Tourismus klappt nur gemeinsam

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Der Gast aus Berlin und die Vertreter der Hochschule: Rektor Professor Dr. Werner Ziegler, Staatssekretär Ernst Burgbacher, HfWU Dozent Michael Steinbach und Studiendekan Professor Dr. Horst Blumenstock.

GEISLINGEN. (üke) Fast drei Millionen Jobs hängen in Deutschland an der Reisebranche. Selbst im Autoland Baden-Württemberg hat der Tourismus, gemessen an den Arbeitsplätzen, eine größere Bedeutung als der Automobil- und Maschinenbau. Und selbst in der größten Krise hat sich die Tourismusbranche als relativ resis-tent gezeigt. Gemessen daran ist das politische Gewicht dieses Wirtschaftszweiges eher be-scheiden.

Ernst Burgbacher will dies ändern. Als Staatsekretär im Berliner Wirtschaftsministerium und als oberster Tourismusexperte der Bundesregierung kennt er das Grundproblem: „Der Tourismus wird in seiner Dimension verkannt“. Die Tourismuspolitik der Regierung soll hier gegensteuern. Die zu erklären, besuchte Burbacher den Studiengang Gesundheits- und Tourismusmanagement an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Geislingen.

Die Bundespolitik will deutschen Touristikunternehmen gleiche Marktchancen in Europa verschaffen. Die reduzierte Mehrwertsteuer für Hotelbetriebe, für die Burgbacher vehement eintritt, war ein solcher Schritt. Bis heute kassiert der FDP-Experte dafür mediale Prügel. Warum versteht er selbst nicht: „Mit der Abwrackprämie wurde ebenfalls eine Branche gefördert. Aber vergleichbare Häme, Spott und Kritik gab es dort nicht“. Dabei will Burgbacher nur gleiche Verhältnisse: „Egal ob Frankreich, Österreich oder die Schweiz – überall liegen die Steuersätze bei den Übernachtungen niedriger als in Deutschland“. Dies gefährdet die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Hoteliers. Viele Investitionen blieben aus, auch im Service, worunter die Qualität leide. Das Preis-Leistungsverhältnis sei heute in Österreich schon besser als in Bayern: „Die können dort schon nicht mehr mithalten“.

Deutschland, dies gab Burgbacher den Studierenden mit auf den Weg, sei heute weltweit die Nummer Eins im Messe- und Konferenztourismus. Damit dies so bleibt aber auch andere Zielgruppe gewonnen werden können, müsse die Branche innovativ und qualitätsbewusst sein. Dazu mangelt es laut Burgbacher oft am professionellen Marketing. Gerade auch in den Regionen Süddeutschlands herrsche hier oft Kirchturmdenken. Klein-Klein statt gezielter Vermarktung ganzer Tourismusregionen. Ein Problem ist dabei auch der Föderalismus. Schon der Versuch, die Sommerferien in den 16 deutschen Ländern über einen möglichst langen Zeitraum zu verteilen, scheitert an den Länderinteressen. Genau hier jedoch setzt die Politik des Bundes an: Länderinteressen zu bündeln und die Regionen in ihren Tourismusaktivitäten zu unterstützen.

Nürtingen, 01.06.2010

Gerhard Schmücker