„Die Schüler sind über sich hinausgewachsen“

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Fotos (A.Saad): Als Gruppe zusammengewachsen. Eine Woche lang entwickelten die Schüler:innen der beiden Gymnasien ihre Ideen für ein besseres Morgen.

Theorie und Praxis: Passend zu ihren Produktideen, mussten die Schüler:innen auch die passenden Prototypen bauen.

- Ideen für eine bessere Welt - Schüler-Projektwoche an der HfWU -

NÜRTINGEN (hfwu). Viele Familien, Lehrer:innen und Schüler:innen selbst können ein Lied davon singen, welche Härten die Corona-Pandemie im Schulalltag brachte. Eine Projektwoche, die während der Ferien an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) stattfand, sorgte zumindest bei 25 Gymnasiast:innen aus Wendlingen und Nürtingen für Abwechslung: In der „Futurebox“, dem Gründercampus der Hochschule, entwickelten sie „Ideen für eine bessere Welt“.   

„Schüler brauchen während Corona mehr und eine andere Unterstützung und vor allem eine zusätzliche Motivation außerhalb der Schule“, beschreibt Petra Notz eine der Herausforderungen der Pandemie. Die Rektorin des Nürtinger Max-Planck Gymnasiums sieht in projekt- und praxisorientierten Formaten den Schlüssel, die pandemiebedingte Lethargie bei vielen Schülern aufzubrechen. Ein Landesprogramm, das Projektwochen für Schüler:innen unterstützt, bot ihr die Möglichkeit, während der Ferien Schülern ein entsprechendes Angebot zu machen. Ihre Kollegin Karin Ecker, Rektorin des Robert-Bosch Gymnasiums in Wendlingen, nahm das Angebot zum Mitmachen gerne an: „Wir sind über alles glücklich, was nicht Corona ist“.

Die Schüler:innen der beiden siebten Klassen befassten sich mit gesellschaftlichen Problemen, von denen sie selbst betroffen sind, und deren Lösung. Probleme, die durch die Pandemie eine zusätzliche Dynamik erhalten hatten. In fünf Gruppen definierten die Schüler:innen der beiden Gymnasien ihre Themenfelder und entwickelten im Anschluss Start-Up Ideen und passende Geschäftsmodelle, um die Problemstellungen zu lösen. Betreut wurden sie dabei neben ihren Lehrer:innen von Professor:innen und Mitarbeiter:innen der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt. Über die HfWU war auch die Stiftung SEEd Social Entrepreneurschip Education an der Projektwoche beteiligt.  SEEd ist ein Programm, das neue Lernmethoden und einen sozialunternehmerischen Ansatz an Schulen bringt. Joy Kehrer, Mitarbeiterin bei SEEd, hatte die Gruppen eine Woche lange betreut und war von der Begeisterung der Schüler:innen und deren Elan beeindruckt: „Trotz der Ferien waren alle voll motiviert und sind vom ersten Tag an zusammengewachsen“.

Professor Dr. Ulrike Berger-Kögler, Dekanin der Fakultät Agrarwirtschaft, Volkswirtschaft und Management, versucht regelmäßig Schulprojekte zu initiieren, um junge Schüler:innen möglichst frühzeitig mit der Hochschule in Kontakt zu bringen. „Als mich Rektorin Notz auf die Projektwoche ansprach, war mir klar, dass die HfWU als Partner mit ins Boot steigt.“ An der HfWU befasst sich das Projekt „Zukunft.Gründen“ unter anderem mit nachhaltigen Existenzgründungen. Ein eigener Gründerspace bietet dafür unter dem Namen „Futurebox“ die notwendigen Flächen und Räume. Dazu hatten sich die Schüler:innen mächtig ins Zeug gelegt. Sie recherchierten ihre Themen, formulierten Geschäftsideen, organisierten Zielgruppenbefragungen, klärten Finanzierungsfragen, entwickelten Marketingmaßnahmen, versuchten die Wirkung ihrer Ideen abzuschätzen und bastelten die entsprechenden Prototypen. Am Ende stand eine Präsentation, ein Pitch, bei der die Siebtklässler ihre Produktideen ihren Eltern, Lehrer:innen und Betreuer:innen präsentierten: In englischer Sprache.  Professor Dr. Christian Arndt, Leiter von „Zukunft.Gründen“, der die Präsentationen moderiert hatte, sieht die Hochschule in der Verantwortung, junge Menschen zu befähigen, Probleme zu bewältigen, die ihnen die Erwachsenengeneration hinterlässt.

„Die Schüler sind über sich hinausgewachsen“, fasst Claudia Hegemann, Mitarbeiterin bei „Zukunft.Gründen“, die Arbeit der Schüler:innen zusammen. Die Produktideen waren so vielseitig wie phantasiereich: Eine Gruppe entwickelte ein Insektenspray, das zum Beispiel Wespen vertreibt: Vegan, organisch und fair gehandelt und dabei natur- und tierschonend. Eine zweite Gruppe plante ein Buchprojekt gegen Rassismus, das auch als Schullektüre dienen soll. Eine mobile „Verkehrsapp“ soll mit Kamera- und Drohnentechnologie Staus vermeiden und unter dem Titel „Buy for Life“ hatten Schüler:innen ein Modell eines „Supermarktes der Zukunft“ entwickelt, bei dem jeder Kauf einen Beitrag leistet, um auch Wohnsitzlose zu versorgen. Mit dem Markennamen „International Defence Community“ zeigte die letzte Schülergruppe einen Schlüsselanhänger, der für Sicherheit bei Mobbing, Stalking, oder bei psychischer, physischer und sexueller Belästigung sorgen soll.

Unter dem Strich war die Projektwoche ein großer Erfolg für alle Seiten. HfWU-Dekanin Berger-Kögler sieht ebenfalls den Gewinn auf beiden Seiten. „Wir wollen frühzeitig Schüler:innen an unsere Hochschule bekommen damit sie sehen, dass sich die Hochschule wissenschaftlich aber auch praxisnah mit Zukunftsthemen, mit ihren Themen, auseinandersetzt“. Die positive Erfahrung zeigt sich auch bei den Schüler:innen. Sie kamen nicht nur, um zu lernen, sondern auch um Spaß zu haben und neue Leute kennenzulernen. „Es war eine super Erfahrung und ich bereue es nicht, mitgemacht zu haben“, sagt eine der Teilnehmerinnen.

 

Nürtingen, den 13.09.2021
Gerhard Schmücker