Immobilienbranche: Marktforschung wird immer wichtiger

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NÜRTINGEN (pm) Für die Immobilienbranche geht ein spannendes Jahr zu Ende. Doch dass es in 2009 für die Branche nicht langweilig wird, darüber ist sich Prof. Dr. Hansjörg Bach FRICS, langjähriger Leiter des Studiengangs Immobilienwirtschaft an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) sicher. Die Marktsituation wird angespannt bleiben.

Die gesamte Immobilienbranche über einen Kamm zu scheren ist schwierig. So unterschiedlich die Gebäudenutzung ist, so unterschiedlich ist auch die Marktlage. Die gewerblichen und wohnwirtschaftlichen Immobilienmärkte befinden sich in einer sehr unterschiedlichen Verfassung.

Bei Gewerbeimmobilien – und hier zählen die großen Wohnportfoliotransaktionen hinzu, da es sich um die gleichen Käufer und Finanzierungsstrukturen handelt – sind Nachfrage und Preise in den vergangenen Jahren, insbesondere 2006 und 2007, teils extrem gestiegen. Vor allem opportunistisch denkende, angelsächsische Investoren spekulierten auf stark steigende Mietpreise und sinkende Leerstände. „Häufig erfolgte die Finanzierungen nahezu ohne Eigenkapital und mit einer Haftung, die sich auf die finanzierte Immobilien beschränkte.“ Dies führte nach den Worten von Prof. Dr. Hansjörg Bach dazu, dass überteuerte Preise bezahlt und beträchtliche Risiken eingegangen wurden. Dadurch verteuerten sich Fach- und Supermärkte vom etwa 11-fachen der Jahresmiete bis zum rund 17-fachen in der Spitze. „Die akute Immobilien- und Wirtschaftskrise führte nun dazu“, dass vor allem die Kaufpreise in schlechten Lagen wieder fallen. Das Investmentvolumen in den deutschen Hochburgen dürfte mit etwa 20 Milliarden Euro im ablaufenden Jahr seinen Boden gefunden haben, meint der Experte von der HfWU: „Die Marktbereinigung innerhalb der Branche hingegen beginnt erst.“ Bach zeichnet ein düsteres Szenario: „Es werden eine Reihe der heutigen Marktteilnehmer vom Markt verschwinden.“ Wobei der Professor denkt, dass deutsche Käufer wieder eine größere Rolle spielen werden.

Anders sieht er die Situation bei Wohnimmobilien. Hier gab es in Deutschland weder Preisanstiege wie in Großbritannien noch spekulative Käufe wie in Spanien. „Wo keine Blase ist, kann nichts platzen.“ Weshalb seine Aussage hier durchaus positiv stimmt. Allerdings könnte die Angst um den Arbeitsplatz und die persönliche Zukunft dazu führen, dass sich so mancher private Käufer zurückhält. Die großen Themen der Wohnungswirtschaft – beispielsweise die Zunahme der Single-Haushalte, die demographische Entwicklung und die Rückkehr der Menschen in die Innenstädte – haben zwar unterschiedliche Auswirkungen auf Nachfrage und Preise in unterschiedlichen Segmenten, sind aber nicht auf die aktuelle Krise zurückzuführen. Was hingegen durch die Krise deutlich wird, ist die alte abgedroschen klingende Aussage „Lage, Lage, Lage.“ Zur Werterhaltung beziehungsweise Wertsteigerung einer Immobilie gilt dieser Aussage laut Prof. Dr. Bach mehr denn je. Deshalb tritt für ihn auch die Bedeutung der Marktforschung verstärkt in den Mittelpunkt der Branche. „Bauchentscheidungen können sich in diesem Feld als sehr verhängnisvoll erweisen.“

Was die Ausbildung des Nachwuchses angeht, fühlt sich Bach mit seinem Ansatz des Immobilienwirtschaftlichen-Generalisten gerade jetzt wieder bestätigt. „Eine Spezialisierung kann leicht in einen Irrweg führen, wenn wie jetzt einzelne Segmente wegbrechen. Die Studierenden an der HfWU erhalten eine breites Wissensspektrum vermittelt, um sich ihre Arbeitsmarktchancen auch in schweren Zeiten zu erhalten.“

 

Info: Prof. Dr. Hansjörg Bach FRICS ist Prorektor der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) und war langjähriger Leiter des Studiengangs Immobilienwirtschaft. Er ist in einer Vielzahl von Verbänden und Einrichtungen der Immobilienbranche tätig. Unter anderem ist er Fellow der Royal Institution of Chartered Surveyors, dem weltweit anerkannten Zusammenschluss von Immobilienfachleuten. Er ist Vorsitzender des Fachausschusses Betriebswirtschaft des Bundesverbands deutscher Wohnungsunternehmen e.V., GdW Berlin und Mitglied des Beirats der Wüstenrot Haus- und Städtebau GmbH/GMA - Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung mbH.