Insolvenzrechtstag: Die Zukunft ist hell –wirklich?

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Foto (HfWU/üke): Der „Macher“ der diesjährigen Hochschultage neben dem Mentor des Geislinger Sanierungs- und Insolvenzrechtstages: Die Professoren Dr. Valentin Schackmann und Dr. Tobias Huep.

- Geislinger Hochschultage: Brückenschlag zwischen Wirtschaftsrecht und Automobilwirtschaft -

NÜRTINGEN (hfwu). Die deutsche Wirtschaft brummt und die Aussichten sind gut. Doch auch in guten Zeiten geraten Firmen in Schieflage und es droht der Bankrott. Ein hässliches Thema, dem sich Jahr für Jahr die Wirtschaftsjuristen der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt widmen.

Professor Dr. Tobias Huep hatte zum Abschluss der Geislinger Hochschultage zum siebten Mal Insolvenzexperten an die Hochschule geladen. Gemeinsam mit Studierenden des Studienganges Unternehmensrestrukturierung und Insolvenzmanagement diskutierten sie neue Herausforderungen im Sanierungs- und Insolvenzmanagement. Prorektor Professor Dr. Valentin Schackmann ordnete das Thema in die diesjährigen Geislinger Hochschultage ein: „Führung – Macht – Innovation“, zumindest Letzteres sei gefragt, wenn es darum geht, Unternehmen in einer Krise umzubauen. Dr. Huep stimmte die rund 200 Gäste auf einen Nachmittag ein, der mit harten Themen starten und zum Ende hin immer leichter werden würde. Themen aus der Automobilwirtschaft sollten dafür sorgen, dass es erstmalig einen „Crossover zwischen Wirtschaftsrecht und Automotive“ geben sollte.

„Hoffentlich wird es nicht zu grausam“, so begann Dr. Michale Flitsch seinen Vortrag. Er nahm Aufsichtsräte ins Visier, die sich selten darüber bewusst seien, welche Verantwortung bei Ihnen liegt, wenn ihr Unternehmen in die Krise gerät. „Als Aufsichtsrat hat man wenig Aufwand, wenig Verantwortung und eine gute Bezahlung“, mit diesem verbreiteten Urteil räumte Flitsch gründlich auf. Er zeichnete eine Fülle an Szenarien, in denen Aufsichtsräte persönlich in die Haftung geraten, wenn sie ihre Aufgabe nicht frühzeitig, gründlich und fachkundig wahrnehmen. Häufig fehlt es diesen Aufsichtspersonen schlicht am Fachwissen, um diesem Auftrag gerecht zu werden. Wenn dann auch noch Mitarbeitervertreter oder Ehrenamtliche damit vertraut sind, geht es bei Haftungsfragen schnell an die Existenz. Flitschs Urteil ist eindeutig: „Als Arbeitnehmervertreter würde ich mich drücken, vor solch einem Job“.

Damit es gar nicht so weit kommt, sollten Unternehmen frühzeitig finanziellen Krisen vorbeugen. „Mein Thema ist etwas netter“, so Dr. Alexandra Schluck-Amend, die Unternehmen darin unterstützt, Insolvenzen zu vermeiden. Das deutsche Recht schützt derzeit vor allem die Gläubiger, wenn ein Unternehmen ins Schlingern gerät. Aus Brüssel kommen derzeit jedoch Vorgaben, die auch die betroffenen Firmen im Blick haben. So liegen Vorschläge auf dem Tisch, die darauf zielen, Unternehmen zu erhalten und ihnen auch eine zweite Chance einzuräumen, wenn es wirtschaftlich eng wird. Schluck-Amend zeigte wie komplex es ist, die EU-Vorgaben in nationales Recht umzusetzen.

Krisen bedeuten in der Regel eines: Veränderungen, die Experten reden von Restrukturierungen. Das ist für alle Beteiligten in einem Unternehmen schwierig. Besonders hart wird es für Eigentümer, die ihr Unternehmen vor langer Zeit gründeten und als Patriarchen in vorderster Linie stehen. Diesem Thema nahm sich Dr. Stefan Weniger an, der detailliert die Beharrungskräfte und Verdrängungsmechanismen schilderte, die in diesen Fällen häufig die Wende zum Guten verhindern. Die Schlecker-Pleite ist ein Beispiel, das auch dem breiten Publikum bekannt ist. Externe Berater oder Juristen, die hier ins Spiel kommen brauchen neben der nötigen Härte vor allem Beharrlichkeit, Diplomatie und Einfühlungsvermögen.

Den Schwenk zur Automobilbranche beim Insolvenztag vollzogen Mathias Franke und Thomas Steinberger der Beratungsfirma PriceWaterhouseCoopers. Sie bescheinigen der Automobilwirtschaft zwar eine leuchtende Zukunft aber ebenso ein Szenario, das einen „Umbau bei Vollgas“ verlangt. Die Art der Mobilität, wie Autos genutzt werden, verändert sich. Neue Wachstumsmärkte entstehen außerhalb Europas und mit den Herstellern ziehen auch die deutschen Zulieferer in die Länder, die auf eine Fertigung vor Ort pochen. Der hauseigene HfWU-Automobilexperte Professor Dr. Willi Diez lieferte die Fakten aus der Branche: Der technologische Wandel hin zu elektrischer, geteilter und vernetzter Mobilität sei in vollen Gange. So kündigt Daimler Jobabbau im Segment der Verbrennertechnologie an, was die PWC-Experten mit Zahlen untermauern: Sieben Mitarbeiter verbauen 4000 Teile für einen konventionellen Antriebsstrang. Dasselbe in elektrisch baut ein Mitarbeiter aus 320 Teilen. Laut Diez bringt dies vor allem für die Zulieferer dramatische Auswirkungen: Laut einer eigenen Studie geraten stehen vor allem viele mittelständische Zulieferer vor einer dunklen Zukunft. Die Digitalisierung ist ein Treiber dieser Entwicklung. Der letzte Redner des Tages, Dirk Eichelbaum, beschrieb wieder aus juristischer Sicht die Konsequenzen für Unternehmen, die zu spät die Veränderungen erkennen und drohen zu Verlierern der neuen digitalen Realität zu werden.

Gerhard Schmücker, 24.11.2017

Foto: Der „Macher“ der diesjährigen Hochschultage neben dem Mentor des Geislinger Sanierungs- und Insolvenzrechtstages: Die Professoren Dr. Valentin Schackmann und Dr. Tobias Huep

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