Kinderhochschule: Streiten - und dann?

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Wenn der Richter in der Robe erscheint heißt es „Aufstehen“!

Wenn der Richter in der Robe erscheint heißt es „Aufstehen“!

Einer jüngsten Kinderredakteure der diesjährigen Kinderhochschule der HfWU (Hochschule für Wirtschaft und Umwelt hat für die Vorlesung „Streiten – und dann?“ in die Tasten gegriffen. Gunnar Binder ist zehn Jahre alt und besucht die Rossdorf Schule. Hier ist sein Bericht:
(gb) Zum dritten Mal in diesem Sommer kamen am Donnerstag, den 13.7.06, viele Kinder an die Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Nürtingen, um zu lernen, wie man sich in und nach einem Streit verhält.

Zunächst ging es um die Frage, worüber man im Alltag in Streit geraten kann. Hier wussten die Kinder zahlreiche Beispiele zu nennen: Gegenseitiges Ärgern und Provozieren, jemandem etwas wegnehmen, nicht verlieren können, Streit um den Computer, um die Elterngunst, wer die besseren Noten hat, sich mit Worten und Schlägen weh tun, Eifersucht und vieles mehr. Eigentlich – so Professor Dr. Dieter Weber – könne man über alles streiten. Es habe schon immer Streit gegeben und werde wohl auch immer Streit geben: „Wenn man Geld für’s Streiten kriegen würde, wären alle Menschen reich und glücklich.“
Mit verschiedenen Bildern erklärte Professor Weber die verschiedenen Schritte beim Streiten: Auf dem ersten Bild waren zwei Jungen zu sehen, die an einem Rennwagen zerren. Das zweite Bild zeigte wieder die beiden Rivalen; dieses Mal im Beisein eines älteren Mädchens, das versuchte, den Streit durch Worte zu schlichten.
Auch die „Kinderhochschüler“ kannten das Beispiel, sich ältere Geschwister oder Streitschlichter in der Schule bei Konflikten einschalten. Wenn ein solcher Schlichtungsversuch misslingt, kann nur eine Person helfen, die ein höheres Ansehen hat. Professor Weber zeigte mit dem dritten Bild eine Frau, (vielleicht die Mutter oder Tante der Jungen) die bei den Kindern steht. Sie kann die Rolle eines sogenannten Mediators übernehmen. Meistens ist es aber besser, wenn ein außenstehender Mediator den Streit zu schlichten versucht. Er ist unparteiisch und neutral. So wie zum Beispiel auch der Schiedsrichter bei den Fussballspielen: Die dürfen keine Mannschaft bevorzugen.
Wenn auch die Mediatoren scheitern, bleibt nichts anderes übrig, als zum Richter zu gehen. An dieser Stelle zog Professor Weber seine mitgebrachte Richterrobe an und forderte seine Studenten auf, sich entsprechend zu verhalten. Sehr schnell kapierten alle, dass sie aufstehen sollten. Erst als alle standen, erlaubte der „Richter“ (Professor Weber), dass sich die Kinder wieder setzten. „Die Robe zeigt die Macht des Richters, aber auch seine Neutralität und Unbefangenheit. Wenn ein Richter als Richter handelt, entscheidet er nicht mehr „als Dieter Weber, sondern nur noch als Richter“.
Die erste Aufgabe des Richters ist es, nochmals zu versuchen, dass sich die Streitenden versöhnen („Vergleich“). Wenn dies nicht funktioniert, dann muss er ein Urteil fällen. Dafür gibt es klare Regeln: Die Gesetze und das Recht. Professor Weber zeigte hierzu ein dickes Gesetzbuch. Das Symbol dafür ist die Justitia, die Göttin der Gerechtigkeit. Ihre verbundenen Augen bedeuten nicht, dass sie blind ist, sondern objektiv (neutral). Das Schwert in ihrer Hand zeigt, dass sie jemanden verurteilen kann. In der anderen Hand hält sie eine Waage als Zeichen des Versuches, einen Ausgleich zu schaffen.
Mit dem letzten Bild zeigte Professor Weber schließlich die beiden Jungen: Der eine spielt mit dem Auto, der andere raucht eine Friedenspfeife. Unterschrieben war dieses Bild mit: „Friede, Freude, Eierkuchen. Es geht auch freundschaftlich“. Das heißt: Die beiden haben eine Lösung gefunden. Der eine Junge spielt eine Zeit lang mit der Friedenspfeife, der andere mit dem Auto und umgekehrt.
Seinen jungen Studierenden gab der Professor den Rat mit auf den Weg: ,,Wenn ein Streit anfängt, soll man versuchen, ihn möglichst alleine und schnell zu schlichten. Das ist die beste Möglichkeit!“
Zu Person Professor Dr. Dieter Weber:
Dr. Dieter Weber ist seit sieben Jahren Professor an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen. Zuvor war er zwölf Jahre lang Richter und Staatsanwalt. Am Standort in Geislingen leitet er den Studiengang Wirtschaftsrecht der Hochschule und ist dort als Dekan für die Fakultät Drei zuständig. Im Nebenamt ist der Professor, der Rechtswissenschaften studiert hat, Richter am Landgericht in Ulm. In seiner Freizeit treibt er gerne Sport oder macht Musik in einer Dixieland-Band.
Gunnar Binder, 20.07.2006