Kunst und Gender

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Kai Janik ist als Kunsttherapeut und als Künstler tätig.

- Preisträger des Diversitäts- und Gender-Forschungspreises der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) über den Nutzen der Kunsttherapie im Themenfeld Transsexualität -

NÜRTINGEN (hfwu). Transsexualität ist in verschiedener Hinsicht ein komplexesThemenfeld. In Wissenschaft und Praxis befasst sich damit der Kunsttherapeut Kai Janik. Seine Abschlussarbeit an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) wurde mit dem Preis für herausragende Arbeiten in der Diversitäts- und Genderforschung ausgezeichnet.

Die Sache mit dem Gender-Sternchen ist einfach und kompliziert zugleich. „Es geht nicht darum, in wen man sich verliebt, sondern wer man ist“, bringt es Kai Janik auf den Punkt. Kompliziert wird es, wenn die Thematik überlagert wird von einer generellen Skepsis gegenüber akademischen Diskursen oder staatlichen Regelungen, wie etwa die Einführung der zusätzlichen Geschlechterbezeichnung „divers“ ins Geburtenregister.

Die HfWU vergibt einen Preis für Dissertationen und Abschlussarbeiten in der Diversitäts- und Genderforschung. In diesem Jahr erhielt die Auszeichnung Janik für seine Bachelor-Arbeit mit dem Titel „Transidentität in Kunst und Wissenschaft – Impulse für die Kunsttherapie“.

Der Begriff Transsexualität kommt ursprünglich aus der Medizin, erläutert Janik. Er beschreibt den Konflikt, wenn einer Person aufgrund ihrer biologischen Merkmale ein Geschlecht zugeschrieben wird. Dieses Geschlecht aber zu der Person aufgrund der selbst empfundenen Identität nicht passt. Im Grunde aber gehe es nicht um die Definition von Begriffen, so Janik, der nach dem Bachelor- jetzt an der HfWU im Masterstudiengang Kunsttherapie studiert. Entscheidend sei, zu akzeptieren, wie Menschen sich selbst definieren und bezeichnen.

Nichts gehört wohl so sehr zur Identität wie das geschlechtliche Selbstverständnis. Die Frage „Wer bin ich?“ ist in einer Welt jenseits von traditionellen und kulturellen Zwängen nicht immer leicht zu beantworten. „Dieses Konstrukt ‚Geschlecht‘ gibt Sicherheit. Ähnlich wie Stereotypen erleichtert es den Umgang im Alltag“, erklärt Janik. Dass eine Trans-Identität vor diesem Hintergrund Ängste auslösen kann, verstehe er sehr gut. Dass eine biologisch als Frau geborgene Person sich als Mann begreife, sei schwer zu akzeptieren.

Janik leitet ehrenamtlich eine Gruppe für trans* - und intergeschlechtliche Jugendliche und ist als Angestellter im Beratungs- und Fortbildungsprojekt des Netzwerks LSBTTIQ Baden-Württemberg tätig. „Oft sind Betroffene selbst noch unsicher. Und sobald man sich sprachlich ausdrücken muss wird es oft schwierig. Kunst kann hier neue Räume öffnen. Wenn etwas gestaltet wurde, kann darüber gesprochen werden, neue Impulse und Sichtweisen können sich zeigen“, beschreibt Janik den Beitrag, den die Kunsttherapie im Umgang mit dem Thema leisten kann.

Zweifelsohne habe sich schon viel zum Besseren hin verändert. Aber es bestehe immer die Gefahr der Rückschritte. Bis Transsexualität gänzlich gesellschaftlich anerkannt ist, sei es noch ein langer Weg, sagt der Preisträger. „Wir dürfen nicht nur über trans* Personen reden, wir müssen mit ihnen reden, sie ernstnehmen, sie unterstützen und ihr Wissen und ihre Perspektiven als Bereicherung der Gesellschaft sehen.“