Ideen-Booster für die Stadt-Landschaft

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Forum-Leiterin Dr. Ellen Fetzer im Gespräch mit Dr. Alexander Lahl. (Foto: Heiko Herrmann)

Einen künstlerischen Zugang zum Diskurs bot eine Gesangsdarbietung im Saubach-Tunnel. (Foto: HfWU)

Living Lab: Mit Hilfe von Playmobilfiguren werden Ideen für den Busbahnhof sicht- und diskutierbar gemacht. (Foto: HfWU)

Internationale Tagung, Event-Woche, Mitmach-Projekt, Kunstperformance – das vielseitig aufgestellte International Landscape Forum ging in Nürtingen zu Ende

NÜRTINGEN (hfwu). Mit einer großen Abschlusspräsentation ist das International Landscape Forum in Nürtingen zu Ende gegangen. Interdisziplinäre Arbeitsgruppen mit Teilnehmenden aus 25 Ländern entwickelten Zukunftsbilder für die Nürtinger (Stadt-)Landschaft. Räumlicher Bezugsrahmen war das Tiefenbachtal von der Quelle bis zur Mündung.

Mit dem Landscape Forum ging eine so vielfältige wie interaktive und interdisziplinäre Eventwoche in Nürtingen zu Ende. Die Veranstaltung an der Schnittstelle von Lehre, Forschung, Praxis und Zivilgesellschaft wurde in diesem Jahr von der HfWU in Kooperation mit weiteren Partnern, darunter die Stadt Nürtingen, ausgerichtet. Das internationale Forum ist zudem Teil des ersten Festivalsommers der IBA’27 Stadtregion Stuttgart. Über 180 Teilnehmende aus 25 Ländern waren über mehrere Tage bei der Veranstaltung unter der Gesamtleitung von Dr. Ellen Fetzer an der HfWU zu Gast.

Die Abschlusspräsentationen der internationalen Arbeitsgruppen fassten die Diskurse und Ideen zu möglichen stadtplanerischen Zukunftsentwürfen für Nürtingen zusammen: Ein „Landschaftspark Tiefenbachtal‘ als Erweiterung des regionalen Landschaftsparks Neckar könnte den Wert des Tals im Übergangsraum der Stadt Nürtingen zur Schwäbischen Alb steigern; ein eigener Ernährungsrat der Stadt würde die Rolle der lokalen Landschaft für das kommunale Ernährungssystem stärken; die Bahnstadt hat das Potential, zu einem „Energie+-Quartier“ zu werden; co-kreative und künstlerische Methoden, wie im Reallabor auf dem Busbahnhof im Rahmen des Forum exemplarisch gezeigt, helfen, Themen in die Breite der Gesellschaft zu tragen und Ideen von allen miteinzubeziehen. Angedacht wurden zudem ein Stadtpark am Neckar zwischen Steinach und Wörth-Brücke und eine Umstrukturierung der Buslinien und eine andere Nutzung der Fläche des derzeitigen ZOB.

Die internationalen Aktivitäten des Forums hatten bereits kurz zuvor mit einer Summer School im Tiefenbachtal begonnen. Zu den fachlichen Höhepunkten gehörten die Vorträge von Maria Beatrice Andreucci von der Sapienza Universität in Rom und des Niederländers Cecil Konijnendijk. Auf Basis der Theorie der planetaren Grenzen stelle Professorin Andreucci einen erweiterten Bewertungsrahmen für die Transformation urbaner Energiesysteme vor, konkretisiert am Beispiel der sogenannten Energie+-Quartiere. Professor Cecil Konijnendijk, international bekannt für seine Forschung zur Stadtvegetation und strategischen Freiraumentwicklung mit Stadtwäldern, warb für eine Realisierung der 3-30-300 Formel. Sie besagt, dass vor jedem Haus drei Bäume stehen sollten, der gebaute Stadtraum 30 Prozent Baumkronenabdeckung benötigt und dass für jeden die Entfernung zum nächsten Park nicht länger als 300 Meter sein sollte.

Im Anschluss an Konijnendijks Vortrag wurden die Preise für den studentischen Wettbewerb „Neckar Landscape Park – Re-imagining the Productive City Region“ verliehen. Gestiftet wurden die Auszeichnungen von der IBA’27 Stadtregion Stuttgart, vom Verband Region Stuttgart und vom Bund Deutscher Landschaftsarchitekt:innen in Baden-Württemberg. Der Direktor des Verbands Region Stuttgart, Dr. Alexander Lahl, würdigte die Kooperation mit der HfWU und der IBA’27 und betonte, dass die studentischen Perspektiven auf die räumliche Realität der Region neue Denkräume für die lokalen Akteure eröffneten.

Zu den Beteiligungsformaten im Rahmen der Veranstaltungswoche gehörte ein „Reallabor“ auf dem zentralen Busbahnhof in Nürtingen. Anna Szilagyi-Nagy und Karl Michael Drohsel von der HfWU, beide Expert:innen für spielebasierte Partizipation, hatten das Labor aufgebaut. Am Vormittag beteiligte sich eine Klasse des Nürtinger Max Planck Gymnasiums, gemeinsam wurden Ideen für den Busbahnhof mit Hilfe von Playmobilfiguren sichtbar gemacht. Im Lauf des Tages beteiligten sich zahlreiche Reisende und Passanten an dem spielerisch-kreativen Prozess. Einen weiteren, ganz anderen Zugang eröffneten Studierende der Theatertherapie unter Leitung von Gastprofessorin Lucia Rainer. Die Studierenden hatten sich über ein Semester mit dem Busbahnhof befasst. Die einstündige Performance vor Ort schaffte ganz neue Erfahrungswelten und endete mit einer eindrucksvollem Gesangsdarbietung im an den ZOB angrenzenden Saubach-Tunnel. Wenige Schritte weiter zeigte der Studiengang Stadtplanung in einem der Wartehäuschen Entwürfe zur Frage, wie die Ost-West-Verbindung über die Bahntrasse in Nürtingen im Rahmen der aktuellen städtebaulichen Entwicklung optimiert werden könnte. Im Anschluss diskutierten Expertinnen und Experten auf einem von der Stadt Nürtingen organisierten Podium die Frage “Wem gehört die Straße“.