Die Streuobstwiese – ein Erlebnis für alle fünf Sinne

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NÜRTINGEN. (awl) Dass die Streuobstwiesen hinsichtlich ihrer Tier – und Pflanzenwelt ein tolles Erlebnis sein können, erklärte Professor Dr. Christian Küpfer in der vierten Vorlesung der Kinder-Hochschule auf sehr anschauliche Art seinen jungen Studierenden. Schnell wurde den Kindern klar, dass eine Streuobstwiese viel mehr ist, als Äpfel auflesen und Wiese mähen.

Trotz des Freibad-Wetters war die vierte Vorlesung der Kinder-Hochschule von vielen interessierten jungen Leuten besucht. Unter ihnen auch die elfjährige Kinderredakteurin Anna Wollschlaeger, die im Hölderlin-Gymnasiums die 5. Klasse besucht und heute darüber berichtet.
Auf Streuobstwiesen können die unterschiedlichsten Obstbäume stehen und die wachsen dort rein zufällig. Es gibt nicht nur Apfel, Birne und Kirsche sondern auch Quitte, Walnuss und Speierling. Doch um die alle richtig zu erkennen, brauchen wir die fünf Sinne. Professor Küpfer stellte diese in seiner Vorlesung vor. Durch Sehen und Erkennen beanspruchen wir unseren ersten Sinn, die Augen. Wie kann man einen Apfel- von einem Birnbaum unterscheiden, wenn noch kein Obst an den Bäumen hängt? Die Bäume lassen sich anhand von Blättern, Blüten und Rinde unterscheiden erklärt der Professor. Die meisten Apfelbäume blühen rötlich, die Birne blüht rein weiß und die Kirsche blüht sogar bevor die Blätter austreiben. Doch wie kommt es von der Blüte zu Frucht? Professor Küpfer erklärt anschaulich den Vorgang der Bestäubung und Befruchtung am Beispiel der Kirschblüte. Wie unterschiedlich Früchte doch sein können. Bei der Kirsche essen wir das Fruchtfleisch bei der Wahlnuss dagegen fällt das Fruchtfleisch ab und wir essen den Samen.
Doch nicht nur die Bäume sondern auch die Blumenvielfalt ist sehr interessant. Professor Küpfer hat verschiedene Blumen ausgelegt. Zwei junge Studentinnen zeigen ihr Wissen. Sie kennen Löwenzahn und Hahnenfuß, doch der Hornklee und Wiesenstorchschnabel sind ihnen kaum bekannt. Die Artenvielfalt der Blumen und Kräuter bildet den Lebensraum vieler Tiere. Durch Summen, Brummen und Zwitschern machen sie sich bemerkbar. Der Professor hat Vogelstimmen aufgezeichnet, die er vorspielt. Amsel, Specht und sogar den Zilpzalp erkennen die Studierenden – da ist der Professor überrascht. Doch auf Streuobstwiesen gibt noch weitere Tierarten. Schmetterlinge und Bienen, sogar Fledermäuse und Eidechsen sind dort zu finden.
Danach zeigte Professor Küpfer die unterschiedliche Rinde von Apfel,- Kirsch,- und Birnbaum. Der Apfelbaum hat eine rissige Rinde, die Blätter sind gezahnt. Die Birne zeigt einen würfelförmige, sehr rissige Rinde, die Blätter sind lederig und eiförmig. Der Kirschbaum dagegen hat eine glatte Rinde mit quer verlaufenden Hubbeln. Die Blätter sind länglich und stark gezahnt. Mit verbunden Augen war es für die Kinder jedoch nicht einfach, die unterschiedlichen Merkmale zu erkennen. Aber den jungen Studierenden wurde klar, dass man Natur sehen, hören und fühlen kann. Und auch riechen. Dann zum Beispiel, wenn die Wiese gemäht wird. Ihr Heu duftet durch die verschiedenen Blumen und Kräuter. Zwei- bis dreimal im Jahr sollte man eine Streuobstwiese mähen. Wie unterschiedlich die Heusorten riechen, davon konnte sich jeder nach der Vorlesung selbst überzeugen. Doch da es heute kaum Bedarf für das anfallende Heu gibt, wird häufiger gemäht und das Schnittgut bleibt liegen. Doch dadurch wachsen Blumen und Kräuter zu wenig und können nicht mehr aussamen. Schließlich bleiben dann auch die Tiere weg. So gerät der Naturraum „Streuobstwiese“ zunehmend in Gefahr. Doch jeder kann etwas für die Streuobstwiesen tun. Und zwar mit dem fünften Sinn, nämlich dem Schmecken.
Laut Statistik trinkt jeder Mensch zwölf Flaschen Apfelsaft pro Jahr. Doch gibt es eine Vielzahl von Angeboten, so dass zu selten der heimische Apfelsaft gekauft wird. Aus dem gesamten Angebot macht der Direktsaft nur zwei Prozent aus. 33 Prozent des Apfelsaftes kommt aus anderen Obstanbaugebieten in Baden Württemberg als Säfte und Konzentrate auf den Markt. Dies ist aber kein reiner Apfelsaft. Den Direktsaft erkennt man an seinem Etikett, auf dem die Herkunftsorte stehen. Wie gut der heimische Nürtinger Apfelsaft schmeckt, konnte jedes Kind am Ausgang probieren. Diesen Geschmack durften die jungen Studenten mit nach Hause nehmen.
Naturschutz – eine wichtige Sache!
Professor Dr. Christian Küpfer ist 46 Jahre alt. Das wichtigste in seinem Leben ist seine Familie. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder, zehn und fünf Jahre alt. Seine zehnjährige Tochter hat ihn dazu bewegt, sich an der Kinderhochschule zu beteiligen. Sein Ziel dabei ist es den Kindern zu erklären wie wertvoll und interessant die Natur ist, und dass man etwas unternehmen muss um sie zu erhalten. Seine Lieblingsfächer waren früher in der Schule Französisch, Mathematik und Chemie, Biologie kam erst später dazu. Professor Küpfer ist seit zwölf Jahren Professor an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (hfWU) in Nürtingen und hat an der Uni Hohenheim Agrarwissenschaften mit dem Schwerpunkt Naturschutz studiert. Zum Ausgleich zu seiner Tätigkeit treibt er gerne Sport.
Nürtingen, den 18.07.2005