Zersplittert im Südwesten

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Prof. Dr. Franz Brendle.

- Tübinger Historiker sprach zur vielgestaltigen Reformation im deutschen Südwesten, Studium generale an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) in Nürtingen -

NÜRTINGEN. (hfwu) Die Reformation wird vor allem mit Martin Luther in Verbindung gebracht. Welchen Einfluss die jeweiligen Herrscher hatten und wie unterschiedlich diese historische Umwälzung in den jeweiligen Territorien war, darum ging es bei einem Vortrag im Rahmen des Studium generale an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) in Nürtingen.

Gerade der Südwesten Deutschlands ist eine Region, die für die Vielgestaltigkeit der Reformation steht. In den Territorien von Reichsfürsten und Reichsgrafen sowie in den Reichsstädten fanden unterschiedliche Reformationsprozesse statt. Sie begannen zu unterschiedlichen Zeitpunkten, sie wurden von unterschiedlichen sozialen und politischen Gruppen getragen, unterschiedliche lokale Reformatoren waren prägend. „Es war vor allem eine Krisenzeit“, so Professor Dr. Franz Brendle, „und die Reformation spaltete den Südwesten konfessionell.“ Zum Studium-generale-Vortrag des Tübinger Historikers waren rund 50 Zuhörer an die HfWU nach Nürtingen gekommen. Da es bis auf den Kaiser keine einheitliche Herrschaft gab, führte Brendle weiter aus, oblag es den territorialen Potentaten über die konfessionelle Zugehörigkeit ihrer Untertanen zu verfügen. Unabhängige Reichsstädte wie Ulm und Augsburg, in denen kein Bischof residierte, taten sich naturgemäß leichter mit den Reformationsgedanken. Die Folge des vielgestaltigen Machtgefüges war eine religiöse Zersplitterung des Südwestens und entsprechend unterschiedliche Zugangsweisen zur Reformation.

Württembergs erster Herzog Eberhard im Bart, sein vergnügungsfreudiger Sohn Eberhard II., der Neffe Ulrich, der mit elf Jahren zum dritten Herzog ernannt wurde – an diesen und zahlreichen weiteren Charakteren zeigte Brendle, wie groß der Einfluss einzelner Personen auf den Umfang mit der Reformation war. Aber nicht nur für den Adel an der Spitze der Gesellschaft wurde die Frage nach der Konfession entscheidend. Erst recht geriet für die Bauern die Welt aus den Fugen. Luthers unpolitisches Ansinnen, Religion frei ausüben zu können, nahmen sie zum Ausgangspunkt für einen landesweiten Aufstand gegen die Obrigkeiten.

Spannend genug waren die Umbrüche der Zeit. Brendle verstand es zudem, mit einer leicht verständlichen Sprache und humorvollen Anekdoten die Zuhörer in den Bann dieser historischen Umwälzungen zu ziehen, deren Auswirkungen sich bis heute zeigen. Beim nächsten Vortrag in der Studium-generale-Reihe zur Reformation steht am 10. Mai die Frau von Martin Luther, Katharina von Bora, im Blickpunkt. Nähere Informationen und das komplette Programm in diesem Semester sind unter www.hfwu.de/studium-generale  zu finden.