Flächen sind ein knappes Gut

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- Workshop an der Hochschule Nürtingen –
NÜRTINGEN. (pm) Die Koordinationsstelle Umwelt an der Hochschule Nürtingen, hatte unlängst für ihren jährlichen Workshop Fachleute aus unterschiedlichen Studiengängen zusammengeführt, um gemeinsam Wege zu formulieren, den wachsenden Flächenverbrauch zu bremsen. Dieser hat laut Prof. Dr. Konrad Reidl gravierende Folgen. Neben den besorgniserregenden Verlusten an wertvollen Böden, gehören dazu die Klimaverschlechterungen, Veränderungen des Wasserregimes, erhöhte Immissionswerte und Lärmbelastungen und der Verlust an Erholungsflächen und Lebensqualität. Pflanzen- und Tiere verlieren ihre Lebensräume, je mehr die Natur zerschnitten wird und naturnahe Landschaften zu Inseln werden.

Prof. Dr. Christian Küpfer forderte, künftig vermehrt Baulücken zu schließen und bereits bebaute Flächen und Brachen besser zu nutzen. Weniger Versiegelung sei die Leitlinie für die zukünftige Entwicklung. Landschaftsplanung dürfe an den Stadtgrenzen nicht Halt machen. Küpfer forderte, dass für jeden Hektar Entwicklung im Außenbereich drei Hektar im Innenbereich von Siedlungen entwickelt werden sollten. Erfolgreich Flächen sparen lassen sich auch durch das Modell der „handelbaren Ausweisungsrechte“, das der Agrar- und Umweltökonom Prof. Dr. Karl-Heinz Kappelmann vorstellte. Der Kerngedanke dieses Modells ist, dass die Menge der jährlich auszuweisenden Flächen politisch festgesetzt, die konkrete Verteilung aber dem Markt überlassen bleibt. Gemeinden können die Ausweisungsrechte selbst in Anspruch nehmen oder aber verkaufen. Verzichten sie darauf, neue Bau- oder Gewerbegebiete auszuweisen, werden sie finanziell entschädigt.
Die Studierende des Schwerpunktprojekts ‚Planerische Möglichkeiten zur Begrenzung des Flächenverbrauchs’ stellten erste Ergebnisse ihres Projektes zur Diskussion.
Der Jurist Prof. Dr. Jürgen Nauschütt beschrieb den rechtlichen Handlungsrahmen des Flächenrecycling. Nach dem Bodenschutzgesetz können sowohl Verursacher einer Altlast als auch die aktuellen Eigentümer eines Grundstücks zur Sanierung verpflichtet werden. Überplanen Kommunen belastete Flächen, sind sie haftbar, wenn kein Verursacher dingfest zu machen ist. Folgeschäden aus Altlasten sind zwar prinzipiell versicherbar, strittig ist jedoch oft, was als Schadensereignis zu gelten hat und wie die konkrete Verursachung nachweisbar ist. Neuerdings ist es möglich, sich gegen eine unerwartete Kostensteigerung bei der Sanierung bekannter Schäden durch eine Spezial-Police zu versichern.
Nach dem Motto ‚Vorbeugen ist besser als heilen’ plädierte Prof. Dr. Alfred Ruther-Mehlis für eine systematische Brachflächenprävention in der Stadtplanung. Die wichtigsten Bausteine sind die Erstellung eines Brachflächenkatasters und Informationen darüber, welche Brachflächen zu erwarten sind. Außerdem sollten behörden- und disziplinenübergreifende Projekte mit professionellem Management koordiniert werden. Für erwartbare Brachflächen sollten fertige Pläne in der Schublade liegen. Dazu muss sich die öffentliche Planung mehr am Markt orientieren. Vorhandene Steuerungsinstrumente müssen mit ökonomischen und rechtliche Anreizsysteme weiter entwickelt werden.
Alle Referenten waren sich einig, dass Landschafts- und Stadtplanung Hand in Hand arbeiten sollten, und alle verfügbaren ökonomischen Instrumente genutzt werden müssen, wenn flächenschonende Siedlungsentwicklung langfristig erfolgreich sein soll. Alle Akteure, die die Raumentwicklung bestimmen, müssen in ihren Motiven und Bedürfnisse ernst genommen werden. Außerdem muss aber auch über die dramatischen Folgen des Flächenverbrauchs und über flächenschonende Alternativen aufgeklärt werden.
Nürtingen, den 19.1.2004