Wenn Banken Hochzeit halten

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Tag der Finanzen 2006

Tag der Finanzen 2006

Hochschule / 3. Tag der Finanzen
NÜRTINGEN. (pm) Der 3. Tag der Finanzen der Studiengänge Internationales Finanzmanagement und International Finance der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Nürtingen (HfWU) beschäftigte sich mit Strategien, Prozessen und Problemen, die auftreten, wenn Banken fusionieren.

Der Studiengangleiter des Masterstudiengangs Internationales Finanzmanagement, Professor Dr. Dr. Dietmar Ernst von der HfWU, spannte zunächst den Bogen über die Bankenlandschaft und vermittelte in der Nürtinger Stadthalle vor 400 Gästen einen Einblick in die Welt der Banken in Deutschland und Europa. Er zeigte den Wandel der Geschäftstätigkeit internationaler Großbanken in den vergangenen zehn Jahren auf und erklärte, warum die amerikanischen Banken in diesem Zeitraum so stark gewachsen sind. Mit Hinblick auf das Leitthema des Tages „Mergers & Acquisitions“ – Fusion und Übernahme im Bankenbereich – erläuterte Ernst, dass die Welle der Banken-Hochzeiten nicht verebben wird, da anders kaum mehr ein Wachstum möglich sei.
Einer der diesen Schritt bereits erfolgreich vollzogen hat, ist Andreas Benninger, Leiter der Konzernbeteiligungen der LBBW in Stuttgart. Er konnte die Erfolgsstory der Übernahme der Baden-Württembergischen Bank und der Landesbank Rheinland-Pfalz durch die LBBW erläutern. Die Bank, die heute, wie Benninger sagt, „überschneidungsfrei mit drei Marken arbeitet“, hat ihre Geschäftsfelder nach der Zusammenführung von einander abgegrenzt. Für Benninger ebenso ein Erfolgsgarant, wie die gemeinsame Vision, die alle Fusionspartner am Anfang aller M&A-Aktivitäten haben müssten.
Dass zur erfolgreichen Banken-Hochzeit weit mehr gehört als nur die gleiche Zielvorstellung der Partner, erläuterte Rechtsanwalt Dr. Hansjörg Scheel von der Kanzlei Gleiss Lutz in Stuttgart. Er verdeutlichte die rechtlichen Möglichkeiten, Gestaltungsinstrumente und Fallstricke an verschiedenen Beispielen. Insbesondere unterschied Scheel in seinem Vortrag die Auswirkung einer Verschmelzung zweier Banken zu einer Bank und den Unternehmenskauf einer Bank durch eine andere. Die Folgen für das Nachfolgeunternehmen sind gravierend. Unter dem Begriff „Newco“ führte er die dritte Möglichkeit an, dass aus der Verschmelzung zweier Banken eine dritte, neue Bank hervorgeht. Diese sei jedoch im Bankenbereich mit einigen Hemmnissen belegt, da Genehmigungen, Lizenzen und Erlaubnisse eines Partners bei dieser Konstellation untergehen könnten. Zudem sind die dabei zu zahlende Grunderwerbssteuer und der Wegfall von Verlustvorträgen ein schwerer wirtschaftlicher Faktor, der gegen diese Form der Banken-Hochzeit spricht.
Professor Dr. Dr. Joachim Häcker, geschäftsführender Gesellschafter der Dres Consult GmbH & Co. KG in Frankfurt, brachte das Kernelement, die Bewertung einer Bank, auf das Podium. Fünf verschiedene Ansätze stellte der erfahrene Jurist am Beispiel der Deutschen Bank vor. Mit ganz aktuellem Zahlenmaterial kam er am Ende zum Schluss, dass aufgrund seiner Berechnungsmethoden und der ihm vorliegenden Zahlen der Konzern an der Börse momentan unterbewertet sei.
Die Betrachtung der Marktkapitalisierung von börsennotierten Unternehmen gebe einen ersten Wertansatz wieder. Die Betrachtung des Buchwerts aufgrund der Bilanzanalyse sowie eine Multiplikatorenbetrachtung ähnlich eines Benchmarking anhand von Branchenvergleichen könne weitere Ansätze liefern. Eine detaillierte Analyse der Teilbereiche eines Unternehmens und das Dividend Discount Model (DDM), runden die Bewertungsverfahren ab. Dennoch, auch wenn es sich um wissenschaftliche Berechnungsmethoden handelt, kommt laut Professor Häcker noch eine weitere Komponente hinzu: „Bewertung ist keine Wissenschaft, Bewertung ist Kunst.“
Den Aufbruch von der Kreissparkasse Calw und der Stadtsparkasse Pforzheim zur größten Sparkasse in Baden-Württemberg, der Sparkasse Pforzheim Calw, zeigte Sparkassendirektor Hans-Heiner Bouley auf. Auf amüsante Art stellte er die gemeinsame Zielsetzung und die straffe Umsetzung vor. Zwar seien regionale und wirtschaftliche Gemeinsamkeiten der Fusion zupass gekommen, doch für Bouley waren die stringente Projektstruktur, gepaart mit einer offensiven Kommunikationspolitik, wichtige Erfolgsfaktoren für die schnelle Umsetzung der Fusion. Nach inzwischen vier Jahren unter neuem Namen haben sich die erwünschten Synergieeffekte eingestellt und die Einzelstärken der beiden Ursprungsbanken zeigen nun auch in der Sparkasse Pforzheim Calw ihre Wirkung.
Die abschließende Diskussionsrunde brachte eine kleine Kontroverse, inwieweit positive zwischenmenschliche Beziehungen eine Fusion beschleunigen könnten. Der von Dr. Hansjörg Scheel aufgestellten These setzte Professor Dr. Dr. Häcker die betriebswirtschaftliche Faktenlage entgegen: „Die Synergien sind entscheidend.“ Auch Sparkassendirektor Bouley fand deutliche Worte: „Der Markt setzt sich immer durch.“ Schlussendlich waren sich die Referenten einig, dass alle Elemente Einfluss auf die Fusion haben: die Ökonomie, zwischenmenschliche Beziehungen und nicht zuletzt die Politik.