„Was wir in Afrika sehen, kann morgen Realität für alle werden“

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Kemo Fatty im Gespräch mit Prof. Dr. Christian Arndt und Clara Schweizer. (Foto: Jakob Sauter)

Aktivist Kemo Fatty berichtet an HfWU in Nürtingen zum Stand des Megaprojekts Great Green Wall; Dialog mit Nürtinger Initiative Klima-Taskforce e.V.

NÜRTINGEN (hfwu). Kemo Fatty ist einer der Aktivisten, die sich für den Ausbau der Great Green Wall in Afrika einsetzen. An der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) in Nürtingen berichtete er über den aktuellen Stand des ökologischen Megaprojekts quer durch Afrika. Im Dialog mit der Nürtinger Initiative Klima-Taskforce ging es darum, worauf es bei zivilgesellschaftlichen Projekten ankommt und was man voneinander lernen kann.

Das Ziel der Great Green Wall ist, ein großes Mosaik aus grüner und produktiver Landschaft, vor allem Wald, zu schaffen, das sich über Nordafrika, von West nach Ost, über die Sahelzone bis zum Horn von Afrika erstreckt. Kemo Fatty ist einer der Aktivisten, die sich für den Ausbau der Great Green Wall in Gambia einsetzen. Im Rahmen des Studium generale hatte der Gambier bereits im Herbst das Megaprojekt an der Hochschule vorgestellt. Über den aktuellen Stand des Großprojekts hinaus ging es diesmal um den Erfahrungsaustausch bezüglich zivilgesellschaftlicher Projekte. Im Rahmen einer Paneldiskussion tauschte sich Fatty mit Clara Schweizer von der Nürtinger Klima Task-Force e.V. aus.

Der globale Blick zeige, dass der Klimawandel gerade die Ärmsten am stärksten betreffe. Darauf wies Prof. Dr. Christian Arndt in seiner Begrüßung hin. Er leitet an der HfWU das Zentrum für Nachhaltige Entwicklung (ZNE). „Die Rolle von Organisationen wird daher immer wichtiger“, so Arndt, „sie klären auf, schaffen Netzwerke und bringen Innovationen auf den Weg“. So gewinne die Rolle von „Leadern“, der Erfahrungsaustausch und die gegenseitige Wissensvermittlung, gerade auch zwischen den Organisationen, an Bedeutung.

Fatty berichtete davon, wie er die Auswirkungen des Klimawandels zuhause in Gambia selbst erlebt hat. Landwirtschaft sei kaum noch möglich. Durch die Bedingungen sah sich der Bruder von Fatty gezwungen, so wie viele andere junge Männer in Afrika, sich auf die lebensgefährliche Reise nach Europa zu machen, um dann Geld nach Hause schicken zu können. Die mit der Great Green Wall verbundene Aufforstung sei für die Landwirtschaft enorm wichtig. Sie wirkt der Erosion und der Nitrifizierung des Grundwassers und von Flüssen entgegen und bindet CO2.

Clara Schweizer hat Kemo Fatty in Gambia kennengelernt. Dort zu sehen, was die Dürre mit den Reisfeldern anrichtet, hat sie zum Entschluss gebracht, mitanzupacken und konkret zu versuchen, etwas zu verändern. Im Dorf ist so eine Gemeinschaft entstanden, die sich für nachhaltige Veränderungen einsetzt. Wieder in Deutschland zurück war für Schweizer die Frage, wie sie sich als Einzelperson zu Hause dafür einsetzen kann, mehr Klimagerechtigkeit zu schaffen. Sie gründete die Klima-Task Force e.V. mit dem Ziel, Nürtingen klimaneutral zu machen. Netzwerke wurden aufgebaut. Das Konzept und die Erfahrungen sollen anderen Kommunen zugänglich gemacht werden.

„Auf dem afrikanischen Kontinent wurde zulange nichts gegen den Klimawandel gemacht“, kritisiert Fatty. „Leute aus Europa kommen, bewerten die Lage und sprechen Empfehlungen aus. Diese werde aber oft nicht umgesetzt oder bringen keinen Erfolg“, so die Erfahrung des Aktivisten. Unternehmen seien meist nur daran interessiert, CO2-Zertifikate zu kaufen. So werden Mangrovenbäume gepflanzt, für die Nahrungsmittelversorgung der Menschen sind sie wertlos. Ihr Zweck sei lediglich, auf dem Papier eine „grüne“ Maßnahme zu bescheinigen.

Was können Great Green Wall-Initiative und die Klima-Taskforce voneinander lernen? Zuallererst ein Bewusstsein für die Problematik zu schaffen sei grundlegend, so Schweizer und Fatty. Aber auch der inhaltliche und fachliche Austausch sei wichtig und die übergreifende Vernetzung. Global gesehen ist Deutschland noch relativ wenig betroffen von den konkreten Auswirkungen des Klimawandels. Aber Extremereignisse wie die Waldbrände derzeit in Brandenburg oder Überflutungen nehmen auch hier zu. Das Wissen und die Erfahrung, die mit der grünen Mauer in Afrika gesammelt werden, könnte früher als geahnt gebraucht werden. Auch vor diesem Hintergrund sei der Austausch zentral. „Unsere Zusammenarbeit“, so Kemo Fatty, „ist wichtig. Denn unsere Realität in Afrika kann morgen Realität für alle sein.“