FH-Nürtingen öffnet das Tor zu Südafrika

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- Delegation aus Baden-Württemberg besucht Hochschulen in Südafrika - FH-Nürtingen ist mit von der Partie -
GRAHAMSTOWN. (üke) Acht Jahre nach Ende der Apartheid stehen die südafrikanischen Hochschulen vor einschneidenden Veränderungen. Die Zeichen stehen auf Wandel. Viele Hochschulen werden fusioniert und gleichzeitig stellt sich das gesamte Hochschulwesen der Internationalisierung. Dadurch werden die südafrikanischen Hochschulen zu attraktiven Partnern für deutsche Institutionen. Sechs Repräsentanten baden-württembergischer Universitäten und Fachhochschulen überzeugen sich derzeit während eines intensiven Besuchsprogrammes vor Ort von der Qualität der südafrikanischen Hochschulprogramme. Ebenfalls mit dabei ist ein Vertreter der Fachhochschule Nürtingen.

Der Besuch der Delegation kam nicht von ungefähr. Seit Jahren existieren Kooperationsvereinbarungen des Landes Baden-Württemberg mit mehreren südafrikanischen Provinzen. Mit Unterstützung des Wissenschaftsministerium organisiert die Universität Tübingen seit fünf Jahren so genannte "Baden- Württemberg Seminare", um Mitarbeiter südafrikanischer Hochschulen über das hiesige Hochschulwesen zu informieren. Im Gegenzug besuchen derzeit Repräsentanten der Universitäten Tübingen, Hohenheim, Freiburg, Karlsruhe und der Fachhochschulen Nürtingen und Ulm insgesamt 13 südafrikanische Universitäten und die jährliche IAESA-Konferenz der Organisation für internationale Bildung in Südafrika. Auf Einladung der IAESA nimmt Gerhard Schmücker, Leiter Kommunikation und Marketing der Fachhochschule Nürtingen, an der Konferenz und der Delegationsreise teil.
Für die Fachhochschule Nürtingen bietet die Reise die Chance, für bestimmte Studiengänge zusätzliche Austauschprogramme einzurichten. Einer davon ist der Studiengang "Internationales Finanzmanagement". Die Studierenden müssen während ihres Studiums ein Jahr im Ausland verbringen. Südafrika als wichtigster Finanz- und Wirtschaftsstandort des Kontinents wäre das erste afrikanische Land, das den Nürtinger Finanzstudenten offen stünde. Bisher verbringen die Studierenden ihr Auslandsjahr bei europäischen Partnerhochschulen, in den USA, Korea und voraussichtlich auch bald in Südafrika. Drei Universitäten in Bloemfontein, der Hafenstadt Durban und in Port Elizabeth sind an einer Zusammenarbeit interessiert. Von entsprechenden Vereinbarungen könnten auch Studierende der anderen betriebswirtschaftlichen Studiengänge in Nürtingen und in Geislingen profitieren. Gerhard Schmücker, Leiter Marketing und Kommunikation der Fachhochschule, konnte bislang auch für den Studiengang Agrarwirtschaft eine entsprechende Hochschule besuchen, die an einer Zusammenarbeit interessiert ist. Bereits im Herbst werden Professoren aus Südafrika zu Gegenbesuchen an der Fachhochschule Nürtingen erwartet.
Die südafrikanischen Hochschulen spielen für die gesellschaftliche Weiterentwicklung des Landes nach der Apartheid eine zentrale Rolle. Austauschprogramme mit ausländischen Hochschulen bestehen, vor allem mit Hochschulen aus Baden-Württemberg. Trotzdem steckt die Internationalisierung vieler Orts noch in den Kinderschuhen. Der Besuch der Delegation auf Einladung der IAESA hat das Ziel, für einen deutlichen Schub in den Austauschbeziehungen zu sorgen, und zusätzliche Programme zu initiieren. Auf den ersten Blick scheint dies nicht das primäre Thema für die Hochschulen am südlichsten Zipfel des afrikanischen Kontinents zu sein. Fusionen von Hochschulstandorten stehen auf der Agenda und sorgen bei den Hochschulvertretern gleichermaßen auf Besorgnis und Zustimmung. Es ist der feste Wille der Regierung, in einem radikalen Schritt die Zahl der Hochschulen von 36 auf 21 Institutionen herunterzufahren. Vor allem in der Verwaltung erhofft man sich hohe Einsparungen. Das Bildungsangebot an sich soll dagegen nicht verringert sondern vergrößert werden.
Eine paradoxe Situation für die südafrikanische Akademia. 30% Arbeitslosigkeit sind ein Faktum, das auch vor Hochschulabsolventen nicht Halt macht. Und doch führt an einer breiten Bildung vor allem für die schwarze Bevölkerung für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Weiterentwicklung kein Weg vorbei. Die Hochschulen sind sich bewusst, dass zu diesem Auftrag auch die internationale Zusammenarbeit gehört. Entsprechende Austauschprogramme gibt es, und die Delegation sieht es dennoch als ihre Aufgabe an, die Programme auszubauen und weiter an die Bedürfnisse der südafrikanischen Partner anzupassen. Vor allem in Bezug auf Finanzierungsmöglichkeiten. Für die Mehrzahl der heimischen Studierenden ist ein Studienaufenthalt in Europa und speziell in Deutschland schlicht unbezahlbar.
Auch auf deutscher Seite ist das Geld für neue Programme knapp. Aber existierende Stipendienprogramme bieten durchaus die Chance, die Zahl südafrikanischer Studierender in Baden-Württemberg zu erhöhen. Im eigenen Interesse: Viele Studierende aus dem Südwesten haben Südafrika als Alternative zu einem Studienaufenthalt in den USA oder anderen englischsprachigen Ländern entdeckt. Mit gutem Grund: Die akademische Qualität stimmt, die Gastfreundschaft ist herzlich, und die Kosten sind für Europäer niedrig. Auch die Kriminalitätsrate ist wenig abschreckend, da die Universitätsstädte eine sichere Umgebung bieten. Hinzu kommt, dass südafrikanische Hochschulen große Anstrengungen unternehmen, den Professoren- und Studierendenaustausch mit baden-württembergischen Hochschulen auszubauen.