„Was wir kaputt machen, kann kein Tourismusmagnet werden"

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Patricia Alberth sprach an der HfWU zum Thema „Welterbe als Tourismusmagnet“.

- Studium generale, Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU), Abschluss Vortragsreihe zu Welterbe, 7.11. Nürtingen -

NÜRTINGEN. (hfwu) Die Leiterin des Zentrums Welterbe Bamberg hat einen Vortrag mit dem Titel „Erhalt und Erlebnis – Welterbe als Tourismusmagnet“ an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) gehalten.

Fachlich versiert und anschaulich hat die öffentliche Vortragsreihe „UNESCO-Welterbe – die Herausforderungen des Bewahrens“ an der HfWU ihren Abschluss gefunden. Im Rahmen des Studiums generale hatten im Laufe der vergangenen Wochen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus ganz Deutschland über ihren Fachbereich zum Thema Welterbe referiert, angefangen beim Chorsingen als immaterielles Kulturgut bis hin zum Umgang mit geologischem Erbe. Patricia Alberth fasste bei der Abschlussveranstaltung am Standort der Hochschule in Geislingen nicht nur die wichtigsten Punkte zusammen, sondern setzte auch eigene Akzente bei den Themen Management und Vermittlung von Welterbe.

„UNESCO Welterbe ist ein Instrument der Völkerverständigung und der internationalen Zusammenarbeit“, so der Appell der Expertin. Es bringe zwar Touristen und damit Einnahmen, aber sei nicht nur dafür da. Der Schutz der Güter mit außergewöhnlichem universellem Wert müsse im Vordergrund stehen. „Was wir heute kaputt machen, kann kein Tourismusmagnet werden oder bleiben.“ Alberth hat einen Master in Welterbe-Studien absolviert und leitet seit 2013 das Zentrum Welterbe Bamberg. Als Kennerin der Szene plädierte sie dafür, den Kenntnisstand in der Öffentlichkeit zu erhöhen und mehr Aufklärungsarbeit zu leisten: Wo liegen die Unterschiede zwischen Kultur- und Naturerbe? Warum sind die Stätten schützenswert?

Bamberg ist ein besonderer Fall, da dort Kultur- und Naturerbe zusammentreffen: Die Gärtnerstadt mit ihren alten, innerstädtischen Anbauflächen macht dieses nicht einzigartige aber doch seltene Zusammenspiel möglich. Doch an diesen Schnittstellen liegen auch Herausforderungen. Die Gärten können aufgrund ihrer Lage heute nur noch schwer genutzt werden. Die Frage eines Zuhörers beim Vortrag am vergangenen Dienstag zielte darauf ab, ob in diesem Fall nicht eine Zusammenarbeit mit neuen Strukturen möglich wäre. Eine Option wäre etwa das Prinzip der Solidarischen Landwirtschaft, bei der Laien, häufig junge Menschen aus der Stadt, Anbauflächen gemeinsam zur Selbstversorgung bewirtschaften. Laut Alberth gibt es bereits gute Kooperationen mit jungen, studentischen Gruppen in Bamberg, etwa im musikalischen Bereich. Aber gerade beim Thema Gärten zeige sich: Die Positionen der Menschen liegen oft auseinander. Es sei schwer, die professionellen und die Laiengärtner an einen Tisch zu bringen.

Auch beim Thema lokale Bevölkerung und Massentourismus gebe es Konfliktpotenzial. „Wenn langsame Pulks aus Menschen mit Kopfhörern in den Ohren jeden Tag die enge Gasse und damit den Arbeitsweg verstopfen, kann das die Menschen vor Ort stören“, so Alberth. Deshalb setzt sie auf Vermittlung und Ausgleich: Die Reduzierung von Gruppengrößen, kostenlose Führungen für Einheimische und vieles mehr. Zudem hat das Zentrum Welterbe Bamberg gemeinsam mit der Landeszentrale für politische Bildung Unterrichtsmaterialien und Lehrerfortbildungen organisiert. Momentan entsteht ein Besucherzentrum mit innovativen und abwechslungsreichen Lernmethoden. Im kommenden Jahr feiert das UNESCO-Welterbe „Altstadt von Bamberg“ sein 25-jähriges Bestehen.

Alberth zeigte in ihrem Vortrag am Beispiel von Bamberg, wie viel durch den Welterbe-Titel möglich ist: Mehr Prestige, mehr Fördergelder, Attraktivitätssteigerung des Wirtschaftsstandortes. Dabei hat es die Expertin nicht nötig, Konfliktpotenzial unter den Teppich zu kehren, sondern sieht vor allem Herausforderungen und Chancen durch die Abstimmung und den Fachaustausch mit der UNESCO. So entstand ein gelungener, klarer Vortrag, der die HfWU-Reihe zum Welterbe rund machte.

Das Studium generale geht am Freitagvormittag, 10. November, weiter. Das Thema des Workshops der Koordinationsstelle Wirtschaft und Umwelt der HfWU trägt den Titel: „Wer macht sich aus dem Staub? Ein Blick auf Ungleichheiten, Marginalisierungen und andere Schieflagen“. Detaillierte Informationen und das komplette Studium generale-Programm der HfWU finden sich unter www.hfwu.de/studium-generale .

Laura Schlegel