Mit Muse zur Freiheit

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Portraitaufnahme beide Personen zusammen

Patric Tavanti (r.) mit dem Ethik-Beauftragten der Hochschule, Prof. Johannes Junker (Foto: HfWU/A. Harzer)

„Der Mensch in Zeit und Ewigkeit – Leben zwischen Begrenzung und Entgrenzung“ im Studium-generale

NÜRTINGEN(hfwu). Zeit erleben wir gleichzeitig so beschleunigt wie entgrenzt. Wie wirkliche Freiheit zu finden ist, darum ging es bei einem Studium-generale-Abend an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) in Nürtingen.

Man kann es „Me-Time“ oder „Urlaub“ nennen. So oder so, die Zeit soll der „Wiederherstellung und Erhaltung der Arbeitskraft des Arbeitnehmers“ dienen. So formuliert es das Bundesurlaubsgesetz. Darauf machte der Referent des Abends, Patric Tavanti, aufmerksam. Unser Freizeitverständnis sei stark von dieser kapitalistischen Verwertungslogik geprägt. Muse dagegen, so Tavanti, werde mit Arbeitsscheu, Bequemlichkeit und Tagdieberei in Verbindung gebracht. „Muse befähigt den Menschen, sich mit Dingen jenseits von Notwendigkeiten zu befassen, das große Ganze zu betrachten und nicht nur einzelne Fragmente“, hielt der Theatertherapeut dem entgegen. Leere könne sich mit Neuem füllen, eine Vision erschaffen und Orientierung geschaffen werden.

„Der Mensch in Zeit und Ewigkeit – Leben zwischen Begrenzung und Entgrenzung“, so lautete der Titel des Vortrags im Rahmen des Studium generale an der HfWU. Tavanti arbeitet an der Hochschule als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Studiengang Theatertherapie, hat Schauspiel gelernt und ist zudem als Regisseur, Notfall- und Telefonseelsorger und Traumatherapeut tätig. Die Moderation des Abends übernahm HfWU-Professor Johannes Junker, Dekan des Studiengangs Theatertherapie und Ethikbeauftragter der Hochschule. „Zeit ist fragmentiert, unser Leben ist eine Aneinanderreihung von Erlebten“, führte Tavanti weiter aus. Erst die Entschleunigung und die Ruhe erlaube, mit Ereignissen in Resonanz zu gehen, so dass Erfahrungen daraus werden könnten.

Einen Sendeschluss, wie einst im Fernsehen, gibt es heute in doppeltem Sinne nicht mehr. Im digitalen Zeitalter ist jede und jeder überall erreichbar. Nachrichten sind minutenaktuell abrufbar, so der Befund des Wissenschaftlers. „Wir erleben eine Beschleunigung und Dehnung der Zeit, wie wir es uns nie hätten vorstellen können.“ Für Tavanti sind die Fragen des Umgangs mit Zeit existenzielle Fragen. Persönliche Reifung brauche Zeit und Muse. „Zu erkennen, dass wir nicht unsterblich sind und dass die Zeit nicht kontrollierbar ist, sorgt dafür, dass wir achtsamer mit unserer Zeit umgehen und sie als Geschenk begreifen, tieferes Vertrauen entwickeln und das wirklich Bedeutsame wahrnehmen können“, so der Referent. Kurzum: „Muse ist ein Zustand der Freiheit“.

Den vielfältigen Ausführungen des Referenten rund um das Thema Zeit, vom individuellen Zeitempfinden über den historischen Wandel der Bedeutung von Zeit in der Gesellschaft bis zu Zeit im religiösen Kontext, folgte ein ebenso thematisch vielfältiger Austausch mit den zahlreichen Besucherinnen und Besuchern des Studium-generale-Abends.

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