„Wir sind der Wandel“

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Die beiden Referierenden vor ihrer Präsentation

Karl Michael Lange und Anna Szilágyi-Nagy vom „Produktionskollektiv Stuttgart“ sprachen über „Food-Systeme der Zukunft“.

Karl Michael Lange und Anna Szilágyi-Nagy vom „Produktionskollektiv Stuttgart“ sprachen im Studium generale über „Food-Systeme der Zukunft“

NÜRTINGEN (hfwu). Ernährung ist immer auch politisch. Damit wirkt sich das Verhalten jedes Einzelnen auf das „Food-System“ aus mit dem wir leben. Das sagen Karl Michael Lange und Anna Szilágyi-Nagy. Sie sprachen im Studium generale an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) und zeigten anhand von praktischen und künstlerischen Projekten, wie ein künftiges nachhaltiges Food-System aussehen könnte.

Wie wir uns ernähren ist enorm komplex und von unzähligen Faktoren bestimmt. Karl Michael Lange zeigt eine bunte kreisrunde Grafik mit unzähligen Details. Allein diese zu erläutern hätte den Studium-generale-Abend an der HfWU in Nürtingen gefüllt. „Wenn die Elemente in einem System wechselseitig voneinander abhängen und sich gegenseitig beeinflussen, dann hat jeder Einfluss auf Veränderung“, sagt Lange. Und in diesem Sinn sei jedes „Food-System“ auch politisch. Das Studium-generale-Team und das Zentrum für Nachhaltige Entwicklung (ZNE) der HfWU hatten zum dem Themenabend, der auch online übertragen wurde, ins Gründerzentrum der Hochschule in Nürtingen, der „Futurebox“, eingeladen.

Eine der grundsätzlichen Herausforderungen im Ernährungssystem wie in vielen anderen gesellschaftlichen Bereichen ist für Lange „von einem linearen zu einem zirkulären System zu kommen.“ „Re-“ ist folglich das Maß der Dinge bei den Prinzipien eines nachhaltigen Ernährungs-Systems. Anna Szilágyi-Nagy zählt die Re’s auf: „Rethink, Refuse, Reduce, Reporpose, Repair, Reuse, Recyle, Recover”. Damit werde auch deutlich, “jeder kann dazu beitragen, etwas am ganzen System zu ändern.“ Szilágyi-Nagy ist überzeugt, „wenn wir uns auf etwas Neues einlassen, Neues ausprobieren, dann passiert Veränderung, Schritt für Schritt.“

Lange und Szilágyi-Nagy sind Teil des „Produktionskollektiv Stuttgart“, das sich für eine nachhaltige kulturelle und soziale Stadtentwicklung einsetzt. Das Kollektiv stellt Informations- und Bildungsangebote auf die Beine, vor allem aber auch künstlerische und praktische Projekte. Eins davon ist „Schwobao-Buns“, ein Workshop für Kinder, den Lange und Szilágyi-Nagy an der Hochschule ebenfalls im Rahmen des Studium-generale in den Herbstferien durchgeführt hatten. Die Idee: Eine Alternative zum Fastfood-Brötchen („bun“) zusammen mit den Kindern selbst herstellen aus regionalen, saisonalen und pflanzlichen Zutaten und dabei möglichst wenig (Verpackungs-)Müll erzeugen. „Für das Schwabao-Buns-Projekt haben wir vor allem Lebensmittel verwendet, die an der HfWU beziehungsweise in deren Umfeld und mit HfWU-Beteiligung entwickelt, gezüchtet und angebaut wurden. So etwa Mehl und Bohnen von den rekultivierten Sorten Dickkopfweizen und Schwabenbohnen“, erläutert Lange.

Ein weiteres Projekt das Lange und Szilágyi-Nagy vorstellen ist das Beat Root Foodlab. Es hat sich einer nachhaltigen Produktions- und Zubereitungsweise verpflichtet, die alle Bereiche der Entwicklung, des Kochens und des Essens beinhaltet. So sind die verwendeten Zutaten immer Bio-Qualität, meistens „ultraregional“ aus maximal fünf Kilometer Entfernung, werden oftmals selbst angebaut, haltbar gemacht und wild gesammelt. Das Foodlab war zu Gast beim IBA‘27-Festival und experimentierte mit essbaren lokalen Pflanzen und Resten aus der Lebensmittelproduktion auf dem IBA-Areal in Fellbach. Schwabao-Buns, Beat Root Lab und weitere andere von Lange und Szilágyi-Nagy vorgestellte Projekte führen die Komplexität des Themas Ernährung anschaulich vor Augen und zeigen gleichsam, so Lange, „jeder kann selbst etwas tun. Unsere persönliche Überzeugung ist, der Wandel wird kommen, weil wir der Wandel sind.“