"Wie Du mir, so ich Dir“ oder besser das deutsche Strafrecht?

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Bild 1(Recke): Kinderredakteurin Jule Hermann

Bild 2 (Recke): Andrang nach der Vorlesung: Professor Dr. Katja Gabius unterschreibt in den Studienbüchern.

- Welche Strafe ist gerecht – Kinderhochschule widmet sich der Gerichtsbarkeit -

NÜRTINGEN. (hfwu) Professorin Dr. Katja Gabius hält vor vielen jungen Studenten im Alter zwischen 8 und 12 Jahren an der Kinderhochschule der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Nürtingen eine Vorlesung über das Strafrecht. Es berichtet Kinderredakteurin Jule Hermann, Schülerin in der siebten Klasse des Max-Planck-Gymnasiums.

Prof Dr. Katja Gabius erläuterte den alten Spruch „Wie Du mir, so ich Dir“ anhand von Märchen und alltäglichen Erlebnissen. Sie und die jungen Studenten fragten sich, ob man Böses mit Bösem vergelten darf: Hatte zum Beispiel Gretel das Recht die Hexe ins Feuer zu werfen, bevor die Hexe den Hänsel verspeist? Ein anderes Beispiel: Eine Schülerin klaut den Geldbeutel einer Lehrerin, darf die Lehrerin jetzt etwas von der Schülerin stehlen? Ausführlich und voller Eifer diskutierten die Teilnehmer der Kinderhochschule mit der Professorin gemeinsam die: Hätte Gretel nicht besser Hilfe holen sollen? Darf man den Täter selbst bestrafen ?

Dr. Gabius erklärte, dass in vielen Ländern die Regel „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ eine große Bedeutung hatte und zum Gesetz wurde. In der Bibel, im neuen Testament, wird dagegen erklärt, dass dies in dieser Form nicht gerecht sei. Darauf beruft sich laut Professor Gabius das System des Deutschen Strafrechts, auf die zehn Gebote und die Göttin Justitia. Deren Waage ist das Symbol für unsere Gesetze. 

Gemeinsam besprachen die „Studierenden“ mit Professor Gabius die Wege, die zu gerechten Strafen führen: Man rächt sich nicht selbst, da der Täter vielleicht unschuldig ist, oder durch die Bestrafung die Situation noch verschlimmert wird. Die Kinder sahen sich auch als viel zu schwach dafür an.

Anhand vieler eigener Erlebnisse aus dem Alltag der Kinder wurden Lösungswege besprochen: In der Schule gibt es dafür eine Pausenaufsicht, Streitschlichter, Paten, die Lehrer und die Eltern. Bei größeren Verstößen benötigt man die Polizei und das Gericht muss entscheiden. Doch wonach entscheiden die Gerichte? Die Gesetze stehen in den Deutschen Gesetzbüchern und sollen jeden Einzelnen schützen. Die Professorin unterschied zwischen Strafrecht (was ist verboten?), Zivilrecht (ab welchem Alter darf man was tun?) und öffentlichem Recht (was sind die Aufgaben z.B. der Polizei). Sie erläuterte auch, wie ein Gesetz entsteht. Die Kinder waren erstaunt, wie schwierig es ist, ein Gesetz zu machen. Es muss genau festgelegt werden was erlaubt und was verboten ist und was die gerechte Strafe ist, wenn man gegen das Gesetz verstößt. Und das kann sich über Jahre hinziehen! Große Begeisterung gab es auch, als die Professorin den jungen Studenten berichtete dass die Japaner das Deutsche Gesetzbuch so toll fanden, dass sie es einfach übernahmen. Dabei lernten alle, dass Schwedische Gardinen auch eine Strafe sein können: Das Gefängnis. In der Haft sollen die Täter ihre Taten bereuen und lernen, wie man sich nach dem Gesetz verhält. Sie sollen ihre Taten wieder gut machen und die gerechte Strafe soll den Tätern den Einstieg zurück in die Gesellschaft wieder ermöglichen.

Doch wie schaut es nun mit Gretel aus? Wäre sie ein Fall für das Gefängnis? Prof. Gabius erklärte die Ausnahme: Nur in Notwehr darf ich mir oder einem anderen auch selber helfen! Damit waren alle Kinder einig: Gretel handelte in Notwehr! „Karate ist auch Notwehr“ meinte ein Teilnehmer, andere wollten wissen ob lebenslänglich ein Leben lang bedeutet. Viele Fragen, die spannend und mit zahlreichen Beispielen aus dem Alltag beantwortet wurden. Denn eines wurde in den Interviews danach klar: Alle haben schon mal gegen das Gesetz verstoßen oder kennen jemand der so etwas getan hat. „Ich bin schon mal bei Rot über die Straße gerannt!“ – Ein klarer Fall für die Kinderuni und Frau Prof. Dr. Katja Gabius!

Jule Hermann, 15.07.2013