Vermittler auf schwierigem Terrain

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Prof. Dr. Lukas Kiefer

Dr. Lukas Kiefer tritt „Professur für Landwirtschaft und Landnutzung im Dialog“ an

NÜRTINGEN (hfwu). Kaum ein Thema ist so vielschichtig und emotional so aufgeladen wie die Landwirtschaft. Eine „Professur für Landwirtschaft und Landnutzung im Dialog“ also ein schwieriges Feld. Nicht unbedingt, sagt Dr. Lukas Kiefer, der die Professur seit dem Wintersemester an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) innehat.

Gäbe es den Begriff des ehrbaren Landwirts, er wäre ähnlich bedeutungslos geworden wie der des ehrbaren Kaufmanns. „Früher genossen die Landwirte ein hohes Ansehen, heute wird ihre Arbeit in vielen Teilen der Gesellschaft kritisch gesehen“, so der Befund von Prof. Dr. Lukas Kiefer, „Themen wie Massentierhaltung, Insektensterben oder Überdüngung haben die Landwirtschaft in die Verliererecke gebracht“.

Die Professur, die Lukas Kiefer zum Start des Wintersemesters an der HfWU angetreten hat, sieht er vor diesem Hintergrund als Chance, eine Brücke in die Gesellschaft zu schlagen. Ihm gehe es vor allem darum, zu erklären, warum die Landwirte so produzieren wie sie produzieren, unter welchen ökonomischen Zwängen sie stehen. Gleichzeitig möchte er jedoch auch Impulse von außen zu einer stärkeren Orientierung der Landwirtschaft an Nachhaltigkeitszielen aufgreifen.

Die Professur umfasst neben den klassischen agrarwirtschaftlichen Themen der Hochschullehre den Transfer in und den Dialog mit der Gesellschaft. So gibt Professor Kiefer unter anderem Impulse im „Strategiedialog Landwirtschaft“, einer von der Landesregierung gestarteten Plattform und insbesondere beim Bündnis „Veränderungsdialog Baden-Württemberg“. Ziel der Initiativen ist, Akteure aus der Landwirtschaft, dem Naturschutz, dem Lebensmitteleinzelhandel sowie aus Politik und Gesellschaft zusammenzubringen, um gemeinsam zukunftsfähige Lösungsansätze zu erarbeiten. Die Sicht des promovierten Agrarökonomen ist zudem gefragt bei Interessensverbänden, im Handel und in der Praxis.

Nach der Ausbildung zum Landwirt hat Lukas Kiefer im Bachelor-Studiengang an der HfWU Agrarwirtschaft studiert. Es folgte der Master in Agrarwissenschaften an der Universität Hohenheim und dort am Institut für landwirtschaftliche Betriebswirtschaftslehre die Promotion. Lukas Kiefer stammt aus Schönau im Südschwarzwald. Weiden und Wiesen gehören dort zum Landschaftsbild, die nachhaltige Grünlandnutzung ist einer seiner Interessensschwerpunkte.

„Mir liegt daran, alle Akteure an einen Tisch zu bringen“, sagt Prof. Kiefer, „es muss möglich sein, einen Markt für hochwertige nachhaltige landwirtschaftliche Produkte zu schaffen “, so das Grundanliegen des Wissenschaftlers. Seine Expertise kann dazu beizutragen, zu zeigen, wie das gehen kann. Dafür ist Lukas Kiefer viel im Land unterwegs. Aber auch die an der Hochschule ausgebildeten Nachwuchslandwirte spielen als Multiplikatoren eine wichtige Rolle. Zu den Aufgaben der auf fünf Jahre begrenzten Professur gehört, die Studiengänge weiterzuentwickeln. Auch hier sind Dialogfähigkeit und Vermittlung gefragt: Sollten bestehende Angebote spezialisiert werden? Oder ganz neue aufgelegt werden?

Ob bei einer möglichen Umstrukturierung des Studienangebots an der Hochschule oder bei seinem vielfältigen Engagement draußen im Land, die Kernfrage für Lukas Kiefer lautet, wie Landwirtschaft und Naturschutz verbinden? Mit Blick auf sein Wirken an der HfWU in der Fakultät für Agrarwirtschaft, Volkswirtschaft und Management sowie der Fakultät für Umwelt, Gestaltung und Therapie möchte er auch hier für mehr Kooperation zwischen den Studiengängen werben.

Bevor es aber darangeht, konkrete Ideen auszuarbeiten, ist es dem Hochschullehrer wichtig, Erfahrungen zu sammeln und sich in die neue Rolle einzufinden. „Es ist nicht mein Stil, schon nach wenigen Wochen mit Verbesserungsvorschlägen daherzukommen.“

Ob Wolf oder Biodiversität, von außen scheint es, zwischen Landwirtschaft und Naturschutz gibt es oft kaum überwindbare Gegensätze. Nicht immer, sagt Lukas Kiefer. Seine Erfahrung sei, umso fachkundiger der Dialog, umso geringer die Kontroversen. Bei der Professur und ihrem neuen Inhaber ist beides Programm, fundiertes Wissen und Brücken schlagen. Begründete Hoffnung also, mitunter hitzige Auseinandersetzungen an manchen Stellen etwas zu befrieden.