Was Manager von Tieren lernen können

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Foto: (HfWU/üke) In drei Arbeitsgruppen versuchten die HfWU-Studierenden Beispiele aus der Tierwelt an Herausforderungen in der Unternehmensführung anzupassen.

Foto: (HfWU/üke): Sabrina Di Maggio, die Masterstudentin hatte auch die Moderation des Workshop übernommen. Sie wird die Ergebnisse der Arbeitsgruppen in ihre Abschlussarbeit aufnehmen.

- HfWU Studierende beobachten Führungsverhalten bei Tieren in der Wilhelma - 

GEISLINGEN (hfwu). Unternehmen zu leiten und damit Menschen zu führen ist nicht einfach. Den einzig richtigen Führungsstil gibt es wohl kaum. Manager und „Chefs“ müssen sich nicht nur auf verschiedene Situationen sondern auch auf unterschiedliche Mitarbeiter einstellen. Studierende der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen können auf große Literaturbestände zurückgreifen, wenn es um Führungsstile geht. Dass auch das Tierreich Aufschlüsse über Führungsverhalten geben kann, erschließt sich erst auf den zweiten Blick.  

Dieser zweite Blick ist für Dr. Valentin Schackmann der vielzitierte Blick über den Tellerrand hinaus. „Wir nehmen Einfluss auf die Natur und wir können aber auch von der Natur lernen“. Der HfWU Prorektor und Professor für Unternehmensführung sieht im interdisziplinären Denken, dem Blick über den Tellerrand, die Grundlage für Innovation. „Wir leben von Ideen und Ideen entstehen aus Inspiration“. Ein Lernprozess, den die Wirtschaft mit dem Begriff Evolutionsmanagement bezeichnet. Diesen Ansatz will Schackmann seinen Studierenden mitgeben. Die beste Inspiration für Führungsverhalten liefert die Natur. Dr. Thomas Kölpin, der Direktor der Wilhelma, kann mit Beispielen aus der Tierwelt nahezu jeden Führungsstil beschreiben, den es auch im menschlichen Miteinander gibt.  

Da gibt es bei den Gorillas den Silberrücken, den typisch männlichen Überchef. Männer spielen auch bei den Löwen die erste Geige, aber immerhin im Team. Elefanten setzen eher auf weibliche Führungskunst und leben mit ihrer Leitkuh ein strenges Matriarchat. Wölfe rennen dagegen nicht einem Leitwolf hinterher sondern folgen einem Leitpaar und haben damit die Gleichstellung verwirklicht. Schimpansen führen mit Druck, während die Ameisennatter Geschenke verteilt und ihre Führungsposition mit Anreizen ausfüllt. Anders bei den Barschen: dort führt derjenige, der die meiste Erfahrung mitbringt, bei den Anemonenfischen sind dies immer die Weibchen. Dass Führung, wenn sie nie hinterfragt wird, auch kräftig schief gehen kann, zeigen die Lemminge, die ihrem Chef unreflektiert auch ins Verderben folgen.  

Rund 20 Studierende der HfWU-Studiengänge Wirtschaftsrecht, Unternehmensführung und Energie- und Ressourcenmanagement kamen in den Genuss dieses ungewöhnlichen Managementworkshops in der Wilhelma. Sie alle sind Teilnehmer am Talente-Programm der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt. Besonders erfolgreiche und begabte Studierende bekommen über dieses Programm zusätzliche Lehrangebote. „Damit wollen wir unseren Studierenden, die durch ihre Leistungen hervorstechen zum einen belohnen, zum anderen einen besonderen Anreiz bieten“, so Schackmann. Der Wilhelma Workhop gehört zu diesen Lehrveranstaltungen, die aus dem üblichen Vorlesungsschema ausbrechen und Ansichten und Einsichten ermöglichen, die Studierenden sonst im Studium nicht bekommen. Das Talente-Programm der HfWU wird von dem Projekt „IBIS Individuelle Betreuung für ein individuelles Studium“ organisiert und vom HfWU-Hochschulbund finanziell gefördert.  

Sabrina Di Maggio profitiert besonders von dem Talente-Workshop in der Wilhelma. Die Masterstudentin arbeitet an ihrer Abschlussarbeit, in der es um Evolutionsmanagement geht. „Rein ökonomisch gesehen ist die Natur ein seit Jahrtausenden erfolgreiches Unternehmen. Die Natur hat kein Recyclingproblem und wirtschaftet nachhaltig. Probleme gibt es erst dann, wenn der Mensch eingreift“, so die Studentin. Dabei bezieht sich Di Maggio nicht nur auf die Tierwelt, sondern sie sieht auch bei Pflanzen Parallelen, von denen die Wirtschaft lernen kann: „die Orchidee ist ein Marketingprofi, sie ist unglaublich erfolgreich in der Selbstdarstellung und Eigenvermarktung“. Aber auch Logistik, Organisations- und Prozessentwicklung sind für Di Maggio Managementbereiche, für die aus der Natur Lösungen gefunden werden können. In drei Gruppen bearbeiteten die HfWU-Studierenden nach Dr. Kölpins Einführungsvortrag Aufgaben zur Unternehmensgründung, zum Personalmanagement und der Produktentwicklung, unterfüttert mit Beispielen aus der Tierwelt.  

Eine Gruppe entwickelte Marktstrategien für Nischenmärkte und nahm sich dabei Tierarten zum Vorbild, die sich in fremden und lebensfeindlichen Umgebungen behaupten müssen. Einer anderen Gruppe dienten Chamäleons als Beispiel, wie der Wandel in Unternehmen gestaltete werden kann. Die Bienenvölker mit ihrer Wabenstruktur lieferten Ansätze dafür wie sich Prozesse gestalten und verbessern lassen, indem Verantwortung auf mehrere Schultern verteilt wird.  Die enorme Beweglichkeit des Panzers von Gürteltieren brachte einige Studierende auf die Idee, daraus ein Exoskelett gegen die Glasknochenkrankheit oder für gelähmte Menschen zu entwickeln. Professor Schackmann und Dr. Kölpin waren geleichermaßen überrascht über die Fülle der Ergebnisse. Beide Seiten, die HfWU und die Wilhelma, werden weiter zusammenarbeiten.  

Alle Ergebnisse der Arbeitsgruppen nimmt Sabrina Di Maggio in den empirischen Teil ihrer Abschlussarbeit auf. Zumindest darin wird die Natur uns Menschen ihren Stempel aufdrücken und nicht umgekehrt.  

Gerhard Schmücker, 20.12.2015