Insolvenzprofis an der HfWU

Veröffentlicht am

 5. Geislinger Sanierungs- und Insolvenzrechtstag

GEISLINGEN (hfwu). Es gibt Veranstaltungen an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt, die ziehen die Massen wegen der Namen oder wegen der Sache, um die es geht. Die Geislinger Autoshow gehört dazu. Es geht um der deutschen liebstes Kind und Tausende an Besuchern drängeln sich in der Regel über die Ausstellungsfläche. Und dann gibt es da noch die Termine, zu denen deutlich weniger Besucher kommen. Jene kommen dagegen aus dem ganzen Bundesgebiet, bleiben unter sich, sind aber alle Hochkaräter auf ihrem Gebiet. Der Geislinger Sanierungs- und Insolvenzrechtstag gehört dazu.  

Zum fünften Mal waren rund 170 Besucher der Einladung von Professor Dr. Tobias Huep nach Geislingen gefolgt. Eine kleine aber feine Veranstaltung, die Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer aus allen Teilen der Republik an die HfWU lockt. Wobei, so klein auch wieder nicht, gegenüber dem Vorjahr hat sich die Zahl der Teilnehmer glatt verdoppelt. Die Gäste sind Profis, allesamt Experten auf dem Gebiet der Insolvenzverwaltung. Ein Thema das kompliziert, komplex und für Normalbürger kaum zu durchschauen ist.   

Und doch sind viele davon betroffen: Gerät ein Unternehmen in eine finanzielle Schieflage und droht die Pleite, dann geht es schlicht darum, die Zahlungsfähigkeit wiederherzustellen und die Zukunft des Betriebes zu sichern. Noch deutlicher formuliert: Je nachdem, wie professionell und wie reibungslos eine Insolvenz gemanagt wird, desto weniger Jobs bleiben auf der Strecke. Und darum geht es letztlich: Eine Insolvenz muss nicht das Ende bedeuten. Bei der Geislinger Veranstaltung befassten sich die Experten .auch mit einer Variante des Insolvenzrechts, bei der der Eigentümer eines insolventen Betriebes selbst Herr des Verfahrens bleibt. Übernehmen bei einem drohenden Konkurs in der Regel die Banken oder Insolvenzverwalter das Ruder, bleibt bei der sogenannten „Eigenverwaltung“ der Schuldner selbst für das Verfahren verantwortlich.  

Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Gläubiger werden für die Situation des Unternehmens sensibilisiert, sie bleiben im Boot und ihre Interessen werden weiterhin von den ihnen vertrauten Banken vertreten. „Es gibt keinen Überfall auf die Gläubiger“, verdeutlichte Dr. Holger Leichtle von der Schultze & Braun Rechtanwaltsgesellschaft. Letztlich ist die Eigenverwaltung ein Signal an Lieferanten und Kunden, dass es weitergeht. Daran anknüpfend, stellte Dr. Jochen Brinkmann von der Insolvenzverwaltungsgesellschaft hww die Ergebnisse einer Studie zur „Nachhaltigkeit der Eigenverwaltung“ vor. Die Studie entstand gemeinsam mit der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt. Bei der Frage,  ob es mit der Eigenverwaltung besser gelingt als bisher, ein Unternehmen zu retten, lautet nach einem Ergebnis der Studie die Antwort „ja“.  Allerdings nur wenn man das Verfahren , professionell beraten, frühzeitig anpackt und die dann bestehenden Sanierungsmöglichkeiten konsequent nutzt.  

Konrad Menz von der Kanzlei Derra führte in seinem Vortrag verschiedene Aspekte strafrechtlicher Verantwortlichkeiten im Zusammenhang mit Insolvenzverfahren vor, u.a. die Möglichkeiten, die Staatsanwaltschaft beim Aufspüren und Sichern von Vermögensgegenständen des insolventen Schuldners haben – um so allen Gläubigern zumindest einen Teil ihrer Forderungen zu sichern.  

Tobias Rentschler von der Kanzlei Grub Brugger stellte die anstehende Reform des Insolvenzanfechtungsrechts dar: viele Unternehmen, die als Gläubiger ihres später insolventen Schuldners diesem Stundungen, Ratenzahlungen gewähren, werden vom Insolvenzverwalter mit unliebsamen Überraschungen konfrontiert: sie müssen die erhaltenen Gelder zurückzahlen – hier will der Gesetzgeber gläubigerfreundlichere Regelungen schaffen.

Einblicke in die EDV-Probleme im Krisenfall und wie sie gelöst werden können, lieferte Harald Geisselhardt, Geschäftsführer des NIC Systemhauses: letztlich gilt es auch hier, den Menschen zu sehen, Stärken und Schwächen zu beurteilen und so mit einem neu aufgestellten, verschlankten Team die vielfältigen Probleme in einem überschaubaren Zeitrahmen zu lösen. Dafür bietet sich oftmals ein komplettes „Outsourcing“ der IT eines Unternehmens an.

Abgerundet wurde die Veranstaltung mit einer  Fallstudie von Prof. Dr. Simon, in der um die zentrale Frage bei den meisten Sanierungen geht: soll das Unternehmen an einen Investor verkauft werden und wenn ja, an wen? Die Handlungsmöglichkeiten der Geschäftsführung und der Eigentümer sind in der Krise regelmäßig begrenzt – Prof. Simon hält dennoch wenig von Unternehmensverkäufen zum symbolischen Euro.  

Der Geislinger Sanierungs- und Insolvenzrechtstag ist keine Publikumsveranstaltung. Aber er ist eine exklusive Veranstaltung, zu der sich Fachexperten aus einer Nische treffen, die entscheidend ist für das Überleben vieler, vor allem mittelständischer Betriebe. Die Zahl derer, die sich für die Geislinger Veranstaltung entscheiden steigt, Jahr für Jahr. Das zeigen die Autokennzeichen auf dem Parkplatz. So klein ist er also gar nicht mehr, der Geislinger Sanierungs- und Insolvenzrechtstag. Fein dafür umso mehr.  

Gerhard Schmücker
Nürtingen, den 25.11.2015