Würde Deutschland mit seinen Strukturreformen vorankommen, könne man das Deflationsgespenst in den Abstellschrank der Wirtschaftsgeschichte stellen. Gleichwohl seien die Deflationswarner nicht totzukriegen. Schieber, lange Zeit Mitglied im Direktorium der Deutschen Bundesbank, sah auch zum Höhepunkt der Deflationsdiskussion keinen Grund für dieses Szenario. Deflation bezeichne eine langanhaltende Tendenz sinkender Preise über mehrere Jahre. Eine Spirale sinkender Nachfrage, über sinkende Produktion, Wirtschaftsleistung und Einkommen bei steigender Arbeitslosigkeit führe zu sinkenden Staatseinnahmen. Eine Abwärtsentwicklung ohne Selbsteilungskräfte. Einzelne dieser Faktoren seien in Deutschland offensichtlich vorhanden. Allerdings steigen in Deutschland und im Euroraum immer noch die Preise, Löhne und auch die Geldmenge. Das einzige was in unserem Land für eine teilweise Deflation spräche , sei die sinkende Kreditmenge. Aber auch dafür gäbe es Gründe: Das Wirtschaftswachstum ist schwach, die Banken sind vorsichtig geworden und verdienen kaum noch an Krediten. Alle genannten Probleme hätten mit Deflation nichts zu tun, sondern mit der schlechten Wirtschaftslage. Deutschland sei eine starke Wirtschaftsnation, die allerdings wie Gulliver gefesselt am Boden liege und sich nicht befreien könne. Die Fesseln seien Überregulierung, Bürokratie und ein unüberschaubares Steuersystem. 70 000 Steuerparagraphen sorgten dafür, dass zwei Drittel der weltweiten Literatur über Steuern in deutscher Sprache geschrieben seien.
Gerhard Schmücker, 17.10.2003
EX-Bundesbanker Schieber warnt vor Inflation
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