Im Emergency Room wird mit M&M´s geflirtet

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Frank Zazza neben Professor Dr. Iris Ramme (HfWU) und Andreas Waldner. Beide geben den jährlichen Product Placement Monitor heraus.

Frank Zazza neben Professor Dr. Iris Ramme (HfWU) und Andreas Waldner. Beide geben den jährlichen Product Placement Monitor heraus.

- Tagung an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt befasst sich mit Product Placement –
NÜRTINGEN. (üke) Marienhof und einige Sportsendungen haben unlängst ein seltsames Finanzgebaren offenbart. Da flossen Gelder unter merkwürdigen Umständen und tauchten Produkte auffällig platziert in den Sendungen auf. Groß war die Empörung, „Schleichwerbung“ lautet der hässliche Vorwurf. Aber: Regt sich die Fernsehzuschauer wirklich darüber auf, wenn in regelmäßiger Folge Stuttgarter Nobelautos auf die „Wetten-Dass“ Bühne von Thomas Gottschalk rollen? Dies ist gekonntes Produkt Placement.

Und dagegen ist auch wenig einzuwenden, so die Nürtinger Marketing Professorin Dr. Iris Ramme. Schleichwerbung ist in Deutschland verboten, Product Placement ist dagegen geduldet und tummelt sich in einer Grauzone. Experten aus vielen Ländern hatten sich während es Product Placement Kongresses in Nürtingen versammelt. Hochschulrektor Professor Klaus Fischer griff deshalb auf seine englischen Sprachkenntnisse zurück, um die Gäste zu begrüßen. Auf Einladung der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt und waldner.TV ging es darum die Grenzen und Möglichkeiten des Product Placement auszuloten. Außerhalb Deutschlands wird dies weniger zimperlich gehandhabt. Nahezu alle Meisterwerke des italienischen Kinos in den 50er und 60er Jahren der Altmeister Visconti, Fellini und Rosselini bedienten sich des Produkt Placement relativ ungeniert. Bis diese Form der Werbepartnerschaft in den 80er Jahren verboten wurde. Gerardo Conti von der italienischen Agentur JMN & DY berät heute seine Kunden, wie Product Placement genutzt werden kann.
In den USA ist daraus längst ein florierendes Geschäft geworden. Frank Zazza, der als Guru der Placement Branche gilt, war aus New York nach Nürtingen gekommen, und hatte eine Botschaft im Gepäck. Dass nämlich trotz vieler Widerstände diese Werbeform wichtiger werden wird. Die Zahlen sprechen dabei eine deutliche Sprache: Bei gleichbleibenden Werbeausgaben wenden die Firmen deutlich mehr für das Product Placement auf. Zahlen, die sich mit den Untersuchungen von Dr. Ramme und Andreas Waldner decken. Zazza geht noch weiter: Bei ständiger Werbeberieselung bauen die Konsumenten innere Abwehrwälle gegen Werbung auf. Bei Product Placement ist die anders. Die Produkte, um die es geht, werden in die Handlung eingebettet, ohne sie zu verändern. So schadet die Tatsache, dass in der beliebten US-Serie „Emergency Room“ Haselnussbonbons recht offensichtlich ins Bild rücken weder der Handlung noch dem Inhalt der Serie. Im Gegenteil: „Die Handlung ist der König“, sagt Zazza, der damit betont, dass es gar nicht der Anspruch des Product Placement sei, Inhalte zu verändern. Wie Produkt Placement wirkt, ob die Werbebotschaft ankommt, dafür hat Zazzas Untenehmen ein feingestricktes Analyseinstrument entwickelt, das auf der Basis von 50 Variablen exakt misst, in welcher Intensität die Zuschauer Product Placement wahrnehmen.
Alles, was die Experten an Aussagen trafen bezieht sich vor allem auf eines: Product Placement in Unterhaltungssendungen. Dass Product Placement in Informationssendungen wie Nachrichten, Reportagen oder Dokumentationen nicht zu suchen habe, darüber herrscht Konsens. Diese klare Festlegung könnte helfen, das Product Placement aus der Grauzone zu holen. „Wenn man das Placement im Bereich der Unterhaltung erlauben würde, hätten wir Klarheit und Transparenz“, so Dr. Ramme. Dann hätte auch die Produktschau in so mancher beliebten Wettsendung eine klare Grundlage. Ohne Product Placement, das wird kaum bezweifelt, sind Sendungen wie „wetten–dass“ schlicht nicht finanzierbar. Auch viele Regisseure hätten dann weniger Berührungsängste. Ein jeder will ein Kubrik oder Woody Allen sein mit hohem künstlerischem Anspruch. Dem steht in den Augen vieler Regisseure das Product Placement entgegen. Doch gerade die Godars, Kubriks und Allens haben das Product Placement in ihren Filmen optimal genutzt. Und sich damit ihre künstlerische Freiheit eher gesichert als sie riskiert zu haben, so Gerardo Corti.
Nürtingen, 17.11.2005, G. Schmücker