Wege aus der Medienkrise - Product Placement Kongress

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NÜRTINGEN (ur) Bis Mitte nächsten Jahres kann Deutschland eine EU-Richtlinie umsetzen, die Product Placement im Fernsehen liberalisiert, verdeckte Schleichwerbung aber weiterhin verbietet. Medienunternehmen, Werbefachleute und Juristen diskutierten jetzt im Stuttgarter Haus der Wirtschaft die neuen Rahmenbedingungen des „Branded Entertainment“.

Mit der Umsetzung einer EU-Richtlinie wird sich im nächsten Jahr voraussichtlich eine Veränderung der Werbung in Medienformaten ergeben. Werbeexperten und Medienunternehmen befassten sich auf dem von der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) mitveranstalteten „6. Product Placement Kongress“ unter dem Titel „Branded Entertainment& IPTV“ mit den damit entstehenden neuen Möglichkeiten. 

Den Ausführungen von Stephan Leitgeb, Münchner Rechtsanwalt für Werberecht, zufolge, wird künftig Werbung in Fernsehfilmen und -serien, Programmen der leichten Unterhaltung und Sportsendungen für alles außer Tabakerzeugnisse und Arzneimittel erlaubt sein. Voraussetzung dafür ist, dass am Anfang und am Ende der Sendung auf die Werbung hingewiesen wird. Wie Produktplatzierungen oder „Branded Entertainment“ dann aussehen können, zeigte Oliver Janik, Geschäftsführer der Berliner Werbeagentur DDB Entertainment, am Beispiel des VW Touareg und des Golf V. Um die Autos in Hollywoodfilmen unterzubringen, arbeiten Agenturen schon beim Entstehungsprozess mit den Filmstudios zusammen. Drehbücher und Szenen werden so gestaltet, dass ein Auto möglichst gut in die Handlung integriert ist.

Durch das Internet und die Digitalisierung der Medien entstehen neue Mediennutzungsverhaltensweisen, vor allem bei Jugendlichen. Kurzfilme im Internet sind dadurch inzwischen ebenfalls als Werbemittel im Einsatz. Unter dem Fachbegriff „virales Marketing“ steht diese neue Kommunikationsform, die von Dominik Kuhn, Macher des Kultfilms „Todesstern Stuttgart“, umfassend und unterhaltend dargelegt wurde.

Frank Zazza, CEO der Firma iTVX aus New York, zeigte auf, wie in den USA der Erfolg von Product Placement gemessen wird. Anhand des Kinofilms „Sex and the City“ stellte er in Stuttgart erstmals und exklusiv am Beispiel Mercedes-Benz vor, welchen monetären Wert dieses Placement nach der iTVX-Metrik erreicht hat.

Für eine der großen privaten Medienanstalten legte Heiko Zysk, stellvertretender Leiter der Medienpolitik bei ProSiebenSat.1, dar, wie aus deren Sicht die Zukunft dieser Werbeform aussehen kann. Am Beispiel von „Germany’s next Top-Model“ stellte er unter anderem vor, welche Lizenzen und Werberechte ein Sender vermarkten kann.

Wie ein Produkt es schaffen kann in den überaus erfolgreichen Kinofilmen „James Bond“ eine Rolle zu bekommen, darüber referierte Sören Jungclaus, Leiter Design bei der Hadi Teherani AG. Dort wurde für die Firma Interstuhl eine Büro- und Konferenzstuhllinie namens „Silver“ entworfen, die mit großem Erfolg auf den Markt gebracht wurde. Dabei spielte in der Marketingstrategie auch das Thema Product Placement eine wesentliche Rolle. Als absoluter Höhepunkt dieser Maßnahmen steht nun die Ausstattung eines Motivs im neuen James-Bond-Film „Ein Quantum Trost“, in dem das Büro der von Judi Dench gespielten Geheimdienstchefin „M“ komplett mit den „Silver“-Möbeln gestaltet wurde. 

Bedenken wegen einer weiter zunehmenden Kommerzialisierung des Fernsehens durch die Produktplatzierungen hat Ministerialrätin Monika Mundkowsi-Bek vom Wirtschaftsministerium in der von Professor Dr. Iris Ramme geleiteten Podiumsdiskussion nicht. Marken seien schon heute überall im Alltag präsent. Product Placement in Filmen sei daher ein Teil von „lebensnahem Fernsehen“.