NÜRTINGEN(nt). Im Sommer 2024 findet in Nürtingen unter Federführung des städtischen Kulturamts und in Kooperation mit den Hochschulstudiengängen Künstlerische Therapien der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) das Kunstfest „Coming in!“ statt.
Vom 14. Juni bis 14. Juli rücken verschiedene Nürtinger Kunstinstitutionen Kunstformen, welche von Menschen mit
 Behinderungen oder Psychiatrieerfahrung geschaffen wurden, in den Mittelpunkt und machen sie in
 Ausstellungen, Vorträgen und Performances für ein breites Publikum erlebbar. 
Coming in! Das Fest für Outsider Art in Nürtingen wird gefördert von der Baden-Württemberg Stiftung, der Stiftung der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen, der Eberhard-Rommel-Stiftung, der Karin Abt-Straubinger
 Stiftung, der Lechler Stiftung sowie der Albrecht Beck-Stiftung und unterstützt vom Hochschulbund
 Nürtingen-Geislingen e.V.
„Kreativität ist die Intelligenz, die Spaß hat“ sagte einst Albert Einstein. Und dies ist nicht auf eine
 bestimmte Gruppe von Menschen beschränkt. Denn kreative Ausdrucksformen finden sich in allen
 gesellschaftlichen Gruppen, so auch bei Menschen, die aufgrund von Behinderungen oder
 Psychiatrieerfahrung nicht Teil des akademischen Kunstbetriebs sind oder sich an dessen Rändern
 bewegen. Sie schaffen Werke von großer Eindringlichkeit und Überzeugungskraft, die international als
 „Outsider Art“ bekannt sind.
Der Begriff beschreibt nicht nur die besonderen sozialen Entstehungsbedingungen außerhalb des
 akademischen Kunstbetriebs und die spezifischen Erfahrungen der ungelernten Künstlerinnen und
 Künstler. Er bezieht sich auch auf die Tatsache, dass diese in der kulturellen Wahrnehmung
 Außenseiter geblieben sind, obwohl sie mit ihren Werken nachhaltigen Eindruck auf Kulturschaffende
 wie Pablo Picasso, Paul Klee oder Max Ernst ausgeübt hatten und diese auch in
 öffentlichkeitswirksamen Räumen wie der Documenta in Kassel oder der Biennale in Venedig
 Berücksichtigung fanden.
Lange Zeit galt „Outsider Art“ in der Kunstszene als Geheimtipp. Durch das Engagement von
 Einrichtungen wie etwa betreuten Ateliers, wird ihre Entstehung gefördert und einer breiten
 Öffentlichkeit zugänglich gemacht. So wie im Living Museum Alb der Bruderhaus Diakonie in
 Münsingen-Buttenhausen. Das erste Living Museum Deutschlands ist ein inklusiver Ort der Teilhabe
 und Begegnung, an dem Kunstmuseum und Atelier verschmelzen und Menschen mit und ohne
 Behinderung dem Spaß an Sprache, Farbe, Klang und Ausdruck und somit ihrer Kreativität freien Lauf
 lassen können.
 Geboren wurde die Idee vor zwei Jahren im Kunstausschuss der Stadt Nürtingen. Der
 Kunstwissenschaftler Dr. Tobias Wall brachte den Vorschlag ein, neue Wege für die
 Sommerausstellung in der Kreuzkirche einzuschlagen und diese Kunstrichtung zu präsentieren, statt
 etablierte Künstler anzufragen. Diese Überlegung stieß auch bei Prof. Dr. Tobias Loemke, Dekan
 der Fakultät Umwelt Gestaltung Therapie an der HfWU, auf offene Ohren und so wuchs das Projekt
 thematisch und inhaltlich.
Neben der Darstellung des Reichtums der „Outsider Art“ in Baden-Württemberg als wichtiger und
 gleichberechtigter Teil der kulturellen Gegenwart, besteht ein weiteres Ziel dieses Projektes darin, über
 die Kunst zu einem verantwortungsvollen und unbeschwerten Umgang mit Inklusion und Toleranz zu
 verhelfen. „Kunst ist vielfältig und bunt – so wie unsere Gesellschaft. Daher wollen wir mit der
 Präsentation und der Auseinandersetzung mit diesen besonderen Werken auch einen Beitrag zur
 Öffnung leisten“, erläutert Kulturamtsleiterin Susanne Ackermann die Intention von „Coming In!“. Und
 dieses Ansinnen stieß in der Nürtinger Kunstlandschaft auf durchweg positive Resonanz. „Ich freue
 mich außerordentlich, dass sich alle Nürtinger Kunstinstitutionen daran beteiligen und wir zudem von
 der Sammlung Prinzhorn Heidelberg unterstützt werden, welche die bedeutendste Sammlung für
 „Outsider Art“ in Deutschland beherbergt“, ergänzt Oberbürgermeister Dr. Johannes Fridrich.
An der Nürtinger Veranstaltungsreihe nehmen die Sammlung Domnick, die Freie Kunstakademie
 Nürtingen, die Fritz und Hildegard Ruoff Stiftung, der Kunstverein Nürtingen, das Forum Türk, der
 SCHAURAUM des Provisoriums, das KulturCafé SprechZimmer, die Bodelschwinghschule, die
 Lebenshilfe e.V. und der Trägerverein Freies Kinderhaus e.V. teil.
 Besondere Inhalte verlangen auch besondere Konzepte. „Coming In!“ verbindet daher die beteiligten
 Künstlerinnen und Künstler mit dem Publikum. Zudem wird die gezeigte Kunst durch Führungen und
 interaktive Workshops direkt und auch zielgruppengerecht unter anderem an Kinder, Jugendliche und
 Schulen vermittelt. Die Alte Seegrasspinnerei begleitet das Projekt mit einem eigenen Inklusionsfest
 „Outside im Hof“ und einem inklusiven Workshop-Programm.
Das Eröffnungswochenende bietet bereits eine große Fülle an Möglichkeiten, sich dem Thema „Outsider
 Art“ zu nähern. Den Auftakt bestreiten am 14. Juni die Hochschulstudiengänge Künstlerische Therapien
 der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen. Die HfWU beteiligt sich im Rahmen
 ihres 75-jährigen Jubiläums mit einer mehrteiligen Tagung auf dem Campus in der Sigmaringer Straße.
 Dort öffnet ab 16.30 Uhr eine Ausstellung mit expressiver Malerei und Zeichnung aus unterschiedlichen
 Schaffensperioden des Künstlers Normann Seibold, der an der Kunstakademie Karlsruhe studierte und
 heute im Living Museum Alb arbeitet. Um 18 Uhr gibt Oberbürgermeister Dr. Fridrich dann in der
 Kreuzkirche den offiziellen Startschuss für das Projekt und eröffnet zugleich die zentrale Ausstellung
 des Kulturamts: Unter dem Titel „Farben.Froh.Leben!“ laden Künstlerinnen und Künstler aus fünf
 bedeutenden betreuten Ateliers der Region zu einer Entdeckungsreise in ihre künstlerischen Welten
 ein. Zu sehen sind Werke aus dem Living Art Museum in Münsingen-Buttenhausen, dem Kreativwerk
 Höfingen, der Kreativen Werkstatt Diakonie Stetten, dem offenen Atelier Grafeneck und dem Atelier 5
 in Mariaberg. Die unmittelbare Freude in Farbe und Experiment, welche sich an einer unkonventionellen
 Bildsprache und großer Farbintensität bemerkbar machen, zeugt von einer unvergleichlichen
 Schaffenskraft und kreativen Energie. Im Anschluss daran präsentiert der SCHAURAUM um 20 Uhr
 eine Ausstellung des Nürtinger Künstlers Florian Müller, der an der Freien Kunstakademie Nürtingen
 und der Kunstakademie Stuttgart studierte.
Im weiteren Verlauf bieten die verschiedenen Einrichtungen Führungen, Workshops und Vorträge an.
 Das vollständige Programm ist unter www.coming-in-nuertingen.de abrufbar.