Klare Worte zu bezahlbarem Wohnen

Veröffentlicht am |

- Immobilienkongress der HfWU und des vbw zeigt Anspruch und Wirklichkeit auf -

NÜRTINGEN (hfwu). Prof. Dr. Andreas Frey, Rektor der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen begrüßte die rund 120 Kongressteilnehmer in Stuttgart mit dem Hinweis, dass der diesjährige Immobilienkongress eine deutlich politischere Ausrichtung habe als dies in den letzten Jahren der Fall gewesen sei. Dies rühre nicht zuletzt daher, dass immer mehr politische Entscheidungen des Bundes und des Landes die Immobilienwirtschaft betreffen und sich auf die Wirtschaftsrealität der Immobilienunternehmen niederschlagen. „Aber - wie es der wissenschaftlichen Tradition entspricht, lassen wir heute von allen Seiten  Stimmen zu Wort kommen“, so Frey.

Den Anfang machte Axel Gedaschko, Präsident des GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V. Er betonte, dass die Politik das Wirtschaftsgut Wohnung seit dem letzten Wahlkampf wieder als wichtig erkannt hat – was positiv ist –, gleichzeitig aber auch in jüngster Zeit mit hohen sozialen und energetischen Ansprüchen überzieht. Der Endenergieverbrauch der Wohnungen der nahezu 3.000 im GdW organisierten Unternehmen liegt bei rund drei Prozent. „Daran ist zu sehen, dass die Wohnungswirtschaft die Klimaziele nicht entscheidend mit beeinflussen können wird“, so Gedaschko. Die Mitgliedsunternehmen im GdW investieren jeden Tag rund 20 Millionen Euro in Deutschland; da stecke zwar viel eigener Antrieb dahinter, ganz maßgebend aber auch die Tatsache, dass die politischen, gesellschaftlichen und rechtlichen Anforderungen an die Immobilien durch die Energiewende und den demografischen Wandel deutlich angestiegen sind. Während der Wohnflächenverbrauch, die Nebenkosten und die Baukosten stark bis exorbitant gestiegen sind, haben sich die Nettokaltmieten in den vergangenen 13 Jahren lediglich um 19 Prozent erhöht. Die Diskussion um günstiges Wohnen werde daher sichtbar an der falschen Seite geführt.

Mit dem Blick in die Geschichte und auf Nachbarländer zeigte Gedaschko, dass die Mietpreisbremse noch nie eine wirksame wohnungspolitische Maßnahme war, sondern in der Regel durch Fehlentwicklungen auf dem Markt schnell wieder abgeschafft wurde. Er sprach sich für eine Kombination von Subjektförderung und Objektförderung mit Investitionszuschüssen aus, die er auf geografisch enge Märkte beschränken würde, in denen beispielsweise die Kappungsgrenze gelten soll. 

Auch Michael Hennrich, Mitglied des Bundestags und ehrenamtlicher Vorstand von Haus- und Grund Württemberg, betonte, dass die sehr differenzierten Marktentwicklungen es der Politik schwer machten, gut zu reagieren. „Höhere staatliche Anforderungen wie die erhöhte Grunderwerbsteuer, wie das Gesetz zur Stärkung der Quartiersentwicklung durch Privatinitiativen, wie die Novellierung des Wassergesetzes mit den Dichtigkeitsprüfungen oder das Erneuerbare Wärmegesetz Baden-Württemberg und die Novellierung der Landesbauordnung lassen die Frage aufkommen: wie viele dieser Regelungen führen zu günstigerem Bauen? Keine“, sagte er. Der Dreiklang aus der Stärkung der Investitionstätigkeit, Wiederbelebung des sozialen Wohnungsbaus und mietrechtlicher und sozialpolitischer Flankierung, den die Bundesregierung im Koalitionsvertrag vereinbart habe, sei richtig. Das Handeln beschränke sich seither aber nur auf die beiden letzten Punkte. „Wir brauchen etwas mehr Flexibilität und in gewissen Bereichen weniger hohe Standards“, so sein Plädoyer. 

„Wohnungsmangel ist vor allem eine Frage der Bezahlbarkeit“, sagte Ministerialdirektor Guido Rebstock. Es brauche eine richtige Justierung von Objekt- und Subjektförderung. Die Objektförderung sei keine Investoren- oder Wirtschaftsförderung. „Eine Renditeerwartung ist legitim, aber eine Renditeoptimierung darf dabei nicht erwartet werden“, so Rebstock. Mittelfristig müsse der Kreis der Haushalte neu gefasst werden, die von der Förderung profitieren. Einkommensschwache Nachfrager sollten stärker berücksichtigt werden. Derzeit lägen die Haushaltseinkommensgrenzen sehr hoch. „Momentan können gestiegene Renditeerwartungen vielerorts im frei finanzierten Wohnungsbau realisiert werden. Dies zeigt sich auch an den gestiegenen Baugenehmigungen“, so Rebstock. Er räumte ein, dass das Landeswohnraumförderungsprogramm im vierten Quartal 2014 nicht ausgelastet ist. „Darauf wird das Land im kommenden Landeswohnraumförderungsprogramm reagieren“, sagte Rebstock. Das Land wird mit dem zweiten wohnungspolitischen Maßnahmenpaket Anfang 2015 die Kappungsgrenze einführen. Von der Möglichkeit der Mietpreisbremse will es baldmöglichst Gebrauch machen und damit große Mietsprünge im Sinne der Mieter verhindern. Die Gebietskulissen seien aber noch nicht festgelegt.

„Wir sind der dämpfende Faktor im Markt und daher etwas verschnupft, wenn immer noch etwas  draufgesattelt wird“, sagte Robert an der Brügge, Verbandsvorsitzender des vbw Verband baden-württembergischer Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V. Die rund 300 Mitgliedsunternehmen in Baden-Württemberg investieren jährlich weit über eine Milliarde Euro in den Markt. „Ist es mit dem Wohnungsbau wirklich so dringlich, wie wir in der Zeitung dauernd lesen?“, fragte er. „Wenn ja, dann fordern wir den politischen Willen zum Neubau. Er beinhaltet gute, langfristige Programme und Bedingungen, den Verzicht der klimapolitischen Komponente im sozialen Wohnraumförderungsprogramm, eine Flexibilisierung in der Regionalisierung, das Instrument der mittelbaren Belegung im Rahmen der Wohnraumförderung, die Abgabe von Grundstücken, schnelle Genehmigungsverfahren und faire Gebührenstrukturen“, brachte es an der Brügge auf den Punkt. Angesichts des notwendigen Stadtumbaus, der Binnenwanderung, des Zuzugs von Flüchtlingen und der demografischen Herausforderungen sei der Neubau ein unabdingbares Mittel, um keine weitere Verknappung und noch schwierigere Verhältnisse für Menschen mit Marktzugangsschwierigkeiten zu schaffen.

„Bauen macht in Stuttgart keinen Spaß mehr“, sagte Thomas Wolf, Vorstand des Bau- und WohnungsVereins Stuttgart und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Stuttgarter Wohnungsunternehmen im vbw. Innerhalb von sieben Jahren seien die Baukosten um 50 Prozent gestiegen. Die Mieten haben sich im gleichen Zeitraum aber lediglich um 20 Prozent erhöht. Sie lägen bei den vbw-Mitgliedern in Stuttgart im Durchschnitt bei 6,50 Euro. Die Unternehmen rechnen mit drei bis vier Prozent langfristiger Rendite. Aufgrund der beständig steigenden Anforderungen, aufgrund langer Verfahrensdauern und Genehmigungsverfahren sowie Honorar- und Steuererhöhungen kostet der Quadratmeter Neubauwohnung mittlerweile zwischen 2.600 Euro und 3.000 Euro ohne Grundstück. „Mieten von mehr als elf bis maximal 12 Euro pro Quadratmeter lassen sich aber für uns nicht realisieren“, sagte Wolf. „Wenn die Bedingungen so bleiben, werden wir binnen drei Jahren das Bauen in Stuttgart einstellen müssen“, so Wolf. Das dürfte den Markt nicht eben erleichtern.

Der Kongress endete mit einem Höhepunkt: Der Freundeskreis des Studiengangs Immobilienwirtschaft an der HfWU verlieh dem ehemaligen Rektor der Hochschule, Dr. Werner Ziegler, die Verdienstmedaille des Studiengangs. Ziegler habe die Rahmenbedingungen geschaffen, um einen Studiengang mit gutem Ruf und bestem Ranking aus der Wiege zu heben und war verantwortlich für den Aufbau des Immobilienkongresses, der damit zum 15. Mal stattfinden konnte.

Marion Schubert