Skulpturen der Friedfertigkeit

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Die Referentin Dr. Julia Wallner, im Hintergrund Sophie Taeuber-Arp und Jean Arp. (Foto: HfWU/renner)

Prof. Dr. Tobias Loemke, Dr. Julia Wallner und Prof. Dr. Christian Arndt. (Foto: HfWU/renner)

Studium generale befasste sich mit Avantgardekünstlern Jean Arp und Sophie Taeuber-Arp und ihrer gesellschaftlichen Wirkung

NÜRTINGEN (hfwu). Jean Arp und Sophie Teuber-Arp waren nicht nur Pioniere der Avantgarde. Auch gesellschaftlich waren sie Vorreiter. Das zeigte ein Studium-generale-Abend an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) in Nürtingen unter dem Titel „Künstlerische Haltung und Aktion vor dem Hintergrund globaler Konflikte“.

Es ist Krieg. Die Bevölkerung reagiert mit Begeisterung. Selbst die Soldaten fahren euphorisch an die Front. Auch im Literaturbetrieb und den bildenden Künsten gibt es vorbehaltlos Zuspruch von vielen. Nicht von Jean Arp. „Er stand dem Ersten Weltkrieg von Anfang an kritisch gegenüber. Diese allgegenwärtige Begeisterung sah er mit Befremden“, so Dr. Julia Wallner. Die Direktorin des Arp-Museums Bahnhof Rolandseck führte mit ihrem Vortrag an der HfWU in das Schaffen und Werk von Jean Arp und Sophie Taeuber-Arp ein. Avantgardistisch, dem Fortschritt und radikalen Ansätzen verbunden war nicht nur ihre Kunst, das machte die Kunsthistorikerin deutlich. Auch ihre Haltung stand oft dem Zeitgeist entgegen und nahm spätere gesellschaftliche Entwicklungen, sei es in Sachen Kriegsbegeisterung oder Gleichberechtigung, vorweg. 

Das Studium generale-Programm an der HfWU steht in diesem Semester unter dem Titel „Ideen und Lösungsansätze für Frieden und Zusammenhalt“. „Kunst spielt eine wichtige Rolle bei der Begleitung von transformativen Prozessen und hat selbst eine transformative Kraft“, betonte der Programm-Verantwortliche Prof. Dr. Christian Arndt in seiner Begrüßung. Die künstlerische Haltung ist Ausgangspunkt des künstlerischen Schaffens und damit des Bezugs zu sich selbst und zu einer auch konfliktreichen Welt. Auf diese Zusammenhänge wies Dr. Tobias Loemke hin, Professor für Kunst und Kunstpädagogik an der HfWU. Er moderierte den Abend. „Künstlerische Haltung ist etwas, was unsere Studierenden vom ersten Semester an lernen“, sagte Loemke. Das könne ein überaus anspornender, erhellender aber auch irritierender und schmerzhafter Prozess sein, so Loemke. Etwa dann, wenn Aspekte des Selbstbilds zutage kommen, die gesellschaftlichen Normen entgegenstehen. Aber „diesen Stachel in die Gesellschaft zu tragen,“ gerade auch das mache Kunst aus.

Solche Impulse in die Gesellschaft, oft sehr radikaler Natur, sind untrennbar mit dem Werk von Jean Arp und Sophie Taeuber-Arp verbunden, wie Julia Wallner an vielen Beispielen zeigte. Sie waren Künstler an einer Epochengrenze. Es ging darum, künstlerisch grundlegend Neues zu schaffen. Etwa die Abstraktion. Mit ihr verweise die Kunst nicht mehr auf etwas Äußeres, sondern nur noch auf sich selbst, erläuterte Wallner. Oder den Tanz als künstlerische Ausdrucksform zu verstehen. Ein damals, Anfang des 20. Jahrhunderts, völlig neuer Gedanke, den Sophie Taeuber-Arp in die Praxis umsetzte.

Bekannt dürfte der Maler, Grafiker und Lyriker Jean Arp vielen als Schöpfer von Skulpturen und Plastiken sein. Oft nehmen sich die klaren Formen die Natur als Inspiration ohne diese einfach abzubilden. In der Beobachtung der Wolken beispielsweise, berichtete Wallner, suchte Arp den Zugang zu Entwicklung und Prozesshaftem in der Natur. Die runden, offenen Körper- und Naturformen ermöglichen dem Betrachtenden einen leichten Zugang. Sie verkörpern etwas Friedfertiges, Verbindendes, sogar etwas Heilendes, wie Arp selbst sein Werk deutete. Internationale Bekanntheit und Bedeutung erlangte er erst spät. Und auch für den, der den Namen Arp nicht kennt, mit Krieg jedenfalls, das ist was die Skulpturen auf fast magische Weise verkörpern, kann ihr Macher nichts am Hut gehabt haben.