Rahmenbedingungen bremsen Wettbewerbsfähigkeit

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IfA-Chef Prof. Dr. Stefan Reindl (links) im Gespräch mit Arne Joswig vom Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe und der live zugeschalteten Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie, Hildegard Müller.

Martin Daum, Vorstandsvorsitzender der Daimler Truck AG.

Viele PKW und einen LKW präsentierten die Hersteller vor der Nürtinger Stadthalle beim IfA-Kongress. Der elektrisch betriebene eActross 600 von Daimler Truck ist einer von derzeit zweien in Deutschland.

24. IfA-Branchengipfel in Nürtingen; Entscheidungsträger der Automobilbranche treffen sich in Nürtingen

NÜRTINGEN (hfwu). Die Rahmenbedingungen in der Automobilwirtschaft verändern sich rasant. Die Akteure müssen ihre Strategien anpassen. Hersteller und Handel sehen sich gut aufgestellt, die Transformation der Branche zu bewältigen. Hohe Erwartungen richten sie an die Politik. Handlungsbedarf bestehe mit Blick auf die Rohstoffpreise, Energiekosten und eine überbordende Regulierung. So eine wiederholte Forderung auf dem Branchengipfel der Automobilwirtschaft, dem IfA-Kongress, in Nürtingen.

„Die Branche wird 250 Milliarden Euro allein in neue Technologien und die Digitalisierung stecken“, sagte Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie zum Auftakt des 24. IfA-Branchengipfels in der Nürtinger Stadthalle. Die USA und China betrieben eine eigene Industriepolitik. Wo sich aber wenig bewege, das sei in Deutschland, bei den Rahmenbedingungen für die Automobilbranche. „Wir müssen bessere Voraussetzungen schaffen für eine internationale Wettbewerbsfähigkeit, damit weiter Investitionen in Deutschland stattfinden“, forderte die Verbandschefin.

Rund 500 Branchenvertreter:innen, darunter viele Top-Manager von Herstellern und aus dem Handel, Studierende der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) und Interessierte aus Wissenschaft und Forschung versammelte der diesjährige Branchengipfel in Nürtingen. Organisiert wird der Kongress vom Institut für Automobilwirtschaft (IfA) an der HfWU.

Arne Joswig teilte die Kritik von Müller an den hinderlichen Rahmenbedingungen und ihre Technologieoffenheit. Der Bedeutung der E-Fuels habe die Bundesregierung lange nicht genug Beachtung geschenkt. Die hier in absehbarer Zeit herstellbaren Mengen seien viel zu gering. Ein starker Ausbau sei, so sieht es auch Müller, allein beim E-Antrieb realistisch. Doch auch hier sei die fehlende Infrastruktur eins der Hauptprobleme. „Ich befürchte, die Stromnetze werden nicht leistungsfähig genug sein, um die Ziele bei der E-Mobilität zu erreichen“, so Müller.

Beim Thema E-Mobilität stehen die LKW meist nicht im Fokus. Zu Unrecht, wie Martin Daum feststellte. Der Vorstandsvorsitzende der Daimler Truck AG verwies auf die Rolle des Warenhandels für den Wohlstand einer Gesellschaft und damit auf die Bedeutung der Transportmittel. Seine einleitenden historischen Überlegungen führten auch ihn zum Problem Infrastruktur in der Gegenwart. Ein leistungsfähiges Netz an Ladestationen für E-LKWs und ein ausreichend leistungsfähiges Stromnetz in absehbare Zeit sieht auch er nicht. Ein Weg zu akzeptablen Energiekosten könnten für den Manager eine CO2-Emissionen-basierte Maut sein. Und auch er befürwortet eine Technologie-Offenheit. Allein der unterschiedliche Einsatz von LKW, auf der Kurz- oder Langstrecke, spreche dafür.

Auch in diesem Jahr gab sich das Who-is-who der Branche ein Stelldichein in Nürtingen. Neben den Spitzen der beiden Interessensverbänden und dem Daimler-Truck-Chef standen die Deutschlandchefs von Hyundai,  Renault, Volkswagen, Opel und BMW sowie der Skoda-Vorstandsvorsitzende auf der Rednerliste. Sich vernetzen, im Gespräch bleiben – ein Grundanliegen des IfA-Kongresses. Und für Hildegard Müller auch gültig im großen internationalen Rahmen, etwa mit Blick auf China. „Wandel durch Handel ist durch den Ukraine-Krieg nicht für allemal gescheitert. Kontakte abzubrechen ist nicht die Lösung“, ist die Verbandspräsidentin überzeugt.