Perspektiven für die Stadt mit Hilfe der Literatur

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NÜRTINGEN. (ps) Die Mittwochsreihe, eine Veranstaltungsreihe des Fachbereichs Stadtplanung der Fachhochschule Nürtigen, des Baudezernats und der Kreissparkasse, beschäftigte sich am 26. Juni 2001 mit dem Thema Literatur und Stadtplanung. Unter dem Motto "Ins Labyrinth der Stadt" beschrieb der Wissenschaftsautor Dr. Paul Pavelka wie Stadtplaner Literatur nutzen können, um schon gewohnte Blickwinkel mit neuen Perspektiven zu erweitern.

Im Fritz-Rudoff-Saal der Sparkasse Nürtingen führte Dr. Paul Pavelka die Besucher auf eine literarische Reise durch die Stadt. Schriftsteller klassischer und moderner Literatur haben sich in ihren Büchern immer wieder mit der Stadt als einem Ort mit Gestalt und besonderer Atmosphäre beschäftigt. Thomas Mann, Johann Wolfgang von Goehte und Umberto Eco machten die Stadt in ihren Büchern zu einem literarischen Ereignis.
Die Stadt ist ein Objekt zwischen Chaos und Ordnung
Wie Menschen Städte wahrnehmen hängt sehr stark von ihrer Lebenssituation ab. Dr. Paul Pavelka zeigte am Beispiel von Julien Green und Thomas Mann wie zwei Schriftsteller die Stadt Venedig aus völlig unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten. Für den einen ist es ein Versinken im Chaos während der andere wohlgeordnete Strukturen erkennt. In diesem Spannungsfeld liegen nach Meinung des Wissenschaftsautor Dr. Pavelka die Herausforderungen für die Stadtplanung. Stadtplaner und Stadtplanerinnen müssen einen Mittelweg zwischen Chaos und Monotonie finden. Der "Ort zum Wohl fühlen" ist eine Kombination aus verwinkelter, historischer Innenstadt und modernem, geordneten Stadterweiterungsgebiet. Dr. Pavelka lobte hier die Stadt Nürtingen für ihre gelungene Verknüpfung moderner Architektur und dem historischen Innenstadtbereich.
Die Stadt als lebendiges Objekt mit Persönlichkeit
Dass Städte nicht nur baulich-räumliche Strukturen, sondern in ihrer Beschreibung auch lebendige Objekte mit eigenständiger Persönlichkeit werden können, ist eine Besonderheit und das Verdienst der Literatur. So beschreibt beispielsweise der Satiriker und Bühnenautor Johann Nestroy einen Tischlergesellen, der an einem fremden Stadttor folgende Begrüßungsworte spricht: "Da wär ich beim Tor. Das ist aber eine ungefällige Stadt, denn wenns gefällig wär, so wärs mir auf halben Weg entgegengekommen". Nach Ansicht von Dr. Pavelka existiert hier eine echte Herausforderung für die Stadtplanung. Heute können mit Hilfe von moderner Computertechnik "virtuelle" Städte dem Besucher entgegenkommen, allerdings bleibt die Umsetzung in der realen Welt schwierig.