Tiefgreifende Bewährungsprobe - 9. Tag der Automobilwirtschaft

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Daimler-Chef Dr. Dieter Zetsche

Dr. Dieter Zetsche: "Wir werden nicht der Volkswagen der Zukunft."

NÜRTINGEN (ur) Trotz Finanzkrise sehen die Experten aus der besonders gebeutelten Automobilindustrie nicht nur schwarz für die Zukunft. Daimler-Chef Dr. Dieter Zetsche sieht die Branche gut aufgestellt, um die sich voraussichtlich noch zuspitzende Lage gut zu überstehen. Das zeigte der 9. Tag der Automobilwirtschaft in Nürtingen, eine Veranstaltung des Instituts für Automobilwirtschaft (IFA) an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU).

Die deutsche Automobilwirtschaft steht an einem Scheideweg und der Abwärtstrend wird sich vorerst noch fortsetzen. Innovative Unternehmen werden jedoch gestärkt aus der Krise hervorgehen. Mit dieser Einschätzung eröffnete der Vorstandsvorsitzende der Daimler AG, Dr. Dieter Zetsche, als Hauptredner den diesjährigen Tag der Automobilwirtschaft in der Nürtinger Stadthalle. Spekulationen zu einer möglichen Beteiligung der Landesregierung an der Daimler AG erteilte Zetsche eine Absage: „Wir haben kein Interesse, der Volkswagen der Zukunft zu werden.“

Der Kongress, organisiert vom Institut für Automobilwirtschaft (IFA) an der HfWU, verzeichnete mit über 500 Besuchern in diesem Jahr eine Rekordbeteiligung. IFA-Direktor Professor Dr. Willi Diez bescheinigte der Branche trotz schwieriger Zeiten eine „glänzende Zukunft“. Nun gehe es darum, Wege aus der Krise aufzuzeigen und nicht in das allgemeine Klagelied mit einzustimmen. Zetsche sieht vor allem in den so genannten Schwellenländern noch ein großes Wachstumspotenzial. Weltweit sei der PKW-Absatz 2008 allerdings erstmals nach zehn Jahren wieder rückläufig. Optimistisch für die Zukunft stimmt den Konzern-Chef „die Substanz der Automobilhersteller, die sie schon vor der Krise ausgezeichnet hat“. Darüber hinaus sei jetzt die strategische Ausrichtung der Autobauer entscheidend, konkret: wie es den Herstellern gelingt, die Wachstumschancen in den Schwellenländern zu nutzen. Daneben werde es darauf ankommen, wie schnell die Unternehmen alternative Antriebstechnologien entwickeln können. „Die Innovationskraft ist hier überlebenswichtig“, so Zetsche. Langfristig ist für den Konzern-Chef ein grundlegendes Umdenken notwendig: „Wir müssen das Auto neu erfinden.“ Ziel sei es letztlich zum emissionsfreien Auto zu kommen, das vollständig elektrisch betrieben wird. Um auf diesem Weg voran zu kommen, investiert die Daimler AG in den nächsten drei Jahren 14 Milliarden Euro. 2010 soll das erste Brennstoffzellen-Auto in Kleinserie produziert werden.

Mit Blick auf den wirtschaftlichen Abschwung wies Werner Eichhorn, Vertriebsleiter Deutschland bei der Volkswagen AG, darauf hin, dass in der Automobilindustrie tiefgreifende strukturelle Veränderungen bereits in den vergangenen Jahren stattgefunden hätten. Die Kaufzurückhaltung vor allem von Privatkunden werde sich im nächsten Jahr noch fortsetzen, ab 2010 erwartet Eichhorn wieder ein moderates Wachstum mit einem Trend zu kleineren Fahrzeugklassen.

Eine hochkarätig besetzte Panel-Diskussion moderierte anschließend IFA-Vize Professor Dr. Stefan Reindl. Sie befasste sich mit der Zukunft des Vertragshandels in der Automobilbranche. Citroën-Vertriebsdirektor Roland Punzengruber forderte gerade für schwierige Zeiten einen besseren Dialog zwischen Händlern und Herstellern.  Stefan N. Quary, Chef der Deutschen Autohandelsholding GmbH, rät den Händlern zu einer weiteren Konsolidierung und zum weiteren Ausbau des bestehenden Markenportfolios. Burkhard Weller, geschäftsführender Gesellschafter des Automobilhandelsunternehmens Wellergruppe, nahm die so von ihm bezeichneten „Renditekiller“ in den Blick. Dazu zählen für Weller vor allem die Margenkürzungen durch die Hersteller, die zu große Zahl von Händlern und die angespannte Kostensituation bei den Händlern.

Den von den meisten Experten bekundeten verhaltenen Optimismus und die Kritik an der Schwarzmalerei vor allem in den Medien wollte sich Robert Rademacher, Direktor des Zentralverbands des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes, nicht ganz zu eigen machen. Sein Fazit: „Es gibt nicht viel, an dem man große Hoffnungen für 2009 festmachen kann.“