Zebras auf dem Vormarsch

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Die Referenten der virtuell durchgeführten Veranstaltung „Zebra statt Einhorn?!“.

- im Rahmen des Studium generale stellten an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) Unternehmensgründer*innen ihre Konzepte für ein nachhaltiges Wirtschaften vor -

NÜRTINGEN(hfwu). Junge, innovative Unternehmen spielen bei der Transformation hin zu einem zukunftsfähigen Wirtschaften eine wichtige Rolle. Im Rahmen des Studium generale an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) stellten Start-up-Macherinnen und -Macher ihre Firmenkonzepte vor. Sie teilen die Überzeugung, gesellschaftliche Verantwortung und sinnstiftendes Arbeiten sind wichtiger als maximaler Profit und grenzenloses Wachstum.

Das Zebra wird 2017 in den USA geboren. In einem viel beachteten Artikel vertreten vier Gründerinnen die Grundthese, Investoren setzen vor allem auf „Einhörner“, junge Firmen, mit einer potenziell extrem hohen Marktbewertung von einer Milliarde Dollar oder mehr. Ihre Ziele orientieren sich einzig am Mark: exponentiell wachsen und eine Monopolstellung erreichen. Das Zebra dagegen ist beides, schwarz und weiß, wirtschaftlich erfolgreich und verantwortungsvoll in Sinne einer nachhaltigen Entwicklung.

Gleich mehrere Zebras präsentierte ein interaktiver Abend an der HfWU. Unter dem Titel „Zebra statt Einhorn?!“ stellten Gründer*innen ihre Konzepte eines alternativen Wirtschaftens und eines anderen Verständnisses von Unternehmertum vor. Mitarbeiter*innen vom Studium-gernerale-Team und von „Zukunft.Gründen“ (ZuG) hatten die online Veranstaltung organisiert. Ziel des Projekts ZuG an der HfWU ist, zum Erfolg von Firmengründungen im Themenfeld der Nachhaltigkeit beizutragen. Moderiert wurde der Abend von Prof. Dr. Christian Arndt, der an der HfWU das ZuG-Projekt und das Zentrum für Nachhaltige Entwicklung leitet.

Zebras arbeiten miteinander und schließen sich zu Gruppen zusammen. Die Bedeutung des Netzwerkens und des Mit- statt eines Gegeneinander betonten nicht nur die Start-up-Gründer Odette Deuber, Matthias Fehske und Julian Feinauer. Auch das Projekt ZuG selbst ist mittlerweile sehr gut in der Gründerszene vernetzt. ZuG-Mitarbeiter Christoph Kuck sieht „eine richtige Welle und ein enormes Interesse am Thema nachhaltige Unternehmensgründung, gerade auch bei den Studierenden.“

Odette Deubers Zebra ist mehr als nur schwarz und weiß. Die Gründerin des Beratungsunternehmens do climate begleitet Firmen auf dem Weg zu einer nachhaltigen Unternehmensführung. Sie sagt: „Wir haben eine Klima- und Nachhaltigkeitskrise. Die Frage ist, welche Impulse wir daraus gewinnen, um die Gesellschaft positiv umzugestalten.“ Do climate unterstützt Unternehmen bei der Erstellung einer CO2-Bilanz und der Entwicklung einer Klimastrategie. Immer geht es für die promovierte Klimaökonomin aber um noch mehr, um die grundlegende Herausforderung, Menschen ins Handeln zu bringen. Hier wird das Zebra bunt. „Denn das hat nicht nur mit Zahlen zu tun. Wenn Menschen ihre Sicht auf die Welt verändern, dann kommen soziale, kulturelle, psychologische und kommunikative Aspekte ins Spiel“, ist Deuber überzeugt.

Die absolute Überzeugung und Leidenschaft in der Sache, das wird an diesem Abend deutlich, die haben die Macherinnen und Macher in Sachen nachhaltiges Wirtschaften gemein. Das gilt auch für Matthias Fehske. Sein Zebra ist vor allem digital unterwegs. Der Gründer der Plattform goodbalancer ermöglicht Unternehmen, online einen Nachhaltigkeitsbericht auf Basis der Gemeinwohl-Bilanz zu erstellen und deren Ergebnisse zu analysieren und zu managen. Unternehmertum ist für Fehske untertrennbar damit verbunden, Verantwortung zu übernehmen. „Vor allem in Großunternehmen sehen wir aber eine Verantwortungsdiffusion. Mit unserem Start-up wollen wir erreichen, dass sich Firmen anders ausrichten, sich konkret an Werten orientieren wie etwa Menschenwürde, Solidarität, Gerechtigkeit und Transparenz.“ Dies nicht nur, weil diese Werte für sich selbst gültig sind, sondern weil sie auch immer öfter von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, den Konsumenten und auch der Politik eingefordert würden. Schon deshalb kämen Unternehmen nicht um ein Nachhaltigkeitsmanagement herum.

Zebras schützen und erhalten sie sich gegenseitig. Was der einzelne einbringt trägt letztendlich zu einem besseren Gesamtergebnis für alle bei. „Wir sehen viel mehr Potenzial gemeinsam zu arbeiten, statt in Konkurrenz zu treten und uns im Kleinklein zu verhaken“, beschreibt Dr. Julian Feinauer die Nachhaltigkeit seines Start-ups. Eine der von ihm gegründeten Firmen ist die pragmatic minds GmbH. Sie ermöglicht mittelständischen Unternehmen den Zugang zu neuen Big-Data-Methoden durch innovatives Messdatenmanagement. Dabei ist der Open-Source-Ansatz zentral. Software wird öffentlich, für alle Interessierten einsehbar entworfen und gegenseitig weiterentwickelt. So können Programme langfristig bestehen und alle profitieren davon. Auch das sei eine Form von Nachhaltigkeit, sagt Feinauer. „Wenn viele Unternehmen parallel Energie in die gleiche Sache investieren, ist das eine Form von Ressourcenverschwendung.“

Dr. Katja Gabius steht den Zebras und denen, die eins werden wollen, mit juristischem Rat zur Seite. Die HfWU-Professorin ist als Mentorin Teil des ZuG-Teams. Sie sieht den Gesetzgeber auf dem richtigen Weg. „Das Personengesellschaftsrecht erfährt gerade fundamentale Änderungen und das Thema Nachhaltigkeit spielt dabei eine wichtige Rolle“, so die Einschätzung der Juristin. Grundsätzlich ist sie optimistisch, dass die Unternehmen die Verantwortung für eine nachhaltige Entwicklung übernehmen werden. Mit den Gründern und Referenten des Abends ist sie sich einig: Die Zebras sind auf dem Vormarsch.