Die Wohnungswirtschaft sitzt auf einem Goldschatz

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Foto (HfWU/üke): Daten verlangen einen sensiblen Umgang: (V.l.n.r.) Ralf Kuntschke, Stephan Rohloff, der Moderator der Podiumsdiskussion Prof. Dr. Rebitzer. Prof. Dr. Carsten Lausberg, Patrick Krieger, Hatmut Iller und Maxim Isamuchamedow.

Digitalisierung in der Immobilienbranche - 37. Tag der Immobilie an der HfWU -

GEISLINGEN (hfwu). Big Data, digital lifestyle und Internet der Dinge: Die Digitalisierung ist ein Megatrend, der neben der Privatsphäre auch die Ökonomie durchdringt. Die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft ist die nächste Branche, die darauf wartet, von neuen Internetunternehmen aufgemischt zu werden. Verantwortlich ist die Branche zum Teil selbst dafür: Sie sitzt auf einem wahren Goldschatz an Daten.

Und wer die Daten hat, hat die Macht. Stephan Rohloff, einer der Redner beim 37. Tag der Immobilie an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) weiß wovon er spricht: Als Marketingdirektor der Aareon AG vertritt er ein Unternehmen, das zu den großen IT-Dienstleistern der Branche gehört. Er beschreibt den Nutzen für Mieter, Kunden und die Unternehmen der Branche, den die zunehmende Vernetzung von Gebäuden und Geräten bietet. Längst werden Vermietungen vollständig digital abgewickelt, übernehmen online-Portale Beratungsleistungen und lässt sich die gesamte Versorgungstechnik von Immobilien über Smartphones und Tablets regeln. Der neueste Trend ist „Teilen“, das von Anbietern wie airbnb zum neuen Geschäftsprinzip erhoben wird. Wohnungs- und Immobilienunternehmen sammeln Daten und messen das Verhalten ihrer Kunden. Viele Anbieter von Dienstleistungen und Immobilien wollen heute wissen, was ihre Kunden morgen kaufen wollen. Dazu kommen mobile Anwendungen, die in einer atemberaubenden Geschwindigkeit ganze Branchen verändern. Auch die Immobilienbranche. Und alle die Daten, die dort in den Unternehmen entstehen werden interessant für internationale Unternehmen, die vordergründig nichts mit Wohnen oder Bauen zu tun haben: So ist Google unlängst bei einem Hersteller von Heizungsthermostaten eingestiegen. Für Rohloff ist klar: „Das Silicon Valley streckt die Fühler in die Wohnungswirtschaft aus“.

Das dies kein Zufall ist wird deutlich, wenn Ralf Kuntschke für das amerikanische Unternehmen Yardi Beispiele aus der dortigen Immobilienbranche liefert. Vermietung, Verwaltung und Mangement: Alles läuft digital, mobil und online. Alles was an Daten anfällt wird zu strukturierten Informationen aufbereitet. Und diese liegen vermehrt in sogenannten virtuellen Datenräumen, in denen die Daten zum einen sicher geteilt und sicher gespeichert werden können. Hartmut Iller von der Drooms GmbH sieht kaum eine Alternative zu diesen Technologien. Viele Transaktionen im Immobiliengeschäft werden global und über die Kontinente hinweg getätigt. Unmengen an Dokumentationen und Informationen sind dafür notwendig, „dazu brauchen man einen sicheren Datenraum“.

Trotz des neuen Megatrends „Digitalisierung“, geht damit nicht immer automatisch Innnovation einher. So sieht dies Dr. Carsten Lausberg, Professor am HfWU-Studiengang Immobilienwirtschaft, der sich in einer neuen Studie mit der Digitalisierung von Geschäftsmodellen befasst. Sie sei kein Königsweg hin zu mehr Innovation. Unbestritten sei jedoch, „die Immobilienwirtschaft wird von einer investitionsgetriebenen zu einer informationsgetriebenen Branche“. Dabei spielen auch soziale Netzwerke eine wachsende Rolle. Patrick Krieger, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Immobilienwirtschaftlichen Institut für Informationstechnologie weist nach, dass Facebook, als ein Medium das Kunden und Mieter zusammenbringt, zu einem idealen Instrument der Kundenorientierung taugt. Die wiederum ist laut Maxim Isamuchamedow ein kontinuierlicher Prozess, bei dem neue smarte IT-Lösungen eine zentrale Rolle spielen. Er zeigt in seiner Masterarbeit am Studiengang Immobilienwirtschaft, wie weiterentwickelte digitale Anwendungen die Dienstleistungen von Wohnungsunternehmen verbessern helfen.

Bei aller Euphorie der Referenten, wenn es um weitere digitale Innovationen in der Wohnungswirtschaft geht, wurde in der Podiumsdiskussion dennoch deutlich, dass der goldene Datenschatz vor allem Verantwortung verlangt. So geht es Rohloff darum, IT-Technologien zu nutzen, um Strategien zu erfüllen, „ IT erfüllt keinen Selbstzweck“. Ralf Kuntschke forderte einen sensiblen Umgang mit Daten und Hartmut Iler sieht bei allen Vorteilen der digitalen Technologien die Nutzer in der Verantwortung mit Rechten und Pflichten in Bezug auf Segen und Fluch der Digitalisierung.

Gerhard Schmücker
Nürtingen, 08.07.2015