicht überwunden. Ein neuer Krisenherd in der Ukraine. Gesamtwirtschaftlicher Abwärtstrend. Und das alles mitten im grundlegendsten Transformationsprozess seit Bestehen der Branche. Wie die Automobilwirtschaft mit diesen gewaltigen Herausforderungen umgeht und sich für die Zukunft aufstellt, dazu bezogen hochkarätige Referenten der Branche beim diesjährigen IfA-Branchengipfel in der Nürtinger Stadthalle Position.

Trotz der aktuellen Krisen – die Strukturschwächen sind schon länger offensichtlich, so die Bestandsaufnahme von Prof. Dr. Stefan Reindl, Direktor des Instituts für Automobilwirtschaft (IfA) an der HfWU, in seinem Grußwort an die Tagungsgäste. Die Zahlen sprechen für sich: Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland etwas mehr als drei Millionen Kfz produziert, im Rekordjahr 2011 waren es fast doppelt so viele.

Wie sich die aktuellen Krisen bereits auf die Investitionen auswirken, darauf verwies die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie, Hildegard Müller. 20 Prozent der mittelständischen Unternehmen der Branche hätten ihre Investitionen ins Ausland verlagert, die Hälfte stellten derzeit Investitionen gar ganz zurück. Von der Politik fordert sie eine „industriepolitische Flankierung“ für die Branche, um gut durch das stürmische Fahrwasser zu kommen. Konkret eine Strompreisabsenkung und mehr Anstrengungen für einen europaweiten Ausbau der E-Ladeinfrastruktur. Gleichsam forderte sie angesichts der aktuellen Situation neue Rohstoff- und Energiepartnerschaften, nicht zuletzt sei dies unabdingbar um auch den Klimaschutz weiter voranzubringen.

Um einen tatsächlich ganz neuen Baustein der automobilen Zukunft ging es bei Prof. Dr. Christian Mohrdieck, Chef der Cellentric GmbH. Er erläuterte wie Fahrzeuge mit Brennstoffzelle zur realistischen Alternative werden. Er sieht einen effizienten Einsatz der Technologie auf langen Strecken und bei einem hohen Energiebedarf, also vor allem bei LKW. In der Industrie tue sich hier eine Menge. Die wesentlichen Unternehmen seien dabei, eine Wasserstoff-Infrastruktur für LKW aufzubauen. Und auch von der Politik kämen positive Signale. Vom Europäischen Parlament sei unlängst eine umfassende Strategie für alternative Kraftstoffe verabschiedet worden. Die Pläne von Cellentric, in Weilheim an der Teck eine Gigafactory für die Herstellung von Brennstoffzellen zu errichten, nähmen Gestalt an. Für das kommende Jahr sei der Spatenstich für die neue Fabrik und das neue Firmenhauptquartier mit insgesamt 800 Mitarbeitenden geplant.

Einen nötigen Neustart sieht Thomas Schäfer nicht. Jedenfalls nicht für VW. „Wir sind nicht am Anfang, sondern bereits mittendrin“, so der Chef der Marke Volkswagen-Pkw im Konzern Volkswagen. In den vergangenen Jahren seien weltweit 250 Milliarden Euro in die Transformation der Branche gesteckt worden, von Neustart könne daher keine Rede sein. Für die kommenden Jahre setzt er auf eine abgespeckte Produktpalette mit weniger Modellen und mehr konsequent an den Kundenwünschen ausgerichteten Produktinhalten. Ziel sei für VW bei den E-Autos die weltweit erfolgreichste Volumenmarke zu werden.

Der Branchentreff in Nürtingen hatte am Vortrag des Kongresses mit dem Netzwerktreffen „IfA Business Club“ in der Nürtinger Heiligkreuzkirche begonnen. Beim Kongress standen nach den Hauptrednern am Vormittag am Nachmittag noch das Retail Forum, weitere Impulsstatements und Diskussionsrunden auf dem Programm.

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