Raus aus der Kostenfalle beim Wohnungsbau

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Der Vorsitzende des Freundeskreises Immobilienwirtschaft der HfWU, Herbert Klingohr (links), vergibt während des Immobilienkongresses Preise an die besten Absolventen des Studienganges Immobilienwirtschaft Peter Gresens und Frank Ganske.

- 17. Immobilienkongress an der HfWU in Geislingen -

NÜRTINGEN (hfwu). „Geislingen Du hast es gut“ könnte man sagen, wenn man Beispiele aus anderen Städten hört, wenn es um bezahlbaren Wohnraum geht. Beim 17. Immobilienkongress des Studienganges Immobilienwirtschaft an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt versuchten Experten Lösungen zu zeigen, wie die Kostenentwicklung beim Wohnungsbau gebremst werden kann.  

Bauträger und Kommunen leiden gemeinsam unter der Situation, dass in Zeiten von niedrigen Zinsen und einem „run“ auf die Städte, das Angebot an bezahlbarem Wohnraum bei weitem nicht die Nachfrage stillen kann. Josef Vogel von der Landesbaugenossenschaft Baden-Württemberg sieht die öffentliche Hand in der Pflicht. Nur die Kommunen könnten bezahlbare Grundstücke zur Verfügung stellen, ohne den Verkaufsgewinn in den Vordergrund zu stellen. Von privaten Eigentümern sei hier nichts zu erwarten. Gleichzeitig mahnte Vogel, dass auch über das Instrument der Grunderwerbssteuern an der Kostenschraube gedreht werden könne. Die Länder seien hier für Kostensteigerungen in den letzten Jahren verantwortlich. Als Vertreter einer Genossenschaft sehe er sich in der Pflicht für bezahlbares Wohnen zu sorgen. Auch in Stuttgart würde sei sein Unternehmen in der Lage, Wohnungen zu einem Quadratmeterpreis von 6,43 Euro anzubieten. Aber: „Auf ein Angebot erreichen uns 500 Anrufe“.  

„Ich will nicht auf die Kommunen eindreschen“ betont Dr. Heike Piaseki von der Münchener bulwiengesa AG. Aber sie konnte durch eine Studie nachweisen, dass Kostensteigerungen häufig durch kommunale Auflagen zustande kämen. Die Summe der Einzellasten sei dabei entscheidend: So kommunizierten häufig die beteiligten Ämter zu wenig miteinander, die Prozesse seien zu aufwendig. Und die Kommunen seien oft personell nicht in der Lage, Vorgaben umzusetzen. Am Ende komme es zu zeitlichen Verzögerungen, einer der Hauptursachen für steigende Kosten. „Dies bezahlen die Käufer und die Mieter“.  

Konkrete Vorschläge, wie schnell bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden kann, kommen von der bayerischen Bauindustrie. Thomas Schmid präsentierte fünf Maßnahmen, bei denen es neben niedrigeren rechtlichen Standards vor allem um industrielle Bauweisen ging. Vorgefertigte Elemente, modulare Baukörper industriell gefertigt sind Lösungen, um der Kostenspirale zu entkommen. Kostensteigerungen von bis zu 39% über die letzten zehn Jahre zeigten den Handlungsdruck. In dieses Horn stieß auch der Esslinger Oberbürgermeister Dr. Jürgen Zieger, für den die Maxime gilt, dass Wohnen bezahlbar bleiben müsse. Von der dramatischen Preisentwicklung, gerade auch in der alten Reichsstadt am Neckar, würden ganze Bevölkerungsgruppen ausgeschlossen. Mit einem Wohnraumkonzept, mit neuen Baugebieten versucht die Stadt gegenzusteuern. Wobei Zeiger betont, dass die Balance wichtig sei: „Wir brauchen auch Gewerbeflächen, ohne Arbeitsplätze verfallen die Städte“. Der Esslinger OB plädiert für verdichtete Städte, kurze Wege und wenig erzwungener Mobilität.  

Dabei ist Bauland überall knapp und nicht reproduzierbar. Reinhold Knodel, Absolvent der HfWU und inzwischen Vorstand eines Bauträgers, versucht aus dieser Not eine Tugend zu machen: Wohnhochhäuser, die er beispielhaft vorstellte, sieht er als einen Lösungsansatz für möglichst viele Wohnungen auf knappem Bauland. Sein Ansatz, Luxus mit Höhe zu verbinden, taugt allerdings nicht für sozialen Wohnungsbau. In der anschließenden Podiumsdiskussion wurde deutlich, dass für funktionierende Städte beides notwendig ist: Sozialer Wohnungsbau und hochpreisiges Bauen. Die Mischung und Balance ist entscheidend, unterschiedliche Lebensformen machten die Qualität von Städten aus.

Gerhard Schmücker Nürtingen, 17.11.2016