Strukturwandel birgt Chancen

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- Immobilienkongress an der Hochschule Nürtingen – Signal zum Aufbruch –
GEISLINGEN. (üke) Was ist nun besser, die Stimmung oder die Lage? Die Antwort lautet: Beides! Trotzdem auch die Immobileinwirtschaft durch Konjunktur, Nachfrageschwäche und Bevölkerungsentwicklung schwer gebeutelt ist, war der Immobilienkongress an der Hochschule Nürtingen ein Ort des Aufbruchs. Die vielen Manager aus dem ganzen Bundesgebiet zeigten vor allem eines: Handlungswillen und Kompetenz. Die Botschaft war klar und deutlich: Der Strukturwandel in der Immobilienwirtschaft bietet Chancen zur Neuorientierung. Für dieses Thema hatte Studiengangleiter Hansjörg Bach Experten geladen, die alle Bereiche der Immobilienwirtschaft abdeckten.

Vor allem die Studierenden des Studienganges Immobilienwirtschaft verfolgten als Betroffene genau, wie den die Profis der Branche die Zukunft sehen. Jürgen Ehrlich, langgedienter Immobilienmanager und Vorstand der Deutschen Immobilien Fond AG entwickelte für das heutige Szenario eine neue Immobilienformel, in der die Wertentwicklung und die Nachhaltigkeit im Vordergrund stehen. Letzteres vor allem in bezug auf die Nutzer. Immobilien besitzen für Ehrlich einen humanen Wert, den er auf die Aussage verkürzt „Wenn Du ein Haus baust, denke an die Menschen“. Wenn sich darauf die Immobilienwirtschaft konzentriere, sieht Fröhlich neue Zukunftsfelder. Die neue Arbeitswelt beschäftigt „die Hälfte der Mitarbeiter, die doppelt so viel verdient und dafür drei mal soviel leisten muss wie früher“. Stress ist die Vokabel, die dafür sorgt, dass die psychosoziale Gesundheit zum Wachstumsfaktor wird. Aus diesem Grund ist eine Immobilie nicht nur ein Finanzprodukt sondern es geht um die „menschliche Immobilie“ mit ihrem emotionalen Faktor.
Die Studierenden konnten hören, dass deutsches Fachwissen ein wichtiges Exportgut sei und im Ausland gefragt ist. Zum Beispiel in Dubai. Dort ist der Immobilienmarkt am Explodieren, in einer Stadt, deren Bevölkerung sich in den nächsten sechs Jahren verdoppelt, deren Fläche sich in dieser Zeit verdreifachen wird und in der derzeit am höchsten Gebäude der Welt gebaut wird. Christof Birkhofer ist in Dubai als Marketing & Research Director für das Unternehmen Engel & Völkers bei der Vermarktung von Immobilien tätig. Ein exotischer Job, der allerdings auf den zweiten Blick sehr bodenständig wird: Birkhofer ist noch immer Student, der in Geislingen im Studiengang Immobilienwirtschaft eingeschrieben ist und nächstes Jahr Examen machen wird. Sehr zum Wohl anderer Geislinger Studierenden, die über Birkhofer in Dubai zu Praktikantenplätzen gekommen sind.
Voll des Lobes über Geislinger Absolventen ist auch Andreas Lehner. In seinem Unternehmen der Deutschen Wohnen AG, sind ebenfalls Absolventen des Studienganges beschäftigt. Und Lehner lenkte den Blick zurück auf den heimischen Markt, in dem rund drei Billionen Euro in Wohngebäuden gebunden sind. Das ist rund die Hälfte des deutschen Immobilienvermögens, was Lehner zu wenig gewürdigt sieht und ins Blickfeld der Studierenden rücken wollte. Der Wohnungsmarkt ist mit vielen Problemen konfrontiert, wie andere Wirtschaftsbrachen auch. Trotzdem sind Wohnungsgesellschaften auch für die Kapitalanlage interessant. Nicht in allen Regionen, aber dort, wo die Wertschöpfung funktioniert. Gerade in Baden-Württemberg, ist dies im bundesweiten Vergleich vielerorts der Fall.
Strukturwandel in der Immobilienwirtschaft zeigt sich auch beim Personal. Jutta Isabel Heusel stellt fest, dass die Zahl der weiblichen Führungskräfte in der Branche langsam aber kontinuierlich steigt. Eigentlich kein Wunder: Schon heute sind ein Viertel der Hochschulabsolventinnen Frauen und am Geislinger Studiengang Immobilienwirtschaft sind 60% der Erstsemester Studentinnen. Mit der richtigen Karriereplanung und entsprechender Flexibilität sei für Frauen noch viel Spielraum, um in der Branche ganz nach oben zu kommen, so Heusel.
Strukturwandel der ganz anderen Art betrifft die Vermarktung von Immobilien. Das Internet ist hier zum beherrschenden Instrument vor allem der Nachfrager geworden. Beim Angebot von Immobilien hinkt der Markt den Nutzern hinterher. Zu Unrecht meint Arndt Kwiatkowski von Immobilien Scout 24. Nahezu die Hälfte der Wohnungssucher nutzt das Internet. Dass umgekehrt zu wenig Anbieter die Onlineplattform nutzten, liege am Alter der Entscheider: „Die meisten Geschäftsführer sind über 50 und haben noch nicht die technische Affinität der möglichen Kunden“.
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