Das Auto bleibt, aber anders – IfA-Kongress 2019

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Der Daimler-Vorstandsvorsitzende Ola Källenius und IfA-Chef Prof. Dr. Stefan Reindl (rechts).

Mehr als 600 Branchenvertreter kamen zum IfA-Kongress nach Nürtingen.

- Automobilgipfel in Nürtingen, Hauptredner Daimler-Chef Källenius -

NÜRTINGEN (hfwu). Das Institut für Automobil-wirtschaft (IfA) der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) lud zum Branchengipfel nach Nürtingen. Im Mittelpunkt des Kongresses stand die Frage: Sind die Autobauer in Zeiten fundamentaler Umbrüche auf dem richtigen Weg in die Zukunft?

Die Herausforderungen, die sich mit der Elektromobilität und der Digitalisierung aktuell der Automobilwirtschaft stellen, sind bekannt. „Geben wir die richtigen Antworten?“, so die Frage von Stefan Reindl an die Branchenvertreter in der vollbesetzten Nürtinger Stadthalle. „Die Zukunft ist jetzt“, lautete das Motto des 20. Kongresses des Instituts für Automobilwirtschaft (IfA). Dieselskandal, schwächelnde Auslandsmärkte, Brexit, US-Handelsstreitigkeiten und nicht zuletzt die Klimadebatte und die damit verbundene Autoskepsis, das ist der Jetzt-Zustand, so IfA-Chef Reindl.

Ein Drittel weniger Autos in den Städten, doppelt so viel Nahverkehr, ein Drittel aller Fahrzeuge fährt klimaneutral, ein Drittel aller Güter wird klimaneutral transportiert, das ist die Zukunft. Jedenfalls die Zukunft, wie sie die Landesregierung sieht. Bis 2030 sollen diese Ziele umgesetzt sein, erklärte Christoph Erdmenger, Experte für nachhaltige Mobilität im Verkehrsministerium. Er stellte aber auch klar: „Das Auto wird ein zentrales, auf dem Land das wichtigste Verkehrsmittel bleiben.“ Die Elektromobilität sei für die Landesregierung ein zentrales Thema. Damit sei aber keineswegs die Entscheidung für eine bestimmte Technologie getroffen, weder bezüglich einer Antriebs- noch bezüglich einer Kraftstoffart. Derzeit arbeite die Landesregierung daran, eine flächendeckende Ladeinfrastruktur aufzubauen. Zudem soll eine zentrale Mobilitätsdatenbank entstehen. Dort sollen die an vielen Stellen gesammelten Daten zusammengeführt und Unternehmen wie Kommunen für die weitere Verwertung zur Verfügung gestellt werden. Grundsätzlich muss es für Erdmenger zweigleisig in die Zukunft gehen, automobil und mit alternativen Mobilitätskonzepten: „Die Zeit des Entweder-Oder ist vorbei. Wir brauchen das Sowohl-als-auch.“

Dies gilt auch für die Daimler AG. Die Umstellung auf Elektroantriebe soll in den kommenden Jahren mit Hochdruck vor allem im Pkw-Segment vorangetrieben werden. Gleichzeitig bleibe man eng verbunden mit den Entwicklern der Brennstoffzelle und synthetischer Kraftstoffe. Dies sagte der Daimler-Vorstandsvorsitzende Ola Källenius. Bis 2039 solle die komplette Daimler-Flotte klimaneutral sein. Bereits 2022 würden die Daimler-Werke in Europa CO2-frei produzieren. Mit Blick auf die CO2-Reduktion sieht Källenius alle in der Pflicht, auch die Stromproduzenten und Zulieferer. Für letztere werde die CO2-Bilanz zu einem Vergabekriterium für Aufträge. In der Digitalisierung sieht der Daimler-Chef „eine riesen Chance und Einnahmequelle". So liege etwa in der Ausstattung der Fahrzeuge mit digitalen Diensten noch ein sehr großes Potenzial. Datensicherheit sei hierbei ein zentrales Thema. Für die Kunden müsse es hier weitestgehende Transparenz geben. Und auch beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz habe sich das Unternehmen stringente Regeln gegeben. Die Debatte um das autonome Fahren sieht Källenius nach hochfliegenden Visionen in der Realität angekommen. Nie habe es eine komplexere technologische Herausforderung gegeben. Das völlig autonome Fahren lasse noch auf sich warten. Die nächsten Schritte bestünden darin, Assistenzsysteme zu entwickeln, die mehr Autonomie in einzelnen Bereichen des Fahrens ermöglichen.

Der Jetzt-Zustand der Branche, so der Befund von Källenius, erfordere nichts weniger als die Neuerfindung des Autos. Die Zukunft indes ist für ihn klar: „Selbstbestimmung, Freiheit, Wirtschaftswachstum und individuelle Mobilität sind extrem wertvolle Güter – die sollten wir nicht abschaffen. Was wir machen sollten, ist all das nachhaltig gestalten.“