G-REIT noch nicht ausgegoren

Veröffentlicht am

Geislinger Immobilienkongress
GEISLINGEN. (ab) Immobilienaktien und REITs sind in aller Munde. Nicht erst seit die Regierung in Deutschland die Weichen für Real Estate Investment Trusts (REITs) gestellt hat und diese ab 1. Januar 2007 erlauben will, ist Bewegung in die Immobilienbranche gekommen. Das Geschäft boomt. Beim Geislinger Immobilienkongress der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU), der von Dekan Professor Dr. Hansjörg Bach eröffnet wurde, standen „Immobilienwirtschaft und Finanzindustrie“ im Mittelpunkt.

Über die Hälfte des investierten Vermögens in Deutschland schlummert in Immobilien. Michael Beck, der das Portfolio Management des Bankhauses Ellwanger und Geiger in Stuttgart leitet, sieht in den Immobilienaktien einen schlafenden Riesen, der gerade dabei ist aufzuwachen. Dabei spricht er in Deutschland von erwachenden Zwergen, da im Vergleich zum Ausland, zumeist kleine Immobilien-AGs tätig sind.
Im Jahr 2000 hat das Stuttgarter Bankhaus den ersten Immobilienaktienfonds in Europa aufgelegt, mit der Thematik beschäftigen sich die Banker schon weitaus länger und gelten als Pioniere in Deutschland. Betrachtet man die Börsen-Kapitalisierung von Immobiliengesellschaften, so ist deren Wert insbesondere in diesem Jahr zwar stark angestiegen, hinkt aber den Volumina offener und geschlossener Immobilienfonds deutlich hinterher. Für zusätzliche Impulse haben die Diskussionen um die REITs gesorgt, die es in vielen anderen Ländern längst gibt. Ein REIT ist ein börsennotierter steuerlich privilegierter Immobilien-Treuhandfonds, der vom Gesetzgeber vorgegebene Kriterien erfüllen muss. Für Beck ist der Erfolg der neuen REITs von Detailarbeit abhängig, die noch gemacht werden muss. Mittelfristig sieht er für den Deutschen Immobilienmarkt, den größten in Europa, enormes Aufholpotenzial. Dies ist seiner Meinung nach wichtig, damit kein Kapital ins Ausland abfließt.
Ein vehementer Verfechter der REITs ist Dr. Karl Hamberger von Ernst & Young, München: „Der REIT wird kommen und wir brauchen ihn.“ Damit eröffnete er seine spannenden Ausführungen über einen politischen Schnellschuss, wie er den jetzigen Sachstand der German-REITs (G-REIT) bezeichnet. Hamberger erläuterte die Absicht, mit den G-REITs die Investitionsentscheidungen von steuerlichen Aspekten zu entkoppeln. Maßgeblich für die Einrichtung ist die Einhaltung von Qualifikationskriterien, um als Aktiengesellschaft einen REIT-Status zu erhalten. Auf die Unternehmen sieht er noch einiges an Arbeit zukommen, da noch vieles in dem Regelwerk offen sei. Was geregelt sei, habe zwar eine hohe Qualität, „aber es ist noch nicht viel geregelt“, sagte er. Deshalb werden seiner Meinung nach anfangs auch nur die großen Immobilienunternehmen eine Umstellung vornehmen, da es für kleinere viel zu aufwändig sei. Über die Herausnahme von Wohnungen im Gesetzentwurf für G-Reits ist, so Hamberger, noch nicht das letzte Wort gesprochen.
Ein weiteres Regelwerk, das seit einigen Jahren Einfluss auf die Unternehmen hat, sind die International Financial Reporting Standards (IFRS). Jürgen Zapf, Wirtschaftsprüfer bei Ernst Young, München, zeichnete die Entwicklungen der vergangenen fünf Jahre nach, die zu diesen Bewertungskriterien geführt haben. Er verglich die IFRS mit dem ICE der „Bahn“: Beide bewegten sich rasant, seien aber selten punktgenau vor Ort.
Für Zapf gibt es in dem 3000-Seiten-Werk jede Menge unglücklicher Regelungen, die Auslegungsspielraum hätten und dadurch für Unsicherheit sorgten. Wer nach IFRS handle, und das sind laut Zapf wegen des Aufwandes nur die großen Unternehmen, müsse sich im Klaren darüber sein, dass dieses Regelwerk auf jede Managemententscheidung Einfluss nimmt. Durch die Komplexität des Regelwerks wirke jede Veränderung der Stellschraube in alle anderen Unternehmensbereichen fort. Dem schloss sich mit ergänzenden Ausführungen Bert-Peter Consoir, Partner von „Deloitte Touche Tohmatsu“ und Vorstand der Deutschen Baurevision, an.
Rainer Bohn von der WestLB in Düsseldorf bot mit seinem Vortrag über die Verbriefung von grundpfandrechtlich besicherten Schuldscheindarlehen eine neue Finanzierungsalternative für kleine und mittlere Immobilienunternehmen. Bereits im Jahr 2002 wurde die Verbriefung für die Immobilienwirtschaft als „Anleihe der Deutschen Wohnungswirtschaft“ entwickelt, da es für Wohnungsunternehmen, die sich durch einen hohen Kapitalbedarf auszeichnen, mit Basel II immer schwieriger wurde, Kredite von Banken zu erhalten.
In der abschließenden Diskussion, die vom Moderator des Kongresses, Professor Volker Hardegen (HfWU), geleitet wurde, stellten die Teilnehmer heraus, dass stets Gewinn erzielt werden müsse, egal welche neuen Modelle oder Regelungen angewendet würden. Dafür sei ein gutes Management erforderlich. Ein Ansporn für die anwesenden Studierenden. Die Immobilienwirtschaft und die Finanzindustrie werden enger zusammenwachsen. Jürgen Zapf brachte es auf den Punkt: „Es wird mehr Zeit kosten und wir müssen künftig mehr miteinander reden.“ Genau in die gleiche Richtung argumentierte auch Dr. Karl Hamberger. Robert an der Brügge von der 150 Jahre alten Stadtsiedlung Heilbronn appellierte in der vollbesetzten Jahnhalle an das Basiswissen: „Vergesst bei allem die Immobilie nicht“. Studiendekan Professor. Dr. Markus Mändle zog das Fazit und bezeichnete den Immobilienkongress gemeinsam mit dem „Tag der Immobilie“ als wichtigen Baustein bei der Qualifizierung der Studierenden und der Förderung des Praxisbezugs.