Jätroboter statt Hacke

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Ein Kamera und Sensor gesteuerter Jätroboter während einer der Feldvorführungen beim DiWenkLa-Tag.

- Fachtag an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) befasste sich mit Digitalisierungspotenzialen für kleine landwirtschaftliche Betriebe -

NÜRTINGEN. Wie auch kleine landwirtschaftliche Betriebe von der Digitalisierung profitieren können, damit befasst sich das Großforschungsprojekt „Digitale Wertschöpfungsketten für eine nachhaltige kleinstrukturierte Landwirtschaft (DiWenkLa)“. Beim DiWenkLa-Tag an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) standen der Austausch zwischen den Projektpartnern, Praktikern, Wirtschaft und Wissenschaft sowie Feldvorführungen der neuesten Technologien auf dem Programm.

Mit fünf Digitalvideokameras ist der Jätroboter ausgestattet, der an der Front eines Traktors die Arbeit verrichtet, die gewöhnlich von Hand und per Hacke erledigt wird. Fünf Pflanzenreihen erfassen die Kameras und die Position jedes einzelnen Salatkopfs auf 10 Millimeter genau. Mit den Daten werden die rotierenden sichelförmigen Scheiben des Roboters ständig neu justiert – passgenau für jede einzelne Pflanze geht es dem Unkraut an den Kragen.

Die Feldvorführung ist eine von etlichen im Rahmen des DiWenkLaTags auf dem Hofgut Tachenhausen bei Nürtingen, dem Lehr- und Versuchsbetrieb der HfWU. „Wir wollen mit Blick auf die Digitalisierung in der Landwirtschaft nicht nur neue Projekte initiieren, sondern sie vor allem auch in die Praxis tragen“, betont Prof. Dr. Heinrich Schüle, Studiendekan Agrarwirtschaft an der HfWU. Zu der Fachveranstaltung waren neben den Projektpartnern rund hundert Vertreter und Multiplikatoren aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Praxis gekommen.

„Digitale Wertschöpfungsketten für eine nachhaltige kleinstrukturierte Landwirtschaft“ ist der Titel eines neuen Großforschungsprojekts, das mit mehr als vier Millionen Euro von Bund und Land gefördert wird. Die Projektpartner HfWU und Universität Hohenheim untersuchen mit Unterstützung der landwirtschaftlichen Landesanstalten, Verbänden und Firmen, wie die für Baden-Württemberg typischen kleinen bäuerlichen Familienbetriebe von der Digitalisierung profitieren können.

Beim DiWenkLa-Tag standen konkrete Einsatzmöglichkeiten wie der Jätroboter im Mittelpunkt. Die Digitalisierungsbeauftragte des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, Prof. Dr. Friederike Engel Hessel, skizierte welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit der Einsatz der neuen Technologien in der Praxis überhaupt möglich ist. „Zuerst geht es darum, die Datenverfügbarkeit zu klären. Wer erzeugt Daten, wo werden sie gespeichert, welche Rechte sind damit verbunden?“ Erst dann sei die notwendige Vernetzung der Daten möglich und so schließlich auch der Einsatz von Künstlicher Intelligenz. „Digitalisierung ist kein Allheilmittel“, so Engel Hessel. Letztendlich diene sie der Effizienzsteigerung, dem Tierwohl und der Umwelt.

Im DiWenkLa-Forschungsprojekt werden insgesamt 14 Teilprojekte bearbeitet. Die Spanne reicht vom automatisierten Feldgemüsebau, drohnengestützten Überwachungssystem für Pflanzenkrankheiten, der digitalen Erfassung der Futteraufnahme und des Weideverhaltens von Rindern bis hin zur Digitalisierung in der Pferdehaltung. Das breite Spektrum der Forschungsprojekte liegt auch darin begründet, dass sich gerade in Baden-Württemberg die verschiedenen Regionen sehr unterscheiden, geographisch und von ihrer landwirtschaftlichen Struktur. Darauf wies Prof. Dr. Enno Bahrs von der Universität Hohenheim hin. Er sieht die Landwirtschaft im Südwesten unter doppeltem Druck: Sie muss Schritt halten mit dem schnellen technologischen Wandel. Gleichzeitig bestehe die Gefahr, dass die Landwirtschaft in Konkurrenz um qualifizierten Nachwuchs mit Blick auf andere attraktive Branchen das Nachsehen hat.

Den Besuchern des Fachtags bot neben den Fachvorträgen und Feldführungen ein „Infomarkt“ mit Posterpräsentationen sowie Geräte- und Sofware-Ausstellungen Gelegenheit, die einzelnen Teilprojekte und Angebote von Herstellern genauer zu studieren und sich zu vernetzen.

Ist das Unkraut zwischen den Salatköpfen per Jätroboter entfernt kann das weitere Gedeihen der Pflanzen per Drohne überwacht werden. Hier ersetzt die Feldbefliegung die Feldbegehung. Hybridflugzeug und Quadrocopter kartieren mit Spektralkameras das Feld, fliegen automatisch über jede Salatkopfreihe und liefern so Daten zu möglichen Pflanzenkrankheiten und deren gezielter Bekämpfung. Einige der beim DiWenkLa-Tag vorgestellten neuen Technologien sind noch in der Erprobung, andere schon im Einsatz. Wissenschaft wie Praxis scheinen jedenfalls auf einem guten Weg, damit die digitale Zukunft kommen kann, auch für kleine landwirtschaftliche Betriebe.

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