Die EU-Energieunion: Garant für Versorgungssicherheit

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Foto (hfwu/jk): Volles Haus an der HfWU, die Referenten spannten den Bogen von der EU in Brüssel bis zur lokalen Ebene vor Ort.

- Energietag an der HfWU stellt Konzepte für Energiesicherheit vor -

GEISLINGEN (hfwu). Das Thema Energiesicherheit in der Europäischen Union stand am 12. November im Mittelpunkt des „Geislinger Energietags“. Experten der Europäischen Kommission, des baden-württembergischen Umweltministeriums, der TU Warschau und des AlbWerks diskutierten Strategien, wie Europa sicher mit Strom und Wärme versorgt werden kann.  

Die sichere Versorgung mit Energie ist ein Kernthema der Politik – von Brüssel bis auf die lokale Ebene vor Ort. In Brüssel bereitete die russisch-ukrainische Krise Kopfschmerzen, in Berlin geht es darum, wie die süddeutsche Stromerzeugungskapazität im Rahmen der deutschen Energiewende abgesichert werden können und in Geislingen und anderswo befasst man sich mit den technischen Anforderungen an sichere Stromnetze. Auf dem „6. Geislinger  Energietag“ der HfWU spiegelten sich die Perspektiven der Akteure auf europäischer, nationaler, regionaler und lokaler Ebene, wenn es um sichere Energieversorgung geht. Der Tag wurde vom Europe Direct Informationszentrum Stuttgart (Dr. Stefanie Woite-Wehle) und dem Studiengang Ressourcen- und Energiemanagement (Prof. Dr. Marc Ringel) veranstaltet.  

Dr. Ruben Kubiak (Europäische Kommission, Generaldirektion Energie) forderte, dass die Energiepolitik stärker europäisch koordiniert werden müsse. So bestätigen aktuelle Studien der Internationalen Energieagentur eine zunehmende Konkurrenz bei der globalen Nutzung von Energieressourcen, die speziell für Energieimporteure wie die EU klare wirtschaftliche Nachteile mit sich bringe. Aktuell zahle die EU täglich über eine Milliarde Euro für Energieimporte. Die Europäische Energieunion könne mit ihren Arbeitsfeldern den globalen Herausforderungen angemessen begegnen. Die Europäische Kommission plane Energieprojekte finanziell zu fördern, die Energienachfrage zu senken und die Energieeffizienz zu steigern. So ließen sich die Importe senken und die Verbraucher profitieren, indem die Energieausgaben stabil bleiben und mittelfristig gesenkt werden könnten.

Ministerialdirigent Karl Greißing, vom baden-württembergischen Umweltministerium beschrieb die Ziele der Landesregierung, für die Energieeffizienz und der Ausbau erneuerbarer Energien von herausragender Bedeutung seien. Mit dem EWärmeG von 2015 wurden gegenüber den Vorgaben des Bundes erhöhte Anforderungen eingeführt, um regenerative Energien auch im Gebäudebestand einzuführen. Das Förderprogramm KEFF (Kompetenzstellen des Netzwerks Energieeffizienz) sei aktuell dabei, zwölf regionale Standorte aufzubauen, um Unternehmen bei der Erschließung von Energieeffizienzpotentialen zu unterstützen. Trotz weiterer erforderlicher Schritte beim Netzausbau zog Greißing das Fazit, dass die Energiewende in Baden-Württemberg auf gutem Weg sei, auch in Bezug auf günstige Preise und sicherer Versorgung. Die Energiewende biete Chancen bei der Wertschöpfung vor Ort, für lokale Arbeitsplätze und Innovationen.  

Die polnische Perspektive auf das Thema „Versorgungssicherheit“ präsentierte Dr. Tadeusz Skoczkowski, Professor Rationelle Energienutzung an der Technischen Universität Warschau und Vertreter der polnischen Regierung in zahlreichen internationalen Gremien. Das Thema Energiesicherheit müsse auf der Basis verlässlicher Zahlen analysiert werden. Die Haltung der polnischen Regierung in zentralen Fragen der Energie- und Klimaschutzpolitik lasse sich auf der Basis der national zur Verfügung stehenden Energieträger – vorwiegend fossiler Art – erklären. Auch die polnische Energiepolitik mache Fortschritte bei der CO2-Reduzierung, diese könnten aber auf Grundlage der weitgehend fossilen Erzeugungskapazitäten nicht ähnliche Erfolge wie Deutschland aufweisen. Ganz entgegen der hiesigen öffentlichen Wahrnehmung belegten andererseits internationale Studien, dass  Deutschland weltweit der größte Anbieter von fossilen Kraftwerkstechnologien sei, was in den Jahren 2007-2013 mit Staatsbürgschaften von rund fünf Milliarden Euro gefördert wurde. Für die künftige Sicherung der Energieversorgung stimme die polnische Position im Wesentlichen mit den Zielen der EU Energieunion überein. National spielen aber weiterhin Kohle und die Option Kernenergie eine große Rolle.  

Dipl.-Ing. Hubert Maier, Bereichsleiter Netze und techn. Prokurist des AlbWerks sowie Geschäftsführer der AlbWerk-Wasserkraftgesellschaft erklärte die Rolle lokaler Energieunternehmen für die Versorgungssicherheit. Mit der  Energiewende stehen die Netzbetreiber vor neuen Aufgaben und Herausforderungen. Verlässliche konventionelle Kraftwerke werden zunehmend von volatilen und witterungsabhängigen dezentralen Anlagen abgelöst. Der Netzbetrieb werde komplexer und der damit verbundene Aufwand steigt. Aufgrund der gestiegenen Einspeisung von Strom direkt in die lokalen Verteilnetze müssten die Netzbetreiber nunmehr auch Aufgaben zur Systemverantwortung wahrnehmen und Vorkehrungen treffen, um einen unkontrollierten und großflächigen Stromausfall zu vermeiden. Dies sei beim Netzbetrieb des AlbWerks gut gelungen, wie die Statistik der Versorgungsunterbrechungen im Vergleich mit dem bundesdeutschen Durchschnitt zeige. Der Gesetzgeber müsse neben dem Netzausbau auch die Ausgestaltung des Strommarktdesigns und die Rolle von Stromspeichern zur Sicherstellung der Netzstabilität im Blick haben .

Der „Geislinger Energietag“ wird vom HfWU-Studiengang Energie- und Ressourcenmanagement (ERM) organisiert über den ERM-Verein auch von Studierenden unterstützt.  

Nürtingen, den 16.11.2015