„Selbstregulierung ist nicht nur für Kinder wichtig“

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Vonnoh sitzend, Hintergrund Spielplatz

„Entspannte Eltern, entspannte Kinder – der Umgang mit unserer Zeit“, lautete der Titel des Vortrags von Carsten Vonnoh. (Foto: Katharina Kraus)

Vortrag im Studium-generale zum Thema (Väter-)Erziehung

NÜRTINGEN/GEISLINGEN (hfwu). Im Studium-generale der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) sprach der Vätercoach und Familientherapeut Carsten Vonnoh über gelingende Elternschaft. Besonderen Entwicklungsbedarf machte der Familientherapeut auf sechs Themenfeldern aus.

Mit organisiert wurde die online Veranstaltung, an der rund 50 Interessierte teilnahmen, vom Team für Gleichstellungsarbeit an der HfWU. „Gleichstellung nimmt alle in den Fokus, nicht einzelne Gruppen, seien es Frauen oder Männer“, erläuterte Professor Dr. Barbara Wild, die Gleichstellungsbeauftragte der Hochschule, in ihrer Begrüßung. Carsten Vonnoh sieht es ähnlich. Entwicklung sei ein Aspekt, der alle in der Familie betreffe. In seinem Vortrag benannte er sechs Entwicklungsaspekte, denen eine besondere Bedeutung zukomme.

Wichtig sei bei Erziehung und im Familiensystem, die eigene Lebensgeschichte und damit die eigene Prägung mit in den Blick zu nehmen. Die Werte und „Normalitäten“, die man von den Eltern übernommen habe. Ein weiterer Punkt, im Alltag aber oft unterschätzt: „Stress rahmt alles“, so Vonnoh. Wichtig sei, sich dessen überhaupt bewusst zu sein. „Vereinbarkeit ist eine Lüge“, sagt der Vätercoach dem entsprechend. Allein der Dauerstress, eine allgemein spürbare Verunsicherung und allgegenwärtige digitale Ablenkungsmedien würden Rahmenbedingungen schaffen, in denen eine Vereinbarkeit der verschiedenen Bedürfnisse aller Familienmitglieder schlicht unrealistisch sei. Daher komme es darauf an, bewusst Prioritäten zu setzen. Daraus folgt für den zweifachen Vater ein weiterer wichtiger Aspekt, die Selbstfürsorge: Eigene Bedürfnisse und Grenzen achten und sich dafür im Alltag Freiräume schaffen.

Bei all dem schwingen die zugrundeliegenden Erwartungen und Ideale immer mit. Vonnoh regt an, diese auf den Prüfstand zu stellen. Woher kommen diese Maßgaben, sind es die eigenen oder vom Zeitgeist geprägte Trends? Ein weiteres wichtiges Feld ist die vorherrschende Familienatmosphäre. „Die jeweiligen Bedürfnisse sind gar nicht so verschieden“, ist der Coach überzeugt. Grundsätzlich förderlich in der Familie sei ein partnerschaftlicher Umgang jenseits von starren Hierarchien. Mit „Haltung“ benennt Vonnoh ein weiteres Entwicklungsfeld. „Es ist gut, ab und zu die Forscherbrille aufzusetzen, offen zu sein, zu fragen, warum verhält sich das Kind so, wie es sich verhält, was hat das mit meiner Verfassung, mit mir als Vorbild zu tun?“ Dazu gehöre auch, eigene Fehler einzugestehen. So sei emotionale Selbstregulierung zu lernen ein wichtiger Entwicklungsschritt für Kinder – und oft auch noch für Eltern. „Wir sollten von unseren Kindern nicht mehr Selbstregulierung verlangen, als wir bezüglich uns selbst im Stande sind“, so der Vätercoach.