NÜRTINGEN (hfwu). An der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) fand zum zweiten Mal eine Bienenkonferenz statt. Die Veranstaltung auf dem Lehr- und Versuchsbetrieb der Hochschule in Tachenhausen dient dem Wissenstransfer und Austausch zwischen Schülern, Wissenschaft und Praktikern. Im Fokus standen die Wildbienen.
Gehörnte Mauerbiene, Gemeine Pelzbiene, Waldschenkelbiene, Buckelseidenbiene, Zwergblutbiene, Stumpfzähnige Zottelbiene. Die Liste ließe sich noch weiter fortsetzen, sehr viel weiter. In Deutschland sind rund 600 verschiedene Wildbienenarten und 40 Hummelarten bekannt. Das erfuhren die Schülerinnen und Schüler auf der HfWU-Bienenkonferenz auf dem Hofgut Tachenhausen bei Nürtingen.
Michael Glück von der Landesanstalt für Bienenkunde an der Uni Hohenheim eröffnete mit seinem Vortrag „Faszination Wildbienen – ungeahnte Vielfalt“ die Konferenz. Sein Kollege Leland Gehlen steuerte praktische Tipps bei, wie die Lebensbedingungen von Wildbienen verbessert werden können. Bienenhotels, die käuflichen zumal oft wenig artgerecht, spielen hier eine untergeordnete Rolle. „Drei Viertel aller Wildbienen nisten im Boden“, so Gehlen. Generell seien nur 30 der 600 bekannten Arten potenzielle Hotelgäste.
Rund 70 Schülerinnen und Schüler von zehn Schulen aus der Region und darüber hinaus waren zu der ganztägigen Veranstaltung gekommen. Zudem Experten aus Forschung und Wissenschaft, Praktiker und Aussteller. Auch die Schüler selbst brachten ihre Expertise ein. So etwa Schüler vom Friedrich-Schiller-Gymnasium in Marbach ihre Erfahrungen beim Anlegen eines Wildbienengartens.
Auch die zweite Auflage der Bienenkonferenz an der HfWU stieß auf großes Interesse. An Schulen wird das Thema Biene in vielen Formaten aufgegriffen: In Bienen-, Umwelt- und Nachhaltigkeit-AGs, im Biologieunterricht und Seminaren. Mit Blick auf die Jüngeren bot das Programm neben den Fachvorträgen etliche Mitmachangebote. Nisthilfen für Ohrkneifer (Insektengattung der Ohrwürmer) wurden gebaut, am Mikroskop Brutwaben ausgezählt und in Flaschengärtnen torffrei gegärtnert. Auf dem Markt der Möglichkeiten mit Praktikern und Ausstellern ging es unter anderem um den Einsatz von KI gegen das Insektensterben und die invasive Asiatische Hornisse, unter dem Binokular konnten Insekten bestimmt und beim Honigsommelier Honig verkostet werden.
Ein wichtiger Aspekt der Bienenkonferenz ist das Netzwerken. Zwischen den Schülerinnen und Schülern, vor allem aber auch zwischen den verschiedenen Institutionen und den Imkerinnen und Imkern. Dafür bot ein „Get-together“ mit Dr. Eva Frey, Fachberaterin für Imkerei im Regierungsbezirk Tübingen, Gelegenheit.
Der Faszination der Wildbienen konnte sich schließlich wohl kaum einer der Konferenzteilnehmer entziehen. Sie ergibt sich nicht nur durch die unzähligen Arten. Auch die verschiedenen Nistweisen sind verblüffend, ob tief im Boden, an Steilhängen oder in Schneckenhäusern. Gleiches gilt für das Sozialverhalten der Insekten. Manche leben solitär, andere in WGs, wieder andere schmuggeln sich in fremde Nester.
Ihre Spezialisierung macht sie aber auch anfällig für Veränderungen im Ökosystem. Mehr als die Hälfte der heimischen Wildbienen steht auf der Roten Liste – sie sind bestandsgefährdet oder schon ausgestorben, wie Leland Gehlen berichtete. „Der negative Trend hält an“, so der Experte, „aber jeder kann etwas tun, um den Lebensraum der Wildbienen zu verbessern“. Dazu gehöre geeignete Nisthabitate zu erhalten und anzulegen und für ein gutes Nahrungsangebot zu sorgen. Im eigenen Garten etwa mit naturbelassenen Ecken und dem Verzicht auf Pestizide.