Unternehmen als Kunstprojekt

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- Künstler referiert vor BWL-Studenten -

NÜRTINGEN (hfwu). Die meisten Unternehmen werden gegründet, um Gewinn zu machen. Manche haben auch das Ziel, Arbeitsplätze zu schaffen.  Erfinder gründen ein Unternehmen mitunter, um ihre Erfindung weltweit zu verbreiten. Aber ein Unternehmen als Kunstprojekt ist nicht alltäglich. Genau das macht Robert Huber, Künstler und Kunstwissenschaftler aus Berlin, der vor Studierenden an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) referierte.

Das war neu für die Studenten des Masterstudiengangs International Finance: Robert Hubers stellte sein Kunstprojekt „PaintSyndicate“ vor. Huber ist ein schwäbischer Künstler, der in Berlin lebt und arbeitet. Er war zu Gast in der Vorlesung „Intercultural Management“ von Professor Dr. Carsten Herbes. Für das Projekt hat der Künstler das Prinzip des Plattenlabels auf das Medium Gemälde übertragen. So entwirft er unter anderem Bilder, für die er Werke von Nazi-Künstlern mit Elementen aus chinesischen Propaganda-Postern verfremdet. Die von ihm und anderen Künstlern entworfenen Bilder lässt Huber dann in Dafen in der Provinz Shenzhen von chinesischen Malern als Ölbilder herstellen. Die Werke importiert er wieder nach Europa und verkauft sie hier. Huber bringt es auf den Punkt: „Faschistische Kunst wird unter den Gesetzen des globalen Marktes unter der Marke PaintSyndicate im 'kommunistischen' China produziert und dann im europäischen Kunstmarkt platziert.“  Zu den Motiven ergänzt Huber: „Die von uns produzierten Serien setzen sich allesamt kritisch mit Themen wie Nationalstaatlichkeit, Globalisierung, kulturelle Identität auseinander.“

Das Projekt stellt die Vorstellungen von Kunst gleich mehrfach in Frage: Muss ein Künstler nicht den gesamten „Produktionsprozess“ von der Idee bis zur Umsetzung selbst durchführen? Sind die Paint-Syndicate-Bilder überhaupt ein „Original“? Ist das Kunst? Aber nicht nur diese Fragen trieben die anwesenden Studierenden um. Gefragt wurde auch nach Auftragsarbeiten von Kunden und nach den Arbeitsbedingungen der chinesischen Künstler. Professor Herbes gibt zumindest eine Antwort darauf, was Kunst in einer BWL-Vorlesung zu suchen hat: „Im interkulturellen Management geht es darum, unterschiedliche Perspektiven einnehmen zu können. Der Vortrag von Robert Huber hat uns einen Anstoß gegeben, Unternehmen nicht nur als Wirtschaftssubjekte zu begreifen.“

Robert Huber, geboren 1975, lebt und arbeitet in Berlin. Der gelernte Steinmetz hat an der University of Ulster (Nordirland) in Kunstwissenschaften promoviert, in seiner Dissertation hat er die Bedeutung von Organisationsformaten als bildhauerische Form untersucht. Seine Werke und Projekte waren unter anderem auf der Biennale für zeitgenössische Kunst in Moskau zu sehen. www.paintsyndicate.com.

Gerhard Schmücker

Nürtingen, 05.02.2013