Instandhaltung steht im Fokus

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Referenten

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GEISLINGEN. (ab) Mit knapp 300 Teilnehmern sprengte der 31. Tag der Immobilie der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Geislingen (HfWU) fast den Hörsaal. Doch das große Interesse verdeutlichte die Bedeutung des Themas: Instandhaltung – Werthebel oder Investitionskiller? Am Ende der fünf Vorträge war die Einschätzung klar: „Wer sich diesem Thema verschließt, sitzt auf dem absteigenden Ast“, brachte Studiendekan Prof. Dr. Hansjörg Bach das Thema auf den Punkt.

„Der Anfang ist gemacht.“ Professor Dr. Hansjörg Bach vom Studiengang Immobilienwirtschaft der HfWU in Geislingen misst dem Thema rund um die Instandhaltung bei Immobilien in den nächsten Jah-ren hohes Entwicklungspotenzial zu: „Die Instandhaltung, die Betriebskosten und die Prozessoptimierungen stehen im Fokus der Zukunft.“ Diese Einschätzung wurde am 31. Tag der Immobilie vor 300 Gästen an der Hochschule durch die fünf Beiträge untermauert.
Über seine Erfahrungen mit Instandhaltungsmaßnahmen berichtete Max Schultheis, Direktor bei der URS Deutschland GmbH, einer der größten Ingenieurdienstleister mit weltweit 30.000 Mitarbeitern. Sein Ansatz zieht die technischen und umweltbezogenen Risiken einer Immobilie, wie beispielsweise Heizanlagen oder sanitäre Einrichtungen, in die Betrachtung mit ein. Dabei sucht er nach den Kostentreibern einer Immobilie und arbeitet sich von der Gebäudehülle über die technische Ausrüstung zum Innenausbau vor, um eine Bewertung vorzuneh-men. Als Grundlage dienen elektronische Listen mit Erfahrungswerten der Haltbarkeit von Einrichtungen und Geräten. Das heißt, nach Betrachtung des Gebäudebaujahres treten auch die Veränderungen und die Anschaffungsjahre von Gebäudeteilen und Anlagen ins Visier. Dadurch lassen sich kurz-, mittel- und langfristige Kosten für Instandhaltungsmaßnahmen budgetieren, um daraus Wertsteigerungspotenziale zu ermitteln.
Diese Transparenzsteigerung wünscht sich auch Reinhard Zehl, Geschäftsführer der Berliner Wohn-Com GmbH. Er unterteilt die Begrifflichkeiten und Sichtweisen rund um die Instandhaltung in einen Funktions- und Werterhalt sowie in eine Werterhöhung. Von Interesse sei in diesem Zusammenhang die Finanzierung der einzelnen Maßnahmen, die teilweise auf die Mieter umgelegt werden können. In seinem Instandhaltungs-Benchmarking legt er das Augenmerk auf Schritte, die den höchsten Werthebel haben, das heißt, sich am stärksten auf den Erlös auswirken. Dazu setzt er die Instandhaltungskosten pro Quadratmeter ins Verhältnis zum entsprechenden Mietertrag, um dort anzusetzen, wo sich die größte Ergebniswirkung erzielen lässt. „Es geht nicht darum, zu erkennen, wo ich sparen kann, sondern es geht darum zu erkennen, wie viel ich sparen muss.“ Das wird nur sichtbar, wenn die Mieterlöse in die Betrachtung einfließen.
Bessere Qualität für weniger Geld, das war die Botschaft der beiden geschäftsführenden Gesellschaf-ter der B&O Wohnungswirtschaft GmbH & Co. KG. Brigitte Dworak und Dr. Ernst Böhm konnten auf anschauliche Weise darstellen, was sie unter Pro-zessinnovationen und Qualitätsverbesserungen verstehen. Dr. Böhm: „Früher wurden Koffer getragen, heute werden sie gezogen. Der Hersteller, der er versäumt hat, Rollen an seine Kisten zu schrauben, ist heute weg vom Fenster.“ Ähnlich kleine Schritte seien es auch in der Immobilienwirtschaft, die Prozesse beschleunigen und Kosten reduzieren könnten. So einleuchtend dieses Beispiel ist, so ernüchternd ist die nächste Folie, die der Jurist vorstellt. Sie zeigt das Ergebnis einer Untersuchung, wie Handwerker, die 20 Minuten arbeiten, abrechnen: „Die Guten schreiben eine halbe Stunde auf, die anderen eine Stunde.“ Doch selbst bei der halben Stunde liegt man 10 Minuten, das heißt 50 Prozent, über der tatsächlichen Arbeitszeit. „Das ist ein großer Hebel für Effizienzsteigerungen“, bemerkte Böhm. B&O bietet Handwerkerleistungen aus einer Hand, das reduziert die Anfahrtskosten. Zudem werden Reparaturanfragen sofort terminiert, so dass für die Mieter Wartezeiten und Ärger erspart bleiben. Brigitte Dworak, die mit 180 Handwerkern 90.000 Wohnungen rund um die Uhr betreut, konnte dadurch die Reklamationsquote unter ein Prozent drücken. Seit 2004 arbeitet das Bad Aiblinger Unternehmen mit pauschalen Kostensätzen und genießt durch die Bündelung von Leistungen Einkaufsvorteile.
Das Bremer Modell, das sich auch um eine hohe Qualitätssicherheit bemüht, stellte Martin Paßlack, Technischer Leiter der GEWOBA AG, vor. Das Unternehmen, das alleine in Bremen 31.000 Wohnein-heiten unterhält und historisch gewachsen, vorwiegend zusammenhängende Quartiere im Bestand hat, begann Mitte der 90er Jahre mit einer Umstellung. Bei 12 Millionen Euro ungeplanter Instandhaltungskosten für 70.000 Reparaturen versuchte die GEWOBA eine quartiersbezogene Bündelung. Nach zehn Jahren ist die Bilanz positiv: Neben den halbierten Kosten und stark verminderter Rechnungsvorgänge hätte die Servicequalität und die Zufriedenheit der Mieter stark zugenommen.
Alexander Rychter, Bundesgeschäftsführer des Bundesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen, stellte die demographische Entwicklung und die CO2-Reduzierung in den Vor-dergrund seines Vortrages. Der Verbandsgeschäftsführer, der 1600 Mitglieder und damit 3,2 Millionen Wohneinheiten in Deutschland vertritt, verwies auf die Notwendigkeit von Anpassungen des Wohnraums an die Bedürfnisse einer alternden Bevölkerung.
Den zweiten wichtigen Punkt sieht er im Energiemanagement. „Mit dem Energiepass stehen wir erst am Anfang.“ Rychter sieht auf die Immobilienbesitzer hier in naher Zukunft weitere Veränderungen zukommen. Das Auseinanderdriften der Warm- und Kaltmiete durch gestiegene Energiekosten und eine mangelhafte Energieeffizienz minderten die dauerhafte Vermietbarkeit einer Immobilie. Hier liegen für ihn die Zukunftsaufgaben von Wohnungsunternehmen.
Nach diesen Vorträgen dürfte allen Teilnehmern deutlich geworden sein, dass das Thema Instandhaltung von Immobilien sehr vielseitig betrachtet werden sollte und enorme Einsparmöglichkeiten bietet. Für Prof. Dr. Hansjörg Bach das kommende Thema, das die Immobilienunternehmen umtreiben wird.