Kriegsende nicht in Sicht

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Der Politikwissenschaftler Monzer Haider sprach im Rahmen des Studium generale zum Syrien-Konflikt. (Foto: G. Engl-Mirsch)

- Politikwissenschaftler sprach an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) in Nürtingen zum Krieg in Syrien -

NÜRTINGEN (hfwu). Der Krieg in Syrien beruht auf einem Knäuel von internen Konfliktparteien und Machtinteressen von außen. Sechs Millionen Menschen sind geflohen. Zu ihnen gehört der Politikwissenschaftler Monzer Haider. Im Rahmen des Studium generale an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) in Nürtingen brachte er Licht in den vom Westen oft unzureichend verstandenen Konflikt.

„Der Arabische Frühling hielt nicht lange an“, stellte Monzer Haider nüchtern fest. Gegen die Bürgerproteste ging und gehe das Regime unter Präsident Assad mit harten Hand vor. Menschenrechte spielen keine Rolle. Seit Ausbruch des Kriegs sind mehr als 400.000 Menschen getötet worden. Bezogen auf die Einwohnerzahl wären dies bei einem vergleichbaren Krieg in Deutschland 1,6 Millionen Tote.

Schwer durchschaubar macht den Konflikt, dass mehrere Oppositionsparteien nicht nur das Regierungslager, sondern sich auch untereinander bekämpfen. Zudem gehören die Konfliktparteien verschiedenen Kulturen an. Sie identifizieren sich mit islamischen, kurdischen oder türkischen Werten. Darüber hinaus wird das schon so verworrene Interessengemenge von überregionalen Einflüssen überlagert. Der interne Konflikt, sagte Haider, wurde so zum Stellvertreterkrieg des Iran gegen Israel, Saudi-Arabiens gegen den Iran und der Türkei gegen die Kurden. In das entstandene Machtvakuum sind zudem die Terrormiliz Islamischer Staat und dschihadistische Gruppen gestoßen, die im ganzen Land vertreten sind. „Die EU macht sich Gedanken über mögliche Lösungen, aber viele verstehen nicht, wer gegen wen kämpft“, beklagte Haider. Eine Lösung des Konflikts sei daher schwierig.

Bevor der Krieg ausbrach studierte der Syrer in Aleppo Jura. Vor vier Jahren kam er als Geflüchteter nach Deutschland. 2015 hat er mit einem Studium an der Universität Tübingen am Lehrstuhl Vorderer Orient begonnen. Unter den rund fünfzig Gästen, die zu seinem Vortrag kamen, waren auch etliche syrische Flüchtlinge. Für den Politikwissenschaftler ist der Konflikt längst kein Bürgerkrieg mehr. Auch viele Syrer verstünden nicht mehr, wer gegen wen mit welchem Interesse kämpft. Für die Zukunft des Landes ist der Krieg nicht nur durch die Zerstörungen eine große Bürde. „Die Kinder können nicht zur Schule. Sie sehen nur Krieg. Es entwickelt sich eine verlorene Generation“, so Haider. Wichtig sei daher, dass die nach Europa Geflüchteten zurückkommen, um dann bei einem Aufbau mitzuhelfen. Eine einfache und schnelle Lösung sieht Haider nicht: „Ein Ende des Kriegs ist in weiter Ferne.“